Blattschuss mit dem Asylthema durch den blauen Antirebellen

(c) APA/HERBERT NEUBAUER
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An der Spitze der Rekordprotestlawine steht mit Manfred Haimbuchner just ein ruhiger FPÖ-Sacharbeiter.

Linz. Die FPÖ hätte den Ort ihrer Feier kaum symbolträchtiger wählen können. Im Ars Electronica Center in Urfahr, auf der anderen Seite der Donau, mit Blick hinunter auf die Stadt – und hinab auf das Heinrich-Gleißner-Haus der ÖVP, mit guter Sicht auf das Transparent Josef Pühringers, das dort an der Fassade hängt. Dort, wo seit dem Durchsickern erster Tendenzen Grabesstille herrscht. Bei der FPÖ jedenfalls herrscht schon ab dem Nachmittag Feierlaune. „Ich bin schon ganz aufganslt“, sagt einer, ein anderer trägt zwei Zigarren in der Brusttasche, „wenn wir den Dreier knacken“, sagt er.

Dass das offenbar geschehen ist, überrascht dann selbst Manfred Haimbuchner. Mit „Mandi, Mandi“-Sprechchören empfängt ihn die Partei – von Alten in Tracht bis zu kurz geschorenen Jungen – einer davon sogar in Bundesheer-Uniform. Mit einem Seidel in der Hand zieht Haimbuchner ein, vor einem Monitor mit Ergebnissen murmelt er nur noch „Wahnsinn“. „Diese Zugewinne überraschen selbst mich“, sagt Haimbuchner zur „Presse“. Dass vier Parteien gegen ihn gehetzt hätten, sei zu wenig gewesen. Er wolle nun „niemanden ausgrenzen. Jetzt geht's ans Arbeiten.“

Der Vater war lang FPÖ-Bürgermeister

An diesem Sonntag krönt der erst 37-jährige Haimbuchner eine politische Karriere, die ihn bisher nur nach oben geführt hat. Er trat im schwarz-blauen Wendejahr 2000 der FPÖ bei. Die politische Laufbahn begann während seines Jusstudiums an der Linzer Universität 2003 – an einem Tiefpunkt für die oberösterreichische FPÖ. Diese war vor zwölf Jahren bei der Landtagswahl 2003 nach dem FPÖ-Putsch von Knittelfeld von 20,6 auf 8,4 Prozent abgestürzt. Die freiheitliche Politik hat Haimbuchner schon von der Wiege auf mitbekommen. Vater Lambert war 24 Jahre lang FPÖ-Bürgermeister von Steinhaus bei Wels und zwölf Jahre lang Landtagsabgeordneter. Bauer wollte Manfred Haimbuchner als Kind werden. Tatsächlich steigt der Jurist über Gemeinderat (2003) und Nationalrat (2006) in die Politik ein. Schon 2009 holt er bei der Landtagswahl als Spitzenkandidat für die FPÖ den Sitz in der Landesregierung zurück.

Er ist eine Art blauer Musterschüler. Sein freundliches, korrektes Auftreten passt zum Image des Musterknaben. „Ich bin kein Rebell, das liegt mir nicht so“, räumt Haimbuchner, der verheiratet ist, heuer im Sommer selbst ein. Die freiheitliche Wahlwerbung vor der Landtagswahl war insofern stimmig: „Weil er uns versteht“, mit dem Image des Braven, der zuhört, wurde er den Oberösterreichern angepriesen. Gepunktet hat die FPÖ am Sonntag allerdings in erster Linie mit dem Law-and-Order-Kurs in der Asylpolitik („sichere Grenzen, sichere Heimat“) und als Protestpartei gegen Schwarz und Rot. Immerhin: Als Landesrat für Wohnbau und Naturschutz führt er sein Ressort ganz seinem Naturell gemäß: unspektakulär, ruhig, dennoch souverän und ohne Schnitzer. Das schließt deftige Aussprüche im Bierzeltumfeld nicht aus.

Innerhalb der Partei steigt er rasch auf. Bereits mit 31 Jahren wird Haimbuchner 2010 FPÖ-Landeschef. Er übernimmt diese Funktion von einem seiner politischen Mentoren, dem in der FPÖ weit rechts beheimateten Lutz Weinzinger. Haimbuchner ist um eine breite Basis im national-liberalen Spektrum bemüht. Er baut mit Unterstützung des Dritten Landtagspräsidenten, Adalbert Cramer, den Liberalen Klub in Oberösterreich auf, pflegt Kontakte zu Industrie und Wirtschaft, was sich nach dem Wahlerfolg für seine Partei nun bezahlt machen dürfte. Wann immer braune Rülpser oder Flecken in den blauen Reihen auftauchen, ist Haimbuchner, der Mitglied der schlagenden Verbindung Corps Alemannia ist, um Abgrenzung bemüht. Aber er lasse sich seine Partei und die „Leute aus der Mitte der Gesellschaft nicht madigmachen“. Auch ein Grund des FPÖ-Erfolgs: Als rechte Recken lassen sich die Menschen zwischen Enns und Schärding nicht hinstellen.

Hilfreich war und ist beim Aufstieg im Rekordtempo, dass Haimbuchner ab der BZÖ-Abspaltung 2005 stets zu Heinz-Christian Strache als FPÖ-Chef gestanden ist. Der Bundesobmann kann sich auf ihn verlassen, umgekehrt half Strache im Oberösterreich-Wahlkampf mehr als kräftig aus.

So mancher Tag Haimbuchners beginnt privat auf dem Hochstand. Er ist mit Herz und Seele Jäger. Diesen Sonntag hat er jedenfalls als Politiker einen Blattschuss gelandet.

AUF EINEN BLICK

FPÖ-Erdrutscherfolg. In Oberösterreich schaffte die FPÖ (laut Hochrechnung) erstmals außerhalb von Kärnten bei Landtagswahlen das Überspringen der 30-Prozent-Marke. Bisher wurde das beste Ergebnis außerhalb von Kärnten bei der Wien-Wahl im Jahr 1996 noch zu Jörg Haiders Zeiten mit knapp 28 Prozent erzielt. Zum Vergleich: In der Steiermark hat die FPÖ heuer Ende Mai 26,8 Prozent erreicht. In der blauen Hochburg St. Georgen am Fillmannsbach (Bezirk Braunau) legte die FPÖ am Sonntag um 13,3 Prozentpunkte auf 56, 6 Prozent zu.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.09.2015)

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