Ex-AUA-Manager und Jet Airways-Boss Wolfgang Prock-Schauer glaubt an die Zukunft der rot-weiß-roten Airline mit einem Partner.
Die Presse: Die AUA ist verkauft, die Lufthansa neuer Eigentümer. Ist das eine Katastrophe oder ein Glück?
Wolfgang Prock-Schauer: Der Verkauf ist nicht nur die beste, sondern die einzige Lösung für die AUA, angesichts der hohen Verluste, die für 2008 erwartet werden.
Ein Alleingang, wie ihn viele Politiker wünschten, ist also keine Alternative?
Prock-Schauer: Das war eigentlich schon vor zwei, drei Jahren keine ernst zu nehmende Alternative. Man hätte die Partnersuche schon damals starten müssen, dann wäre vieles leichter gewesen und der Staat hätte keinen Schuldennachlass gewähren müssen. Jetzt, angesichts der weltweiten Krise, gibt es ohnehin keine andere Möglichkeit. Das trifft nicht nur auf die AUA zu – Fluglinien dieser Größe haben kaum Chancen, allein zu bestehen. Die Konsolidierung in der Luftfahrt wird sich jetzt massiv beschleunigen.
Im Zuge des Verkaufs gab es viel Skepsis gegenüber der Lufthansa...
Prock-Schauer: Die Lufthansa ist die hundertprozentig richtige Lösung. Es geht nicht darum, dass die AUA irgendeinen Partner bekommt, sondern es bedarf eines soliden, großen Partners, von dem man viel profitieren kann.
Muss die AUA nicht fürchten, Strecken an die Lufthansa zu verlieren, womit auch der Flughafen Wien seine Bedeutung einbüßen würde?
Prock-Schauer: Im Gegenteil: Ich bin sicher, dass der Flughafen Wien seine Bedeutung als Drehkreuz in den Osten noch ausbauen kann – da sind Ängste fehl am Platz. Wolfgang Mayrhuber (der Chef der Lufthansa, Anm.) steigt nicht bei einer Airline ein und schneidet sie dann zusammen. Das würde seiner Strategie, ein europaweites Netzwerk von Tochter-Airlines zu schaffen, mit dem die Lufthansa ihre Position im Wettbewerb stärken kann, völlig widersprechen. Das Beispiel Swiss zeigt, wie es geht: Die Schweizer Fluglinie hat ihre Eigenständigkeit behalten und gleichzeitig wurde das Maximum an Synergien herausgeholt.
Die AUA bekommt mit der Swiss und den anderen Lufthansa-Töchter wie Brussels Airlines und möglicherweise bald British Midland und SAS aber auch Konkurrenz innerhalb der Gruppe...
Prock-Schauer: Ja, und das ist gut so. Denn im Endeffekt steigen die Anstrengungen, Qualität und Service zu verbessern, wovon wiederum die Kunden profitieren.
Sie waren viele Jahre AUA-Manager, zuletzt Generalsekretär, und wurden auch als Chef gehandelt. Sie kennen das Unternehmen wie Ihre Westentasche. Wo liegen die Stärken und Schwächen der AUA?
Prock-Schauer: Das große Plus ist sicher das Osteuropa-Netz. Da hat sich die AUA über die Jahre eine Spitzenposition geschaffen. Ein großes Manko war hingegen schon immer der Vertrieb, vor allem in der Langstrecke. Deshalb hat die AUA auch auf vielen Langstrecken kein Geld verdient – viele Destinationen wurden ja schon lange vor der aktuellen Krise eingestellt. Da wird die Lufthansa mit ihrem weltweiten Vertriebsnetz der AUA viel bringen. Ein weiterer Nachteil war und ist die aus vielen Flugzeugtypen zusammengewürfelte Flotte. Eine Flottenerneuerung ist daher dringend notwendig, sie wurde aber aus Geldmangel immer hintangestellt. Im Verbund mit der Lufthansa ist es natürlich viel leichter, günstige Einkaufskonditionen zu erhalten. Wenn Sie als kleine AUA zu Boeing oder Airbus kommen und nur wenige Flugzeuge ordern, müssen Sie sich hinten anstellen und warten Jahre.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.12.2008)