Prominente Vorarlberger
''An Eigensinn mangelt es uns nicht''
Rundfrage. Klischees über „Gsiberger“ gibt es genug. Was aber macht Vorarlberg aus, und wie unterscheidet sich das Ländle von Wien?
![„In jedem Mythos liegt auch ein Körnchen Wahrheit“, meint ORF-Journalistin Ingrid Thurnher, geboren in Bludenz. Die Mentalität vom „Schaffa, schaffa, Hüsle baua“ sei im Ländle sicher stärker verankert als anderswo in Österreich. Heimatverbunden und Katholisch stünden nur scheinbar im Widerspruch zur Weltoffenheit der Bevölkerung, die die Nähe zur Schweiz und zu Deutschland mit sich bringt. „Vorarlberg ist weniger Wolkenkuckucksheim, dafür mehr Bodenhaftung und Realitätssinn.“ Neun Jahre nach ihrer Geburt zog Thurnher bereits nach Wien, „weil meine Eltern damals aus beruflichen Gründen quasi ausgewandert sind“. Aber: „Trotzdem vergisst man das Vorarlberger-Gen nie.“](https://img.diepresse.com/public/incoming/33o6cn-ORF_IngridThurnher_02_1411133105285422.jpg/alternates/FREE_1200/ORF_IngridThurnher_02_1411133105285422.jpg)
„In jedem Mythos liegt auch ein Körnchen Wahrheit“, meint ORF-Journalistin Ingrid Thurnher, geboren in Bludenz. Die Mentalität vom „Schaffa, schaffa, Hüsle baua“ sei im Ländle sicher stärker verankert als anderswo in Österreich. Heimatverbunden und Katholisch stünden nur scheinbar im Widerspruch zur Weltoffenheit der Bevölkerung, die die Nähe zur Schweiz und zu Deutschland mit sich bringt. „Vorarlberg ist weniger Wolkenkuckucksheim, dafür mehr Bodenhaftung und Realitätssinn.“ Neun Jahre nach ihrer Geburt zog Thurnher bereits nach Wien, „weil meine Eltern damals aus beruflichen Gründen quasi ausgewandert sind“. Aber: „Trotzdem vergisst man das Vorarlberger-Gen nie.“
(c) ORF (Milenko Badzic)
![Das Bier ist wienerisch, der Chef der Brauerei aber ein Vorarlberger: Der gebürtige Dornbirner Siegfried Menz leitet seit 2000 den Ottakringer Konzern. In die Hauptstadt gekommen ist er bereits zum Studieren – Betriebswirtschaft, um genau zu sein. Den Vorarlbergern ist aber das unternehmerische Denken bereits in die Wiege gelegt, findet er: „Am besten lässt sich das mit dem Vorarlberger Spruch beschreiben: Schaffa, spära, husa, Katz verkoafa, selber musa.“ Was Menz folgendermaßen für Nicht-Vorarlberger übersetzt: Schaffe, spare, bau ein Haus und verkaufe die Katze, denn sie ist zu teuer (wie so vieles) und selbst das Mäusefangen kannst du sicher besser (wie so vieles). „Kurzum: an Selbstvertrauen und Eigensinn mangelt es uns gewiss nicht“, sagt er. Aber auch Wien habe seine Vorteile: „Der Flair der Weltstadt, die Möglichkeit, aus dem Üblichem auszubrechen – freilich um bald gern wieder heim ins Ländle zu kommen.“](https://img.diepresse.com/public/incoming/mnexgb-Sigi_Menz_Bar_seitlich_ICv2_1411133105639254.jpg/alternates/FREE_1200/Sigi_Menz_Bar_seitlich_ICv2_1411133105639254.jpg)
Das Bier ist wienerisch, der Chef der Brauerei aber ein Vorarlberger: Der gebürtige Dornbirner Siegfried Menz leitet seit 2000 den Ottakringer Konzern. In die Hauptstadt gekommen ist er bereits zum Studieren – Betriebswirtschaft, um genau zu sein. Den Vorarlbergern ist aber das unternehmerische Denken bereits in die Wiege gelegt, findet er: „Am besten lässt sich das mit dem Vorarlberger Spruch beschreiben: Schaffa, spära, husa, Katz verkoafa, selber musa.“ Was Menz folgendermaßen für Nicht-Vorarlberger übersetzt: Schaffe, spare, bau ein Haus und verkaufe die Katze, denn sie ist zu teuer (wie so vieles) und selbst das Mäusefangen kannst du sicher besser (wie so vieles). „Kurzum: an Selbstvertrauen und Eigensinn mangelt es uns gewiss nicht“, sagt er. Aber auch Wien habe seine Vorteile: „Der Flair der Weltstadt, die Möglichkeit, aus dem Üblichem auszubrechen – freilich um bald gern wieder heim ins Ländle zu kommen.“
©erich reismann (erich reismann)
![Eine Eigenschaft, die Finanzministern zumindest nicht schaden sollte, hat der kürzlich angelobte Hans Jörg Schelling laut eigenen Angaben: „Ich bin ein offener, unkomplizierter Mensch, der direkt auf andere zugeht und auch Unbequemes anspricht.“ Diese Eigenschaften seien ihm vor allem aus Vorarlberg bekannt – genauso wie „nicht locker lassen, Hartnäckig sein und dranbleiben“. „Das hat mich auch in meinem beruflichen Leben geprägt und weiter gebracht.“ Schelling stammt aus Hohenems, ist aber Wahl-St.Pöltner seit über 30 Jahren. „In Vorarlberg liegen aber meine Wurzeln. Ich bin dort aufgewachsen und habe dort gelernt, was Verbundenheit zur Familie und zu einem Land bedeutet.“](https://img.diepresse.com/public/incoming/94kig0-PK-LAND-VORARLBERG-ANTRITTSBESUCH-FINANZMINISTER-SCHELLING-SCHELLING_1411133389686156.jpg/alternates/FREE_1200/PK-LAND-VORARLBERG-ANTRITTSBESUCH-FINANZMINISTER-SCHELLING-SCHELLING_1411133389686156.jpg)
Eine Eigenschaft, die Finanzministern zumindest nicht schaden sollte, hat der kürzlich angelobte Hans Jörg Schelling laut eigenen Angaben: „Ich bin ein offener, unkomplizierter Mensch, der direkt auf andere zugeht und auch Unbequemes anspricht.“ Diese Eigenschaften seien ihm vor allem aus Vorarlberg bekannt – genauso wie „nicht locker lassen, Hartnäckig sein und dranbleiben“. „Das hat mich auch in meinem beruflichen Leben geprägt und weiter gebracht.“ Schelling stammt aus Hohenems, ist aber Wahl-St.Pöltner seit über 30 Jahren. „In Vorarlberg liegen aber meine Wurzeln. Ich bin dort aufgewachsen und habe dort gelernt, was Verbundenheit zur Familie und zu einem Land bedeutet.“
(c) APA/DIETMAR STIPLOVSEK (DIETMAR STIPLOVSEK)
![Eigentlich ist Sabine Haag nur Halb-Vorarlbergerin. Ihr Vater ist nämlich Wiener, aufgewachsen ist sie aber im Westen. Und das prägt, findet die Direktorin des Kunsthistorischen Museums: „Ein Vorarlberger bleibt immer Vorarlberger.“ Was macht aber einen Vorarlberger aus? „Die Mentalität ist sehr spezifisch, wir sind ja auch der Schweiz, Deutschland, Liechtenstein und Italien viel näher als Wien.“ Das berühmte wienerische Raunzen sei den Vorarlbergern zum Beispiel fremd. Man sei vielmehr leistungsbezogen, habe Handschlagsqualität – „aber auch eine gewisse Reserviertheit gegenüber anderen. Wir sind nicht gleich Freund mit jedem“.](https://img.diepresse.com/public/incoming/yifcu7-haag_1411134151543525.jpg/alternates/FREE_1200/haag_1411134151543525.jpg)
Eigentlich ist Sabine Haag nur Halb-Vorarlbergerin. Ihr Vater ist nämlich Wiener, aufgewachsen ist sie aber im Westen. Und das prägt, findet die Direktorin des Kunsthistorischen Museums: „Ein Vorarlberger bleibt immer Vorarlberger.“ Was macht aber einen Vorarlberger aus? „Die Mentalität ist sehr spezifisch, wir sind ja auch der Schweiz, Deutschland, Liechtenstein und Italien viel näher als Wien.“ Das berühmte wienerische Raunzen sei den Vorarlbergern zum Beispiel fremd. Man sei vielmehr leistungsbezogen, habe Handschlagsqualität – „aber auch eine gewisse Reserviertheit gegenüber anderen. Wir sind nicht gleich Freund mit jedem“.
(c) Kunsthistorisches Museum
![Der wesentliche Unterschied zwischen Wien und Vorarlberg? Der ist für Harald Walser ein politischer – und das, obwohl seine Partei in beiden Ländern in der Opposition sitzt: „Die SPÖ heißt in Vorarlberg ÖVP, Allmachtsansprüche inklusive“, meint er. Aber auch abseits der Parteien gebe es Unterschiede: „In Wien ist alles ein bisschen indirekter, die Vorarlberger sind geradliniger, aufmüpfiger und keineswegs konservativer.“ Aber: Die Unterschiede werden geringer.Und was treibt den „Gsiberger“ in die Haupt- und Residenzstadt? „Natürlich das spannende politische Amt und ein bisschen umrühren zu können“, sagt er. „Aber auch die Möglichkeit, eine Großstadt zu genießen.“](https://img.diepresse.com/public/incoming/zdati7-PK-WIDERSTAND-GEGEN-DIE-2-KLASSEN-PDAGOGIK-WALSER_1411133590477182.jpg/alternates/FREE_1200/PK-WIDERSTAND-GEGEN-DIE-2-KLASSEN-PDAGOGIK-WALSER_1411133590477182.jpg)
Der wesentliche Unterschied zwischen Wien und Vorarlberg? Der ist für Harald Walser ein politischer – und das, obwohl seine Partei in beiden Ländern in der Opposition sitzt: „Die SPÖ heißt in Vorarlberg ÖVP, Allmachtsansprüche inklusive“, meint er. Aber auch abseits der Parteien gebe es Unterschiede: „In Wien ist alles ein bisschen indirekter, die Vorarlberger sind geradliniger, aufmüpfiger und keineswegs konservativer.“ Aber: Die Unterschiede werden geringer.Und was treibt den „Gsiberger“ in die Haupt- und Residenzstadt? „Natürlich das spannende politische Amt und ein bisschen umrühren zu können“, sagt er. „Aber auch die Möglichkeit, eine Großstadt zu genießen.“
(c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
![Auch Claudia Gamon, stellvertretende Chefin der Jugendpartie der Neos, sieht vor allem einen politischen Unterschied zwischen West und Ost: „Die Grünen sind relativ bürgerlich, die FPÖ ist nicht so ausländerfeindlich. Und SPÖ und ÖVP tun so, als hätten sie mit der Bundespartei gar nichts zu tun.“ Dabei könnten die Vorarlberger durchaus etwas selbstkritischer sein, meint Gamon. „Unsere Politik ist nicht so unabhängig vom Bund, wie sie immer tut.“Auch abseits der Parteipolitik würde sie sich manchmal wünschen, dass Vorarlberg etwas offener sei. „Man ist sehr modern, gleichzeitig aber auch konservativ. Man lebt in einem Widerspruch.“ Und was fällt Gamon positiv auf? „Vorarlberger sind sehr eigenverantwortlich – etwas, das im Osten oft fehlt. Es würde Österreich gut tun, wenn es einen Mix aus beidem hätte.“ Seit ihrer Studienzeit lebt Gamon nun in Wien – und vermisse dann doch einige Dinge: „Die Familie, die Berge und den Käse.“](https://img.diepresse.com/public/incoming/sf3zd5-gamon_141113409404860.jpg/alternates/FREE_1200/gamon_141113409404860.jpg)
Auch Claudia Gamon, stellvertretende Chefin der Jugendpartie der Neos, sieht vor allem einen politischen Unterschied zwischen West und Ost: „Die Grünen sind relativ bürgerlich, die FPÖ ist nicht so ausländerfeindlich. Und SPÖ und ÖVP tun so, als hätten sie mit der Bundespartei gar nichts zu tun.“ Dabei könnten die Vorarlberger durchaus etwas selbstkritischer sein, meint Gamon. „Unsere Politik ist nicht so unabhängig vom Bund, wie sie immer tut.“Auch abseits der Parteipolitik würde sie sich manchmal wünschen, dass Vorarlberg etwas offener sei. „Man ist sehr modern, gleichzeitig aber auch konservativ. Man lebt in einem Widerspruch.“ Und was fällt Gamon positiv auf? „Vorarlberger sind sehr eigenverantwortlich – etwas, das im Osten oft fehlt. Es würde Österreich gut tun, wenn es einen Mix aus beidem hätte.“ Seit ihrer Studienzeit lebt Gamon nun in Wien – und vermisse dann doch einige Dinge: „Die Familie, die Berge und den Käse.“
(c) Claudia Gamon