Recht: Österreicher als Richter über die Weltmeere

Spezialisierung im Seerecht bringt Nischen-Jobchancen.

Wien/Hamburg (gr). Man könnte eigentlich meinen, dass das internationale Seerecht einen Österreicher herzlich wenig interessieren könnte. Tatsächlich gibt es aber Landsleute, die darin Karriere gemacht haben: Helmut Türk zum Beispiel. Der 67-Jährige ist einer von 21 Richtern am internationalen Seegerichtshof in Hamburg.

„Österreich hat im Seerecht schon immer eine wichtige Rolle gespielt: Beim Seerechtsübereinkommen 1982, das den Seegerichtshof eingerichtet hat, waren wir federführend“, erklärt Türk im Gespräch mit „UniLive“. Seither haben auch österreichische Richter über Konflikte zwischen Staaten um Fischereirechte, gekaperte Schiffe und Mineralienabbau am Meeresgrund mitentschieden.

„Das Seerecht ist ein lebendiges Gebiet, es gibt ständig neue Entwicklungen“, erzählt Experte Türk, der für sein Richteramt nach jahrzehntelanger Tätigkeit als Diplomat nominiert wurde. Im Moment sei das Seerecht gerade wieder mit den Streitigkeiten um die Nutzung der Arktis besonders aktuell.

Disziplin des Völkerrechts

Über die diplomatischen Funktionen und Tätigkeiten in internationalen Gremien hinaus gibt es für See-affine Juristen natürlich auch die Möglichkeit, bei einem Unternehmen anzuheuern, das Schiffe betreibt – etwa dem Österreichischen Lloyd, in dessen Namen zwölf Schiffe unter österreichischer Flagge auf den Weltmeeren kreuzen. Oder die OMV, die auch „Offshore“ nach Öl sucht.

Für eine Tätigkeit in diesen Bereichen ist vor allem die profunde Kenntnis des Völkerrechts nötig – das Seerecht ist eine Unterdisziplin davon. Darüber hinaus sollten sich Studenten, die mit Schiffen arbeiten wollen, auch Kenntnisse im Handels- und Verwaltungsrecht aneignen, findet Gerhard Hafner, Vorstand des Instituts für Völkerrecht an der Universität Wien. Er hat im vergangenen Wintersemester ein Seminar aus Seerecht veranstaltet – mit fast 30 Teilnehmern. Es gibt sie, die österreichischen Seerechtler.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.06.2008)

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