Meistverwendetes Herbizid soll Krebs verursachen

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Die Einstufung als krebserregend nahm die Internationale Agentur für Krebsforschung der WHO vor. Das Herbizid Glyphosat wurde in die zweithöchste von fünf Kategorien eingeteilt.

Das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat wird von der Weltgesundheitsorganisation WHO als wahrscheinlich krebserregend eingestuft. Das zuständige Bundesamt in der Schweiz kennt entsprechenden Studienresultate erst in einer Kurzfassung und wartet deshalb noch mit einer möglichen Reaktion zu.

Sobald dem Schweizer Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) der vollständige Bericht der WHO vorliege, würden zuerst dieser selbst und dann eventuell daraus resultierende Schritte geprüft, sagte BLV-Sprecherin Eva van Beek am Mittwoch zu einem Bericht der Schweizer Konsumentensendung "Espresso" des Schweizer Radio SRF.

Glyphosat ist weltweit das am meisten eingesetzte Spritzmittel gegen Unkraut. Die Einstufung als krebserregend nahm die Internationale Agentur für Krebsforschung der WHO vor. Das Herbizid wurde in die zweithöchste von fünf Kategorien eingeteilt.

Rückstände in Lebensmitteln

Von 2009 bis 2012 wurden von der AGES über 1000 Lebensmittelproben auf Glyphosat untersucht. In drei von 133 Getreideproben wurde der Stoff in sehr geringer Konzentration (zwischen 0,02 und 0,05 mg/kg) nachgewiesen, die gesetzlichen Höchstwerte im konventionellen Anbau bei Getreide liegen zwischen 0,1 und 20 mg/kg.

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Auch bei Hülsenfrüchten (13 Mal bei 68 Proben) und in Ölsaaten (fünf Mal bei 22 Proben) wurde Glyphosat nachgewiesen, allerdings weit unter den gesetzlichen Höchstgrenzen. Bei zwölf Proben (Hülsenfrüchte, Ölsaaten) mit einem positiven Befunde handelte es sich damals um Bioprodukte. Glyphosat ist seit langem als Unkrautvernichter in Pflanzenschutzmitteln enthalten. Laut der Umweltschutzorganisation Global 2000 ist es das am weitesten verbreitete Herbizid in Europa. Der Wirkstoff hemmt das Enzym 5-Enolpyruvylshikimat-3-phosphat (EPSP)-Synthetase, das Pflanzen für die Biosynthese der Aminosäuren Phenylalanin, Tyrosin und Tryptophan brauchen. Dieses Enzym kommt bei Tieren und beim Menschen nicht vor.

Wird Glyphosat eingesetzt, stirbt die Pflanze binnen zwei bis drei Tagen ab. Glyphosat wird seit rund 40 Jahren als Unkrautvernichter eingesetzt, vor allem in der Langwirtschaft, in Parkanlagen, aber auch auf Bahngleisen und in Privatgärten. 

In Österreich ist der Einsatz von Glyphosat seit Oktober 2013 reglementiert. Bis dahin war es allerdings frei erhältlich. 2012 wurden laut Informationen der BOKU alleine in Österreich etwa 1500 Tonnen an Herbiziden versprüht, um Ackerunkräuter zu entfernen.

Glyphosat schädigt Bodenorganismen

Die Auswirkungen des Einsatzes von Glyphosat auf Organismen, die damit eigentlich nicht beeinträchtigt werden sollen, haben heimische Forscher bereits untersucht. Dabei zeigten sich deutliche Nebeneffekte auf Bodenorganismen wie Regenwürmer oder in Symbiose mit Pflanzen lebende Pilze beim Einsatz der empfohlenen Herbizid-Dosis.

Obwohl Unkrautvernichtungsmittel auf Glyphosat-Basis bereits seit geraumer Zeit nicht nur in der Landwirtschaft eingesetzt werden, sei über die Auswirkungen ihres Einsatzes unter realen Bedingungen relativ wenig bekannt, erklärte Johann Zaller vom Wiener Institut für Zoologie der Universität für Bodenkultur (Boku) im Juli. Es gebe zwar wissenschaftliche Daten, die auf Probleme in Verbindung mit dem Einsatz von Glyphosat hinweisen, "aber was Bodentiere betrifft, ist das einer der ersten Befunde, der in einem einigermaßen realistischen Ansatz gemacht wurde", so Zaller.

Würmer werden dick und träge

Die Wiener Forscher setzten damals auf ein stark vereinfachtes, aber realistisches System. Sie studierten die Abläufe in großen Pflanzentöpfen, die mit Feldboden gefüllt waren. Dort wuchsen die Pflanzen unter verschiedenen Bedingungen. Zaller und seine Kollegen interessierten sich vor allem dafür, ob sich ein Einfluss auf Nützlinge wie Regenwürmer oder für die Entwicklung und von Pflanzen wichtige Pilze (Mykorrhiza) einstellte.

Bei einem Einsatz von Herbiziden mit dem Hauptwirkstoff Glyphosat in der vorgeschriebenen Dosis zeigten sich "deutliche Nebeneffekte" auf Bodenlebewesen. Die für die Durchlüftung und Fruchtbarkeit des Bodens wichtigen Regenwürmer waren unter dem Herbizid-Einsatz tendenziell dicker und weniger aktiv. Die Besiedelung der Pflanzenwurzeln und des Bodens mit Mykorrhizapilzen war bis zu 50 Prozent geringer, erklärte Zaller. Das ist problematisch, da 80 Prozent der Landpflanzen in Symbiose mit den Pilzen leben, die den Pflanzen die Nutzung schwer verfügbarer Nährstoffe ermöglichen.

(APA/sda/red.)

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