Von Brüssel in die Innenpolitik führt der Weg fast nie.
Brüssel. „Hast du einen Opa, schick ihn nach Europa“: So alt das Sprichwort ist, so richtig ist es – aber nur in Österreich. Das EU-Parlament dient den heimischen Parteizentralen offenbar als Ausgedinge für Politiker, die ihnen im Inland zu unbequem wären. Und der Weg aus Brüssel zurück ist für diese beschwerlich bis unmöglich: Jahrelange EU-Kompetenz zählt in der Ministerriege nicht unbedingt etwas.
Der SPÖ-Mandatar und Listenerste bei der EU-Wahl am 7. Juni, Hannes Swoboda, könnte ein Lied davon singen. Parteichef und Kanzler Werner Faymann sieht ihn lieber in Brüssel als zu Hause. Dabei hat sich Swoboda als Außenpolitikexperte im EU-Parlament in allen Fraktionen und Ländern einen Namen gemacht – nur in Österreich nicht. Kein Ministeramt, und auch als internationalen Sonderbeauftragten für Bosnien-Herzegowina hat ihn Wien nicht nominiert. Der Draht des EU-Fans Swoboda zum EU-Kritiker Faymann war zu dünn.
Viel Lob gab es auch für Othmar Karas, den ÖVP-Listenzweiten – aber nur im Ausland. Er wäre gern Außenminister geworden. Doch Parteichef Josef Pröll wollte ihn nicht in der Regierung – und noch nicht einmal als Listenersten für die EU-Parlamentswahl (siehe Seite 3).
Maria Berger bildet seit Österreichs EU-Beitritt 1995 die einzige Ausnahme: Sie wurde unter Alfred Gusenbauer 2006 Justizministerin, ehe sie Faymann zurück ins EU-Parlament beorderte. Sie sei zu europafreundlich, so hieß es.
Anderswo weiß man EU-Kompetenz eher zu schätzen: Seit Beginn der jetzigen Parlamentsperiode im Jahr 2004 wechselten viele vom Abgeordnetensessel in hohe Ämter. Darunter der nunmehrige estnische Präsident Toomas Hendrik Ilves, der slowenische Ministerpräsident Borut Pahor, Finnlands Außenminister Alexander Stubb, Schwedens Europaministerin Cecilia Malmström, Polens Verteidigungsminister Bogdan Klich und Wissenschaftsministerin Barbara Kudrycka sowie die französische Gesundheitsministerin Roselyne Bachelot.
Österreich sagt weiterhin „Nein, danke“ zu Brüssel-erfahrenen Regierungskräften. Der Platz für junge, frische Gesichter auf den künftig 17 österreichischen Abgeordnetenstühlen wurde damit sehr eng.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.03.2009)