EuGH-Urteil bedroht Existenz der AUA

The logo of Austrian Airlines (AUA) is pictured through raindrops on a window at its headquarters in Schwechat
The logo of Austrian Airlines (AUA) is pictured through raindrops on a window at its headquarters in Schwechat(c) REUTERS (HEINZ-PETER BADER)
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Da der Europäische Gerichtshof die Rechte von Piloten und Flugbegleitern stärkt, drohen der nicht sanierten Fluglinie millionenschwere Nachzahlungen. Ein neuer Kollektivvertrag wäre die Lösung.

Wien. Als Jaan Albrecht vor drei Jahren das Steuer bei der AUA übernahm, stand die rot-weiß-rote Fluglinie vor der Pleite. Der Rettungsfallschirm, den Albrecht nach gescheiterten Verhandlungen über einen neuen Bordkollektivvertrag öffnete, bedeutete für die 1900 Piloten und Flugbegleiter der AUA eine harte Landung: Sie wurden in die deutlich kostengünstigere Regionaltochter Tyrolean ausgelagert. Der Mutterkonzern Lufthansa spendierte 140 Mio. Euro Überlebenshilfe.

Seither wird mehr gestritten als verhandelt. Jetzt hängt sogar das ganze Sparpaket von mehr als 200 Millionen Euro in der Luft. Denn der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am Donnerstag in einem Urteil die Rechte der Arbeitnehmer gestärkt und festgestellt, dass der von der AUA-Spitze vor zwei Jahren gekündigte Bord-KV nachwirkt. Und zwar so lange, bis es einen neuen KV gibt, zumindest ein Jahr.

Womit die AUA im schlimmsten Fall in die prekäre Ausgangslage zurückfallen könnte, da millionenschwere Nachzahlungen drohen. Außerdem ist ein weiteres Gerichtsverfahren offen. Bordbetriebsrat und Gewerkschaft, die von einem „Bauchfleck für das Management“ sprechen, haben auch den Betriebsübergang angefochten. Das Arbeits- und Sozialgericht hat ihnen recht gegeben. Auch dieses Verfahren geht bis zum OGH.

Der Strohhalm, an den sich die AUA-Führung nun klammert, ist wahrlich dünn: dass der OGH feststellt, dass auch der im Gegenzug von der Gewerkschaft gekündigte billigere Tyrolean-KV nachwirke, wie AUA-Anwältin Katharina Körber-Risak erklärt. Das würde aber nur Sinn ergeben, wenn auch der Betriebsübergang rechtens ist.

Das EuGH-Urteil stärkt aber nicht nur den AUA-Mitarbeitern den Rücken, die Albrecht vorwerfen, „einen Scherbenhaufen“ hinterlassen zu haben. Die Fluglinie bildet einen Präzedenzfall für alle Unternehmen, die auf diese Weise Altlasten abschütteln wollen. „Der Arbeitnehmer darf seine Rechte nicht verlieren, und ein Unternehmen kann nicht einseitig Arbeitsbedingungen ändern“, sagt Gewerkschaftsanwalt Roland Gerlach.

(C) DiePresse

„Konkurs ist kein Thema“

Ein Konkurs mit totalem Neuanfang ist zwar hart, aber wirksam, wie das Beispiel Swiss zeigt. Denn mit der Insolvenz werden alle alten Vereinbarungen wie auch Kollektivverträge obsolet. Dazu fehlte vor drei Jahren offenbar der Mut. In den USA bietet das Chapter-11-Verfahren diese Möglichkeit, die von den US-Airlines auch weidlich genutzt wird. In Europa wird deshalb seit Langem so ein Verfahren gefordert. Bei der AUA sei ein Konkurs „kein Thema“, hieß es dazu.

Faktum ist, dass ungeachtet der endgültigen Gerichtsurteile, die 2015 erwartet werden, auf die AUA millionenschwere Belastungen zurollen. Zu den Rückstellungen für den Rechtsstreit im zweistelligen Millionenbereich kommen die Nachzahlungen. Auf diese stellt sich die AUA jedenfalls schon ein. Gleichzeitig verursachen die Krisen in der Ukraine und im Mittleren Osten tiefe Erlöslöcher. Wie keine andere europäische Fluglinie ist die AUA betroffen, weil sie diese Regionen schwerpunktmäßig bedient.

Der Plan B, über den Albrecht nun doch nachdenkt, ist ein neues Sparpaket oder sogar ein Zusammenstutzen der Fluglinie bzw. die Eingliederung in die von der Lufthansa geplante Billigschiene Wings. Priorität hat aber, dass sich Management und Betriebsrat unter dem Damoklesschwert der Pleite doch wieder an den Verhandlungstisch setzen. Mit einem Generalvergleich wäre der Rechtsstreit nämlich beigelegt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.09.2014)

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