Griechenland: Samaras setzt auf Angstmache

Greece Faces January Election As Samaras Presidency Pick Falls
Greece Faces January Election As Samaras Presidency Pick Falls(c) Bloomberg (Kostas Tsironis)
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Linksopposition liegt vor Parlamentswahl am Sonntag nach jüngsten Umfragen deutlich vor Nea Dimokratia in Front. Bei der Regierungspartei greift Nervosität um sich.

Athen. Ministerpräsident Antonis Samaras von den regierenden Konservativen (Nea Dimokratia) steht nach den letzten Meinungsumfragen vor den Parlamentswahlen am kommenden Sonntag mit dem Rücken zur Wand. Das radikale Linksbündnis (Syriza) von Alexis Tsipras konnte offensichtlich in den vergangenen Tagen seinen Vorsprung ausbauen. Manche Meinungsforscher sehen es gar 6,5 Prozent vor den Konservativen, was eine absolute Mehrheit im Parlament für Syriza nicht mehr unrealistisch erscheinen lässt.

Wahlgeschenke

Samaras und seine Wahlkampfstrategen scheinen angesichts dessen die Ruhe verloren zu haben. Am Wochenende begann der Ministerpräsident, Wahlgeschenke in Form von Steuererleichterungen zu verteilen. Mit einem neuen Wahlspot Anfang der Woche aber setzte die ND dann auf unkontrollierte Angstmache. Darin wird der Teufel in Form eines Syriza-Sieges und des anschließenden Zusammenbruchs des Landes an die Wand gemalt, werden ein Scheitern der Verhandlungen mit den Gläubigern, der Bankrott, brennende Straßen, leere Benzintanks, unbezahlte Pensionen plastisch vor Augen geführt.

Mit dieser Negativwerbung widerlegen die Konservativen selbst das Bild von der „verantwortungsvollen Kraft“, das sie von der Linksopposition abheben sollte. Nach seinem Wahlsieg 2012 war es Antonis Samaras noch gelungen, das Vertrauen der Europäer und vor allem der deutschen Kanzlerin Angela Merkel in die Reformbemühungen Griechenlands zu stärken. Das Gespenst des Austritts aus der Eurozone, des „Grexit“, wurde verbannt, die Konsolidierung des Staatshaushalts und die disziplinierte Sparpolitik fortgesetzt.

Das hätten damals viele dem Politiker, der in den 1990er-Jahren mit seiner rechtspatriotischen Partei Politischer Frühling Schiffbruch erlitten hatte, nicht zugetraut. Die Sünden der frühen 1990er-Jahre, als er aus Anlass des Namensstreits mit dem benachbarten Mazedonien die konservative Regierung von Konstantinos Mitsotakis zu Fall gebracht hatte, und vor allem die radikale Ablehnung des ersten Sparmemorandums der Krisenjahre Mitte 2010, schienen plötzlich vergessen zu sein.

Doch nach und nach wurden die Klagen der europäischen Partner über das Stocken des Reformkurses immer lauter. Viel zu oft wurden zwar die geforderten Reformgesetze beschlossen – dann aber nicht realisiert. Dazu trugen sicherlich die immer schwierigeren Mehrheitsverhältnisse im griechischen Parlament bei. Die Drei-Parteien-Koalition aus Nea Dimokratia, sozialistischer Pasok und der kleinen Demokratischen Linken (Dimar) zerfiel im Sommer 2013, als Dimar aus Anlass der Schließung des Staatsfernsehens ausschied, und die Regierung plötzlich nur noch über eine Mehrheit um fünf Stimmen im Parlament verfügte.

Erpressungsversuche

Das machte Samaras für Erpressungsversuche innerhalb der eigenen Partei anfällig. Nach der Niederlage bei den EU-Wahlen im Mai 2014 bildete er seine Regierung um, vor allem Populisten des rechten Parteiflügels der Nea Dimokratia, die die Kernwählerschaft ansprechen, kamen bei dem Revirement zum Zug. Und im Herbst 2014 kam dann der Bruch mit der Gläubiger-Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds. Die misstrauischen Europäer wollten das griechische Budget 2015 nicht akzeptierten und forderten zusätzliche Sparmaßnahmen. Gleichzeitig scheiterte der vorzeitige Ausstieg aus dem Sparprogramm an der Reaktion der Märkte – Griechenland kann sich nach wie vor nicht auf den internationalen Märkten finanzieren. Samaras zog die Kür des Staatspräsidenten im Parlament vor, ihr Scheitern machte die Parlamentswahlen am kommenden Sonntag notwendig.

Verliert Samaras die Wahl und schafft Syriza eine Regierungsbildung, drohen der Nea Dimokratia schwere Turbulenzen. Der liberale Flügel, vor allem Dora Bakogianni oder ihr Bruder Kyriakos Mitsotakis, die Kinder des ehemaligen Premiers Konstantinos Mitsotakis, dürfte wieder die Führung beanspruchen. Bakogianni hat noch eine offene Rechnung mit Samaras zu begleichen: Im Jahr 2009 unterlag sie ihm bei der Wahl um die Parteispitze.

ZUR PERSON

Antonis Samaras. Aufsehen erregte der Premier (63), als er sich Anfang der 1990er-Jahre als Außenminister gegen die Namensgebung Mazedoniens stemmte. Nach seinem Rücktritt gründete er eine eigene Partei, schaffte später ein Comeback bei der Nea Dimokratia und führte sie 2012 zum Sieg.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.01.2015)

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