Karin Resetarits: Schlachthof statt Manhattan

Resetarits
Resetarits(c) Michaela Bruckberger
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Brüssel wird sie vermissen, ihr Leben zurück in Wien wird sich vor allem in St.Marx abspielen. Ein Cityguide durch das frühere Schlachthofgelände, auf dem Karin Resetarits ein weiteres Restaurant eröffnen wird.

Ein paar Tische weiter sitzen Stermann und Grissemann bei einem Mittagessen, die hier im „Media Quarter Marx“ ihr „Willkommen Österreich“ aufzeichnen. An sich wäre es gemütlich im Gastgarten der „Restauration“, wäre da nicht der Lärm der Baustellen, die nebenan und gegenüber im Gange sind. „Noch ist es laut“, sagt Karin Resetarits bei einer Melange. So laut, dass die Noch-EU-Parlamentarierin und Inhaberin der „Restauration“ manchmal Sätze wiederholen muss. Aber irgendwann wird es hier dank weitgehender Verkehrsfreiheit ziemlich idyllisch sein, glaubt sie. Dann, wenn die Baustellen verschwunden sind, die das noch ziemlich verwaiste frühere Schlachthofareal in Wien-Landstraße fit für das geplante pulsierende Quartier für Filmstudios und andere medienaffine Firmen machen.

Eben hat Resetarits ihre Wohnung in Brüssel aufgegeben, ihr EU-Mandat läuft aus, jetzt ist sie – mit ein wenig Fernweh – wieder zurück in Wien. Und St.Marx wird in ihrem Wien keine unbedeutende Rolle spielen, will sie sich doch endlich um ihr Lokal kümmern, das sie während ihrer EU-Parlamentsjahre vernachlässigt hat. „Ich war“, sagt sie, während sie in Richtung Rinderhalle spaziert, „keine sehr vorbildhafte Chefin.“

Frisch renoviert steht die denkmalgeschützte Rinderhalle da – und leer. Noch immer. Wer hier nicht schon aller einziehen hätte sollen: Labors, Forschungseinrichtungen, auch eine Mumok-Dependance war im Gespräch. Entschieden ist noch nichts. Die Immobilienentwicklung St.Marx erarbeitet derzeit ein Nutzungskonzept, das im Herbst präsentiert werden soll. „Die Stadt lässt sich viel zu lange Zeit“, kritisiert Resetarits. Wie es ihr in Wien oft „überhaupt viel zu langsam geht“. Mit der Rinderhalle verbindet sie aber auch Familiengeschichte: Als ihre Vorfahren im Zweiten Weltkrieg aus Bosnien flüchten mussten, landeten sie in der Rinderhalle, einem damaligen Flüchtlingslager. Das war im Oktober 1944, „und genau sechzig Jahre später habe ich hier mein Lokal eröffnet“. Ihr Wunschstandort war das ehemalige Schlachthofareal ja eigentlich nicht. Vielmehr war ihr großer Traum, erzählt Resetarits gerne, ein eigenes Restaurant in New York. Aber vorher hier in St. Marx zu üben kann ja nicht schaden, sagt sie lächelnd.

„Tribequa“ statt „Tribeka“. Geübt wird ab Herbst doppelt: Schräg gegenüber von ihrer Restauration wird gerade ein Backsteinhaus umgebaut. Im Erdgeschoß wird sie eine Pizzeria eröffnen, die „Tribequa“ heißen wird. In Anlehnung an das New Yorker Tribeka. Das „qua“ stammt von der Helmut-Qualtinger-Straße, die am Areal verläuft. Weil Pizza „so eine Männergeschichte“ ist, plant sie, quasi als Frauenprogramm, ein weiteres Lokal: genau gegenüber der Restauration (derzeit ein riesiges Baustellenloch), wo ein weiteres Gebäude des Media Quarters entsteht. Mit leichten Speisen, Suppen, Salaten. Mit drei Lokalen wäre sie dann, wie sie selbst sagt, so etwas wie die gastronomische „Platzhirschkuh“ in der Gegend, „denn sonst gibt es hier ja nichts“. Und sollte sich tatsächlich ihr Exarbeitgeber, der ORF, hier ansiedeln, wäre das „eine Riesenvitaminspritze“. Da in der Gegend auch Wohnanlagen entstehen, will Resetarits künftig auch abends und an Wochenenden geöffnet halten. Bisher lebt ihr Lokal vom Mittagsgeschäft, wenn Biocluster- und T-Mobile-Mitarbeiter hier essen. Letztere arbeiten in einem riesigen „Ozeandampfer“ (von den Architekten Domenig, Eisenköck und Peyker) am Rand des Geländes, der sich gut mit dem historischen St. Marx ergänzt, findet sie. Auf der anderen Seite des Rennwegs schätzt die Ex-ORF-Moderatorin den „St. Marxer Friedhof“ – „ein schöner Ort, den die Wiener kaum besuchen“.

Insgesamt sei das St.-Marx-Gelände „eine der schönsten unbekannten Kombinationen von Historischem und Modernem in der Stadt“. Auch am ehemaligen Meat Market in New York ist „eine sehr lebendige Szenen entstanden“. So wie es hier auch gelingen soll. Eine Parallele zu St. Marx, Wien also. Immerhin.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.05.2009)

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