Politik, Klischees, Musik und das freundliche Wien: Wir ziehen Bilanz des Eurovision Song Contest.
Geschafft. Der Eurovision Song Contest 2015 in Wien ist Geschichte - mit einem Favoritensieg von Schweden. Das Finale war eine beeindruckende Show mit einer spannenden, weil politisch aufgeladenen Votingverkündung.Klemens Patek lässt die 27 Songs noch einmal Revue passieren. REUTERS
Mit dem "Building Brigdes"-Song ging es los. Conchita Wurst und auch das Moderatorentrio Arabella Kiesbauer, Mirjam Weichselbraun und Alice Tumler sangen ein paar Zeilchen. Die Moderatorinnen blieben souverän, charmant. Viel gibt es bei einer Show diesen Ausmaßes ohnehin nicht zu sagen. Spontane Sätze von Alice Tumler mit der Bitte um Respekt für die russische Kandidatin oder auch der Hinweis an ihren Freund, dass sie keinen Ring am Finger trägt, waren sehr charmant. Österreichwerbung war vor allem zu Beginn der Show immer und überall - inklusive Sängerknaben. Tolle Pausenshow mit Top-Percussionist Martin Grubinger. GEPA pictures
Einer der Bilder des Abends: Immer mehr Buh-Rufe ereilen Polina Gagarina aus Russland, wenn zwölf Punkte für ihr Land erteilt werden - unverdient. Und dann dieses Bild: Gagarina sitzt mit Conchita Wurst auf der Couch im Green Room - einem schwulen Mann in Frauenkleidern mit Bart - live im russischen Fernsehen. APA/GEORG HOCHMUTH
Schweden war der große Favorit im Vorfeld und holt den Sieg nach 2012 erneut.Die Show von Mans Zelmerlöw war exzellent, die Strichmännchen-Animation, mit der der stets nur Mans gerufene Sänger interagierte, perfekt - wenn auch berechenbar. Die Stimme von Mans ist großartig. Wie er die "ohuohuohs" mit einer Präzision dahingeschleudert hat - spitze! Solider Pop, professionell umgesetzt. Wegen der Favoritenrolle im Nachhinein aber quasi ein fader Sieg. (c) APA/EPA/JULIAN�STRATENSCHULTE (JULIAN�STRATENSCHULTE)
Ein Wechselbad der Gefühle für Polina Gagarina. Bei zwölf Punkte-Verkündungen für sie wurden Buhrufe immer lauter. Lange lag sie in Führung. Erst eine freundliche Ermahnung von Moderatorin Alice Tumler, dass der Contest politikfrei bleiben sollte, besserte sich die Stimmung ein wenig.Musikalisches Fazit: Nicht so sicher, wie im Semifinale. Aber das ist eine Hymne, gesungen von einem Bühnenprofi mit super Stimme. Überdramatische Akkordfolge am Ende... aber okay. (c) APA/EPA/HELMUT FOHRINGER (HELMUT FOHRINGER)
Am Anfang des Votings noch in Führung, schließlich ein abgesicherter 3. Platz. Gesanglich 1A, das Gehabe etwas gestelzt (sogar für ESC-Verhältnisse). Der Song geht nicht gleich ins Ohr, kommt aber wuchtig eindrucksvoll daher. Drama, Drama, Drama, das im Publikum ankommt. War das ein kitschiger Dur-Akkord am Ende? (c) APA/EPA/JULIAN�STRATENSCHULTE (JULIAN�STRATENSCHULTE)
Ein sehr kurzes Vibrato, das Herr Nottet am Ende seiner Phrasen zu singen gepflegt. Passt aber. Coole Raunzstimme - auch in den Höhen. Song steht ihm perfekt. Perfekt produzierter Pop, der die Trends im aktuellen Sounddesign super aufgegriffen hat. Geheimfavoritenrolle bestätigt. (c) APA/EPA/JULIAN�STRATENSCHULTE (JULIAN�STRATENSCHULTE)
Guy Sebastian hat einfach gerockt. Stimmlich hat er in den ersten Takten gezeigt, was er drauf hat und steckt Kollegen Karayiannis aus Zypern locker in die Westentasche. Song Marke Bruno Mars inklusive obligatorischem Hut. Super Moves. Backgroundsänger lieferten Coolness und den richtigen Sound. (c) REUTERS (LEONHARD FOEGER)
Der Song "Love Injected", von Aminata interpretiert, bleibt ein Fall für Pop-Kritiker: Coole Sounds, gut gemacht, aber wann privat Anhören: Weder im Club noch auf der Couch oder beim Joggen.... Refrain ist auch ziemlich geschrien gewesen - wenn auch technisch und tonal großteils sauber. (c) APA/EPA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
Stig Rastä hat zu Beginn leider nicht alle Töne getroffen. Zuerst im tiefen Teil nie wirklich die Linie gefunden, dann leider im Übergang zu seiner stimmlich traumhaften Kollegin Elina Born noch einmal daneben gegriffen. Im zweiten Hören wurde der Song nicht spannender. Der Common Linnets-Vergleich hinkt - trotz Bühnentränen. (c) ORF (Milenko Badzic)
Die einfache Instrumentierung des Songs ist bestechend, aber nicht einfach zu singen. Morland und Debrah Scarlett lieferten eine gute, simple Bühnenshow mit authentischen Emotionen. Der Ohrwurm-Effekt blieb gering, aber "A Monster Like Me" ist ein schöner Song - gesungen von großartige Stimmen. (c) APA/EPA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
Das hat im Halbfinale besser gefallen. Man hat Nadav Guedj die Nervosität angemerkt. Manche Verzierungen saßen da schon besser. Der Song bleibt ein klassischer Dance-Hit für den ESC. Bei der Modulation ein spontaner Anfeuerungsruf fürs Publikum. Cooler Schlusssatz im Outro. "Gotta go, three minutes." Und nochmal, der Herr ist erst 16 Jahre alt! Respekt" (c) ORF (Thomas Ramstorfer)
Stimmlich hat Bojana im Finale etwas Druck nachgelegt. Nicht immer mit Erfolg. Zu viel Louis-Armstrong-Effekt... Auch im Schlussteil leider zu angestrengt - für die Show aber egal, das hat gefetzt. Da wäre heute mehr drin gewesen für Serbien. (c) APA/EPA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
Etwas Angst hätte man beim Anblick von Nina Sublatti bekommen können. Der Song "Warror" hat Druck und spannende Gesangslinien, die den kämpferischen Charakter gut unterstreichen. Die Stimme von Nina Sublatti ist speziell, nicht alle hohen Töne waren einwandfrei. Das Gesamtkonzept war gruselig, aber schlüssig und kam scheinbar auch einigermaßen an in Europa. (c) APA/EPA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
Der Beginn des Songs großartig, sobalds zur Sache geht, zu viel Pathos im Song. Wenn Elnur Hueynov stimmlich Gas gibt, verliert er das ihm eigene schöne Timbre. Wolfstänzer artistisch großartig, aber etwas effekthascherisch. (c) REUTERS (LEONHARD FOEGER)
Der Song "Adio" erreicht nie Flughöhe. Sänger Knez hätte mit dem Lied auch in den vergangenen zwanzig Song Contest-Jahren antreten können. Okay, die Beats versprühen ein wenig 2015. Schöne Folklore-Elemente in der Choreographie. Insgesamt eher unscheinbar. (c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
Dieses Hand-in-die-Kamera-strecken war etwas zu viel des Guten. Die Kopfhörer sinnlos, aber markant. Die Stimme von Maraaya bleibt herausragend - soetwas hat man oder eben nicht. Stimmtechnisch war dafür nicht allzuviel dahinter, verhältnismäßig einfach zu singen. Guter Song, feine Melodie, gut instrumentiert. (c) APA/EPA/ROBERT JAEGER (ROBERT JAEGER)
Rumänien blieb eine vielleicht unterschätzte Nummer. Eine wichtige Botschaft (Straßenkinder), ein Anliegen glaubhaft vorgetragen, schön gesungen. Pop bleibt nunmal oft oberflächlich. Insgesamt war die Performance von Voltaj aber zu brav für einen ESC-Erfolg. (c) REUTERS (LEONHARD FOEGER)
Freunde des Musikdramas kommen mit Genealogy auf ihre Rechnung. Das Schlagzeug am Ende hat dem Song Drive verpasst, auch der Refrain kam an. Nur: der Chor (eher sechs Solisten) erschlägt dann leider den Song - hier wäre weniger mehr gewesen. (c) APA/EPA/JULIAN�STRATENSCHULTE (JULIAN�STRATENSCHULTE)
Elhaida Danis Stimme ist interessant, wenn sie die Töne aber nicht trifft, reicht das nicht. Das war gerade an der zerbrechlichsten Stelle bei der Modulation (Tonartwechsel) eher Marke grauenhaft. Der Song an sich nimmt erst spät und dann zu wenig Fahrt auf. (c) APA/EPA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
Schöner Popsong mit schönen Stimmen. Die Zweistimmigkeiten haben heute mehr gerieben als im Halbfinale. Der Bühnenkuss ließ Monika Linkyte und Vidas Baumila fast den Einsatz verschlafen. Appell ans Publikum: "People, if you feel the love, put your hands in the air." (c) APA/EPA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
Eher öde Ballade mit druckvollem Schlussteil. Die Stimme von Maria Elena Kyriakou hatte etwas Brüchiges, aber kalkuliert und sicher. Kleidungstechnisch voll im ESC-Trend: V-Ausschnitt bis zum Bauchnabel. (c) APA/EPA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
Mutig auf ruhige Töne zu setzen - nur Gitarre und ein sich steigernder Chor. Boggies starrer Blick in die Kamera war etwas gewöhnungsbedürftig. Stimmlich so brav wie der Song geblieben. (c) APA/EPA/HELMUT FOHRINGER (HELMUT FOHRINGER)
Hijajijeeeeo. Ein paar Mal hat Edurne in den Strophen zu viel Gas gegeben stimmlich bevor der Ton saß, die Folge war schlechte Intonation. Die Quint-Sprünge zwischen im Refrain eine Herausforderung in der Stimmlage. Bis auf ein paar Ausnahmen gelungen. Show großartig mit Kleidwechsel und Tänzer mit nacktem Oberkörper. Letzlich die größte Überraschung, dass Edurne im abgeschlagenen Feld gelandet ist. (c) APA/EPA/JULIAN�STRATENSCHULTE (JULIAN�STRATENSCHULTE)
Angenehme, behauchte Stimme von John Karayiannis, glasklar intoniert mit präzisen Verzierungen im letzten Teil. Song Marke Lagerfeuer. Nicht mehr, nicht weniger. Zu wenig für den Großteil Europas. (c) APA/EPA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
Monika Kuszynska war vor allem im ersten Refrain mit wackeligen Tönen unterwegs. Der Song ist gerade im Final-Vergleich ziemlich öde. Die stärkste Stelle vor dem letzten Refrain leider sowohl Kuszynska als auch die Backings ein bisserl in den Gatsch gegriffen. Schade drum! (c) APA/EPA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
Personalkontingent ausgeschöpft - sechs Mann/Frau auf der Bühne. Der Song hebt sich ab vom Rest, hat einen angenehmen Sound, auf aber Dauer fad. Die Sänger von Electro Velvet hatten aber keine Chancen ihre Fähigkeiten wirklich zu zeigen - vor allem Alex Larke musste meistens in den Tiefen grundeln. Blinke-Effekt etwas effekthascherisch. Die Briten haben das Ergebnis erwartet. (c) APA/EPA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
Lisa Angell hat Ausstrahlung, aber mancher Blick wirkte ein bisschen verloren. Der Song hebt leider gar nicht ab. Die Trommler ein netter Effekt. Naja - Frankreich wie jedes Jahr. (c) APA/EPA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
Ann Sophie präsentierte ihre starke Stimme vor allem in den zerbrechlichen Teilen super, ganz netter Song. Bühnenshow gut, vielleicht etwas zu viel gewollt mit den Bewegungen. Der Refrain hat leider durch Geschreie gelitten und ist für den ESC zu wenig einprägsam. (c) REUTERS (LEONHARD FOEGER)
Bravo Dominic Muhrer. Super gesungen - leider letzter Platz für die Makemakes. Schwamm drüber. Muhrer muss ständig zwischen Kopfstimme und Bruststimme mit und ohne Distortion (Verzerr-Effekt) mit der Stimme wechseln - da könnte man sich schon einmal verirren, hat er aber nicht. Song ist schön, vielleicht zu unauffällig für den ESC. Seine Bandkollegen Max Christ am Playback-Bass und Flo X. Meindl am Playback-Schlagzeug konnten gar nicht patzen. Kopf hoch. (c) APA/HELMUT FOHRINGER (HELMUT FOHRINGER)
Fazit: Tolle Fans! Die Stimmung in der Stadthalle und am Rathausplatz (Mehr als 25.000 Leute bei Februarwetter) war großartig. Musikalisch: Gute Beiträge, die das Rennen auch unter sich entschieden haben. Serbien und Israel blieben am Ende dann doch etwas hinter den Erwartungen zurück - aber immerhin Top Ten, im Gegensatz zu Spanien. Solide Musik gespickt mit üblicher ESC-Fadesse. Der ORF hat aber eine großartige Show übertragen, das muss gebührend gelobt werden. (c) APA/HANS PUNZ
Die 27 Songs in der Einzelkritik
Keine Überraschungen mehr. Seit Wochen, nein Monaten wurde Mans Zelmerlöw als Sieger des Eurovision Song Contest 2015 hochgejubelt, am Ende wurde er dieser Rolle mit einer auf das Fernsehen zugeschnittenen Performance, die sich mit ihrer Strichmännchen-Interaktion deutlich von anderen abhob, gerecht. Die Wettquoten schlugen deutlich in seine Richtung aus - auch Conchita Wurst war im Vorjahr Favorit der Buchmacher. Den Sieger bereits im Vorfeld zu kennen, wie es in den vergangenen Jahren der Fall war, nimmt natürlich Spannung aus der Show - durch das knappe Rennen mit Russland war das heuer nicht der Fall.
Das Klischee lebt. Ja, man wollte auch das "junge Österreich" zeigen. Und doch: Bei der Eröffnung sangen die Sängerknaben und spielte das ORF-eigene Radio-Symphonieorchester. Der Rapper Left Boy, der sich bei Konzerten in Österreich als Künstler aus New York ansagen lässt, als "junger" Beitrag? Und dazu noch playback? Es gäbe Alternativen. Einige davon haben wir in der Vorausscheidungsshow "Wer singt für Österreich?" gesehen.
Der Song Contest ist auch politisch. Bei zwölf Punkte-Verkündungen für die russische Kandidatin Polina Gagarina, die sich mit Zelmerlöw ein Kopf-an-Kopf-Rennen lieferte, wurden Buhrufe immer lauter - bis Moderatorin Alice Tumler das Publikum ermahnte und Conchita Wurst Partei ergriff. Sie setzte sich zu Gagarina: Eine Schwulenikone als Beistand im russischen Fernsehen, das sieht man nicht alle Tage. Am Ende war die Erleichterung doch groß, dass Russland, auch wenn sich Gagarina den Sieg ebenso verdient hätte, nicht gewann. Den Contest, der sehr viele schwule Fans hat, im homophoben Russland auszutragen, wäre schwierig. Politik gab es beim Song Contest immer - in verschiedenen Schweregraden. Wieder stärker politisiert wurde der ESC auch durch Wursts Sieg im Vorjahr. Heuer gab es auffallend viele Aufrufe zur Toleranz und Akzeptanz im Teilnehmerfeld. Die European Broadcasting Union (EBU) hat die Buh-Rufe im Vorfeld des Finales scharf verurteilt. Fraglich ist, ob sie sich etwas einfallen lassen muss, um solche zumindest im Fernsehen auszublenden.
Es geht doch um Musik. Natürlich um Pop, aber auch aktuelle musikalische Strömungen finden Eingang in den Song Contest, wie Belgiens und Lettlands Beitrag zeigen. Beide schnitten überraschend gut ab: Belgiens Kandidant Loic Nottet kam auf Platz vier, Lettlands Kandidatin Aminata auf Platz sechs. Das mag auch den Jury-Wertungen zu verdanken sein, die zur Hälfte in die Endwertung einfließen. Durch sie fällt auch die "Nachbarschaftshilfe" bei der Punktevergabe weniger deutlich aus als noch in den Neunzigern. Das ist erfreulich. Dass zwei Länder disqualifiziert werden mussten, allerdings weniger.
Rock hat es schwer. Das zeigten die Null Punkte für die Makemakes, die mit einem schönen Song im Stile von Coldplay antraten und einen soliden Auftritt absolvierten. Als Gastgeber bekäme man immer Punkte, hieß es im Vorfeld. Falsch.
Conchita Wurst hat Weltstar-Potential. Die Siegerin des Vorjahres erwies sich als hervorragende Moderatorin, der nie auch nur ein ansatzweiser peinlicher Sager entschlüpfte. Mit ihrer Souveränität ließ sie das Moderatorentrio Arabella Kiesbauer, Mirjam Weichselbraun und Alice Tumler teilweise blass aussehen. Man merkte, dass sie das ganze Jahr Auftritte auf dem roten Teppich absolviert hat. Jetzt fehlen nur noch ein paar welthittaugliche Songs. Nur schade, dass der ORF ihren Auftritt vor dem Voting nicht zeigte. Die deutschen Nachbarn blieben dran.
Das Wetter ist immer ein Unsicherheitsfaktor. Es hat geregnet und war kalt. Sehr kalt für den Wonnemonat. Trotzdem kamen 25.000 Leute zum Finale auf den Rathausplatz, das Public Viewing musste daraufhin geschlossen werden. Angesichts dieser Zahlen kann Wien froh sein, kein freundlicheres Wetter gehabt zu haben.
Viel Stress ist für die TV-Zuseher nicht sichtbar. Die Teilnehmer sind bereits im Vorfeld des Eurovision Song Contest wahnsinnig eingespannt: Sie touren durch die Teilnehmerländer. In der Song-Contest-Woche absolvieren sie zwei Shows pro Tag, zusätzlich dazu noch Live-Auftritte in Clubs. Ermüdungserscheinungen waren den meisten trotzdem nicht anzumerken, das verdient Hochachtung.
So freundlich war Wien noch nie. Österreich, vor allem Wien, hat die Gelegenheit wahrgenommen, sich in positives Licht zu stellen. "Nach dem Ende des Song Contests kehrt Österreich wieder zum Alltag zurück und wird ab sofort wieder dieselbe, ganz normale homophobe Bananenrepublik wie vor dem Bewerb", schreibt die Satireseite "Tagespresse" und hat damit nicht ganz Unrecht. Österreich hat bezüglich der Gleichstellung Homosexueller durchaus noch Aufholbedarf, wie auch der Blick nach Irland zeigt.
Der Song Contest war gut organisiert. Das hört man auch von den Journalistenkollegen, die jedes Jahr zum Song Contest fahren. Der ORF stellte für Journalisten genug Arbeitsplätze bereit, die Schlangen vor der Stadthalle waren überschaubar. An- und Abreise verliefen ohne Probleme. Das ist auch der Infrastruktur Wiens zu verdanken. Der Song Contest darf als Erfolg für den ORF, insbesondere für Generaldirektor Alexander Wrabetz und Fernsehchefin Kathrin Zechner verbucht werden. Das stärkt deren Ausgangsposition für die (Wieder-)Wahl des ORF-Generaldirektors im kommenden Jahr.
Journalisten dürfen "embedded" sein. Fantum und Journalismus verschwimmen, aber beim Song Contest macht das nichts. Auch im Pressezentrum wehen Flaggen in Landesfarben und Wangen werden bemalt. Man darf hier Fan sein, sollte es sogar. Schließlich muss - und soll man - den ESC nicht ganz so ernst nehmen. Es handelt sich beim Song Contest um eine Unterhaltungssendung. Nur eben eine sehr große.
Österreich ist nun offiziell auf dem 26. Platz, denn bei Punktegleichheit liegt jener Teilnehmer vorne, der einen früheren Startplatz hat. In der Finalnacht hatten die Makemakes noch die rote Laterne.
Der Auftritt von Conchita Wurst wurde im ORF nicht gezeigt. "Damit präsentiert sich der ORF wieder einmal als Mischung aus russischem Staatsfernsehen und deutschen Privatsendern", sagte ihr Manager.
Die Schweden müssen das Wettsingen 2016 zum bereits zweiten Mal in vier Jahren stemmen. Die ORF-Spitze nutzt den Rückenwind des Bewerbs für ihr Wahlkampfjahr, und die Makemakes sind tapfere Verlierer mit Humor.
Mans Zelmerlöw gewann für Schweden zum sechsten Mal den ESC. Russland wurde Zweiter, Italien Dritter. Den letzten Platz teilen sich Österreich und Deutschland.
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