Die Präsidiale schloss sich der Ansicht an, dass ein Wechsel auch während der Legislaturperiode zulässig ist.
Beim Wechsel der Mandatare Marcus Franz und Georg Vetter vom Parlamentsklub des Teams Stronach zur ÖVP sind nun alle Hürden ausgeräumt. Die Präsidiale am Montag folgte der Rechtsansicht des Rechts- und Legislativdienstes des Parlaments, wonach dies auch während der Legislaturperiode (und nicht nur zu Beginn) zulässig sei, wie Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) erklärte.
Beschlossen wurde zudem die neue Sitzordnung, die beiden Abgeordneten wechseln auch räumlich auf die Seite der ÖVP. Keine Auswirkungen hat die Rochade auf die Besetzung der Ausschüsse und die Verteilung der Redezeit im Plenum des Nationalrats, so Bures.
SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder gab sich damit zufrieden. "Die Sache ist damit aus meiner Sicht geklärt", sagte er. Schieder hatte die Sonderpräsidiale verlangt, um "die geschäftsordnungsrechtliche Dimension und organisatorische Fragen dieses Wechsels" zu diskutieren.
Dass Politiker die Farben wechseln, ist in Österreich nichts Neues. Und gerade das Team Stronach hat ordentlich Erfahrung damit. Aktuell aber erlebt Franks Truppe im Nationalrat ein Deja vu der anderen Art: Erstmals fischt nicht sie in fremden Gewässern, sondern verliert mit Georg Vetter und Marcus Franz selbst zwei Mitglieder an eine andere Fraktion, die ÖVP.Ein Blick auf die politischen Farbwechsel der jüngeren Vergangenheit. (Bild: Vetter, ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka, Franz) APA/HANS KLAUS TECHT
Vor der Nationalratswahl 2013 war Frank Stronach regelrecht auf Abgeordnetenjagd in den Rängen des Nationalratssitzungssaals gegangen. An Bord holte er Robert Lugar, Erich Tadler, Christoph Hagen, Elisabeth Kaufmann-Bruckberger, Martina Schenk und Stefan Markowitz (alle Ex-BZÖ) sowie Gerhard Köfer (ehemals SPÖ). Aus der (Wiener) ÖVP holte Stronach Jessi Lintl und Leo Steinbichler. Hans Mayr, Stronach-Landesrat in Salzburg, war in Goldegg Bürgermeister auf einer ÖVP-Liste. In Kärnten wechselte Karl Markut von der SPÖ zum Stronach-Team und ist dessen einziger Bürgermeister (in St. Georgen im Lavanttal). APA/GEORG HOCHMUTH
Abseits des Team Stronach sorgte in Wien der Farbwechsel von Senol Akkilic (Bild) für Aufsehen. Er wechselte im Rathaus von Grün zu Rot und wurde Zünglein an der Waage im Wahlrechtsstreit. Die Hauptstadt-Grünen sind derlei Kummer insofern gewohnt, als ihnen 2005 Günther Kenesei in Richtung ÖVP abhandenkam und 2010 Stefan Schennach zu den Roten wechselte.
Einen Spezialfall stellt der vormalige ÖVP-Mandatar Wolfgang Aigner (Bild) dar. Er hat die Wiener Volkspartei verlassen und kooperiert seither mit den Freiheitlichen, ist aber nicht Mitglied von deren Klub. Ähnliches geht im Kärntner Landtag vor, wo Siegfried Schalli (hauptsächlich aus privaten Gründen) das Team Stronach verlassen hat und nun auf die Infrastruktur der FPÖ zurückgreifen kann. Dass er nicht in den blauen Klub kam, hat allerdings einzig als Grund, dass dies die Geschäftsordnung nicht erlaubt.
In Tirol machte sich Fritz Dinkhauser, langjähriger ÖVP-Arbeitnehmervertreter, mit seiner eigenen Liste Fritz selbstständig. Seit der vergangenen Wahl gibt es dort eine neue schwarze Abspaltung, "Vorwärts Tirol", die sich mittlerweile freilich gleich noch einmal gespalten hat. Das Ursprungsprojekt unterstützt wurde jedenfalls von einer prominenten Ex-ÖVP-Landesrätin, nämlich Anna Hosp, sowie von einem früheren SPÖ-Landesrat Hans Lindenberger. APA/ROBERT PARIGGER
Richard Lugner holte für sein letztlich gescheitertes Projekt "DU" einige freiheitliche Nationalratsabgeordnete ins Boot, unter anderem Heinz Anton Marolt (rechts im Bild), Vater der medial gehypten "Dschungelcamperin" Larissa Marolt.Ungewöhnlich war ein Wechsel in der Kärntner Gemeinde Rosegg. Die ehemalige FPÖ-Gemeinderätin Theresia Kleinberger kandidierte zuletzt für die Grünen. Auch die Neos wurden im freiheitlichen Lager fündig. Der Wolfsberger Gemeinderat Heinz Hochegger trat für die Pinken an und bescherte denen in der Bezirkshauptstadt landesweit ihr bestes Ergebnis. APA
Der wohl prominenteste Wechsel aber betraf Karl-Heinz Grasser. Gemeinsam mit Susanne Riess-Passer und Peter Westenthaler gerade im Streit aus der FPÖ geschieden, ließ sich der damalige Finanzminister 2002 von der ÖVP als Lokomotive für den Wahlkampf einspannen und konnte dank ihr sein Amt auch sichern. Parteimitglied war Grasser in der ÖVP freilich nie, worauf auch heute seitens der Volkspartei gerne gepocht wird. APA
Von Grasser bis Franz: Wenn Politiker die Farbe wechseln
Lopatka: Keine weiteren Zugänge geplant
Reinhold Lopatka (ÖVP) zeigte sich zufrieden, hatte er doch schon zuvor auf die 2013 novellierte Geschäftsordnung verwiesen. Diese schränkt eine Klubgründung zwar auf den ersten Monat nach Konstituierung des Nationalrats ein, nicht aber den Ein-, Aus- oder Übertritt der Abgeordneten. Weitere Mandatare in den ÖVP-Klub zu holen, plane er nicht, sagte er auf eine entsprechende Frage. Mit dem Wechsel hat die ÖVP nur noch drei Mandatare weniger als die SPÖ.
Weitere Grundsatzdiskussionen in der Frage solcher Wechsel sind möglich, befasst wird damit das Geschäftsordnungskomitee, sagten Schieder und Bures nach der Präsidiale. Es gehe um das Spannungsfeld zwischen verfassungsrechtlich geschütztem freien Mandat und der Entsprechung des Wählerwillens, so die Präsidentin. Denkbar sei etwa, dass man einen Wechsel künftig nur mit Nationalratsbeschluss erlauben könnte.
Beschäftigungsverhältnisse werden geprüft
Der "Kurier" berichtete indes von "Vetternwirtschaft" der beiden übergetretenen Abgeordneten bei ihren parlamentarischen Mitarbeitern. Um das Verbot der Beschäftigung von Verwandten zu umgehen, soll Franz den Sohn Vetters und Vetter die Ordinationshilfe Franz' zumindest in der Vergangenheit auf Parlamentskosten angestellt haben.
Die Parlamentsdirektion werde die Rechtmäßigkeit dieser Beschäftigungsverhältnisse nochmals prüfen, sagte eine Sprecherin dazu am Montag. In der ÖVP beschränkte man sich auf die Auskunft, dass man von einem rechtskonformen Vorgehen ausgehe.
Franz stehe für "christlich konservativ" und Vetter verstärke den liberalen Flügel, erklärt Klubchef Lopatka. Für SPÖ und Grüne zeigt die Entscheidung, dass die ÖVP "reaktionär wie eh und je" sei.