HC Strache: Der Prater und der Strizzi

Strache
Strache(c) Die Prese (Michaela Bruckberger)
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Warum Strache in seinen "Revoluzzer"-Jahren nach rechts und nicht nach links abbog, was es mit seiner "Plattform für das christlich-europäische Abendland" auf sich hat und sein Lebensziel "Wiener Bürgermeister" lautet.

Im Jahre 1766 gewährte Reformkaiser Joseph II. auch dem gewöhnlichen Volk Zugang zum Prater. Der großflächige Park blieb jedoch die Flaniermeile der Aristokratie und des Bürgertums. Am 1.Mai 1890, beim ersten Maiaufmarsch, zogen über 100.000 Arbeiter demonstrativ durch den Prater – es war die größte politische Kundgebung, die Wien bis dahin gesehen hatte. Fortan war der Prater Anziehungspunkt für alle sozialen Schichten der Hauptstadt.

Hier hat Heinz-Christian Strache Kindheit und Jugend verbracht. Aufgewachsen auf der anderen Seite des Donaukanals, im 3. Bezirk, war das „Erdberger Kind“ binnen weniger Minuten im Prater. „Da war ich mit meinen Freunden unterwegs, bin mit meiner Mutter und meiner Tante Rad gefahren und spazieren gegangen. Und zur Austria Wien zum Fußballtraining“, erzählt der FPÖ-Obmann.

„Ich war jung, wild und neugierig“, sagt Strache. „Und ein Revoluzzer.“ Solche gehen oftmals nach links, Strache bog jedoch nach rechts ab. Wieso? „Mein Hauptmotiv war der Anti-Kommunismus.“ Es dürfte aber auch noch andere gegeben haben: Straches Großeltern waren Vertriebene aus dem Sudetenland. Er selbst war politisch beeinflusst von seinem damaligen Arbeitgeber, dem Zahnarzt Herbert Güntner, Bezirksparteiobmann der FPÖ in Wien-Landstraße. Und möglicherweise verbarg sich hinter seinem persönlichen Rechtsruck auch noch eine Art Protestverhalten gegen den „68er“-Vater, der die Familie verließ, als Heinz-Christian drei Jahre alt war.

Er habe aber noch rechtzeitig die Kurve gekriegt, sagt Strache. Raus aus dem rechtsextremen Milieu. Einer seiner damaligen Kameraden, mit dem er Ende der 80er-Jahre im Tarnanzug durch die Kärntner Wälder tollte, Andreas Thierry, ist heute Vorstandsmitglied der NDP, der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands.


Einladungen zum Paintball. Und es wäre nicht Strache, würde er seinen „Jugendsünden“ nicht auch noch Positives abzugewinnen versuchen. „Sie wissen ja gar nicht, wie viele Einladungen zum Paintball-Spielen ich heutzutage bekomme. Mittlerweile gibt es ja tolle Anlagen, da braucht man nicht mehr in den Wald zu gehen“, sagt er mit leicht unschuldiger Miene.

Strache sitzt in der „Meierei“ an der Prater-Hauptallee. Dass alle gesellschaftlichen Gruppen hierher in das „größte Naherholungsgebiet Wiens“ kommen würden, gefalle ihm. Schließlich wolle auch er ein Politiker für alle sein. Nur der grässliche, verkitschte Prater-Vorplatz sei ein Schandfleck. Womit Strache schon bei seinem Lieblingsthema wäre: der Abrechnung mit Wiens Bürgermeister Michael Häupl. Sein politisches Lebensziel, sagt Strache, sei es, dereinst selbst Wiener Bürgermeister zu werden. Am besten schon nach der nächsten Wahl. Dem würde er alles andere unterordnen. „Denn ich spüre große Unzufriedenheit in der Wiener Bevölkerung.“

Die Ausländer. Der Prater zieht freilich auch viele Wiener ausländischer Herkunft an. Demonstrativ wird ein Zuwanderer aus Ex-Jugoslawien, der mit seiner Frau die Allee entlangschlendert, von Strache freundlichst begrüßt. In einigen Wochen, sagt der FPÖ-Chef, werde er eine „Plattform für das christlich-europäische Abendland“ vorstellen, die alle christlich orientierten Menschen, egal welcher Herkunft, ansprechen soll. Auch westlich-orientierte Muslime, türkischstämmige Alewiten oder Laizisten seien herzlich dazu eingeladen. An seinem Plan, reine Ausländerklassen in Schulen einführen zu wollen, hält Strache aber unbeirrt fest. Das sei besser, „als wenn zwei oder drei Österreicher in einer Klasse mit lauter Ausländerkindern sitzen“.


Demokratie in Gefahr? Dass er selbst im Ausland als gefährlicher Rechter wahrgenommen wird, sieht Strache erwartungsgemäß nicht so. Er als „weltoffener und freiheitsliebender Mensch“ habe etwa beste Kontakte nach Russland, wie zum Moskauer Bürgermeister Juri Luschkow, oder nach Serbien, ja selbst Vertreter des israelischen Likud, der nun wieder die Regierungsgeschäfte führe, würden gerne mit ihm reden. Und in Westeuropa, etwa in Deutschland? Da müsse man sich schon fragen, sagt Strache, inwieweit die Demokratie dort noch vorhanden sei. „In Deutschland feiert der Kommunismus gerade seine Auferstehung.“ Und dagegen war Heinz-Christian Strache ja einst in die Schlacht gezogen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.04.2009)

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