Autorin Gertrud Fussenegger gestorben

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Mit 96 Jahren starb die preisgekrönte Schriftstellerin in Linz. Sie schrieb mehr als 60 Bücher. Während der NS-Zeit veröffentlichte sie umstrittene Schriften, was sie später bereute.

"Ich habe mich von der Vergangenheit nie getrennt", sagte die österreichische Schriftstellerin Gertrud Fussenegger zu ihrem 90. Geburtstag. Heute, Donnerstag, starb sie 96-jährig im St. Anna-Heim in Linz im Kreise ihrer Familie. Das gab ihr Sohn Raimund Dietz am Nachmittag bekannt. "Sie war bis zu Ihrem Ende geistig wach und ist bis vor wenigen Monaten in der Öffentlichkeit aufgetreten", so Dietz.  Sie hinterlässt fünf Kinder, sowie zahlreiche Enkel und Urenkel. Für ihre Bewunderer war sie die "Grande Dame" der Österreichischen Literatur, doch durch ihre literarische Tätigkeit während der Nazi-Zeit war Fussenegger auch umstritten. 

Die am 8. Mai 1912 in Pilsen (Tschechien) geborene Autorin lebte seit 1961 in Leonding. Ihr Lebenswerk umfasst mehr als 60 Bücher. Zu ihren Hauptwerken zählen die Romane "Das Haus der dunklen Krüge" (1951), "Das verschüttete Antlitz" (1957) und "Die Pulvermühle" (1968). Die vielfach ausgezeichnete Literatin war zudem Lyrikerin, Sachbuchautorin und Feuilletonistin.

Massive Kritik nach Gedicht

Prägend vor allem für die Anfänge ihres Schreibens und die späteren Kontroversen um ihre Person war ihr Verhältnis zum Nationalsozialismus. Schon 1933 trat Fussenegger der österreichischen NSDAP bei, eines ihrer ersten Bücher, die "Mohrenlegende" wurde jedoch von den NS-Gutachtern als Kritik an der Rassenideologie und "katholisches Machwerk" abgelehnt. Auch gegen andere ihrer Bücher gab es Einwände, viele von Fusseneggers weiteren, meist religiös konzipierten Romanen, Gedichten und Rezensionen fanden allerdings in wichtigen NSDAP-Organen Verbreitung.

Der "Völkische Beobachter" druckte 1938 als erste Zeitung ihr Gedicht "Stimme der Ostmark" ab. Nach 1945 brachte Fussenegger das Gedicht massive Kritik ein, weil es den Untergang Österreichs und Adolf Hilters in einem positiven Licht darstellte. Rund 50 Jahre später erklärte die Autorin, es täte ihr Leid, "viele gute Gedanken verschwendet" zu haben "auf eine Sache, die dann ein Gräuel war" .

In ihren Romanen befasste sich Fussenegger häufig mit historischen Ereignissen. Zu ihrem 90. Geburtstag meinte sie: "Als Epiker lebt man in der Vergangenheit viel mehr als in der Zukunft. Die Vergangenheit, die blüht aus jedem Eck..."

Intensive Schaffensperiode nach 1946

Fussenegger studierte in Innsbruck und München Geschichte, Kunstgeschichte und Philosophie und promovierte 1934 zum Dr. phil. Noch vor Ende des Zweiten Weltkriegs konnte sie mit dem Roman "Die Leute auf Falbeson" und mit den 1944 erschienenen "Böhmischen Verzauberungen" weitere Erfolge feiern.

1946 wurden zunächst einige ihrer Werke in Berlin und Wien auf die "Liste der gesperrten Autoren und Bücher" gesetzt. Doch bald begann für Fussenegger eine intensive Schaffensperiode. Mit einer Reihe ihrer Werke erlangte sie internationales Ansehen, etwa mit der Trilogie "Die Brüder von Lasawa", "Das Haus der dunklen Krüge", "Das verschüttete Antlitz" oder mit ihrer 1979 veröffentlichten Autobiografie "Spiegelbild mit Feuersäule".

Vielfach ausgezeichnet

In ihrer langen Lebenszeit wurde Gertrud Fussenegger auch vielfach ausgezeichnet. 1963 erhielt sie den Adalbert-Stifter-Preis, 1969 den Johann-Peter-Hebel-Preis und 1979 den Mozart-Preis. 1972 wurde ihr der Titel "Professor" verliehen, 1981 das österreichische Ehrenzeichen für Kunst und Wissenschaft. Sie war Mitglied des P.E.N.-Clubs, der Humboldt-Gesellschaft, der Sudetendeutschen Akademie und Ehrenmitglied des österreichischen Schriftstellerverbandes. Zu weiteren Auszeichnungen zählen das Bundesverdienstkreuz, der Jean-Paul-Preis des Freistaates Bayern und das Große Goldene Ehrenzeichen mit dem Stern für Verdienste um die Republik Österreich 2003. 2007 erhielt sie von Papst Benedikt XVI das Komturkreuz mit Stern des päpstlichen Silvesterordens. Der Vorlass ihrer Werke befindet sich im Oberösterreichischen Literaturarchiv im Stifterhaus Linz.

(APA/Red.)

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