Draghi hält den Geldhahn offen

European Central Bank (ECB) president Mario Draghi addresses a news conference after a meeting of the ECB Governing Council in St Julian´s, outside Valletta
European Central Bank (ECB) president Mario Draghi addresses a news conference after a meeting of the ECB Governing Council in St Julian´s, outside Valletta(c) REUTERS (DARRIN ZAMMIT LUPI)
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Die europäische Zentralbank will im Dezember prüfen, ob sie die milliardenschweren Anleihenankäufe ausweitet.

Malta. Die Europäische Zentralbank (EZB) hält an ihrer Niedrigzinspolitik fest – alles andere wäre auch eine handfeste Überraschung gewesen. Bei seiner auswärtigen Sitzung auf Malta beschloss der EZB-Rat, den Leitzins im Euroraum auf dem Rekordtief von 0,05 Prozent zu belassen.

Viel interessanter ist indes, wie EZB-Chef Mario Draghi die Konjunktur und damit das gewaltige Staatsanleihen-Kaufprogramm sieht, das über Geschäftsbanken in Form von Krediten bei Unternehmen und Verbrauchern ankommen soll. Das soll Investitionen und Konsum anschieben und so die Konjunktur in Schwung bringen und die Inflation anheizen. Bisher hat die EZB in diesem Rahmen allein Staatsanleihen im Gesamtvolumen von knapp 371 Mrd. Euro erworben. Bis September 2016 sollen 1,1 Billionen Euro fließen – mindestens. Aber das Geld hat bisher nur wenig bewirkt.

Ölpreis drückt die Inflation

Und die Teuerung im Euroraum ist weiterhin weit vom EZB-Ziel von knapp unter 2,0 Prozent entfernt. Im September gab es sogar eine Deflation von 0,1 Prozent nach einer Mini-Inflation von 0,1 Prozent im August – vor allem, weil die Ölpreise erneut abstürzten, wie Draghi am Donnerstag betonte.

Aus dem komplizierten Notenbanker-Jargon Draghis ließ sich heraushören, dass eine Ausweitung der Geldschwemme möglich ist. Volkswirte interpretierten Draghis Aussagen zumindest dahingehend, die EZB habe die Tür für eine Ausweitung ihres ohnehin schon groß angelegten Anleihe-Kaufprogramms weit geöffnet. Bei der Sitzung im Dezember werde geprüft, ob die Geldpolitik die Konjunktur ausreichend stimuliere, sagte Draghi. „Der EZB-Rat ist gewillt und in der Lage zu handeln, indem er alle Instrumente nutzt.“ Das Programm könne auch über den September 2016 hinaus laufen, bis die EZB eine nachhaltige Anpassung der Inflation sehe.

Volkswirte reagierten gemischt. Michael Schubert von der Commerzbank meint: „Eine große Überraschung ist bei Draghis Aussagen für uns nicht dabei, da wir schon vorher den Dezember als Datum für eine mögliche Änderung erwartet hatten.“

„Noch mehr billiges Geld – erneut ist eine geldpolitische Lockerung zu befürchten“, reagierte Andreas Bley von BVR skeptisch. Die von Draghi für Dezember in Aussicht gestellte Entscheidung berge mehr Risken (Vermögenspreisblasen) als Vorteile. (Reuters/eid)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.10.2015)

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