Integration: Familiennachzug ist „gar nicht das Thema“

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In Wien findet eine Zwölf-Länder-Konferenz statt. Der deutsche Regierungsbeauftragte Özoguz ist für schnellere Verfahren.

Wien. Je mehr Erfahrung ein Land mit Einwanderung schon hat, desto weniger Ängste gibt es – das ist eine Formel, die Aydan Özoguz immer wieder bestätigt sieht. „Dort, wo wenig Einwanderer sind, sind auch die Vorbehalte am größten“, sagte die Beauftragte der deutschen Regierung für Migration, Flüchtlinge und Integration am Montag bei einem Pressegespräch in Wien. Das, meint sie, habe sich auch bei der Integrationskonferenz mit Vertretern aus zwölf Staaten wieder gezeigt, zu der Österreichs Außen- und Integrationsminister Sebastian Kurz geladen hat.

Deutschland steht mit Schweden und Österreich in Sachen Integration vor großen Herausforderungen, weil sie die Zielländer vieler Flüchtlinge sind. Schweden war bei dem Treffen am Montag, das dem Erfahrungsaustausch dienen sollte, mit Arbeitsministerin Ylva Johansson hochrangig vertreten. Mit dabei waren auch die baltischen Staaten, die USA, Norwegen, Liechtenstein, Griechenland, Tschechien, Portugal und die Schweiz.

Özoguz gestand ein, dass in Deutschland „der Wunsch in der Bevölkerung spürbar ist, den Zustrom einzudämmen“. 7000 bis 10.000 Flüchtlinge kommen täglich in Deutschland an. Deshalb drängt die Migrationsbeauftragte der Regierung vor allem auf schnellere Verfahren, um entscheiden zu können, wer eine Bleibeperspektive habe, und und wer nicht. „Das müssen wir schneller sortieren.“

Auch von deutscher Seite wird die Unterstützung der Menschen in den Herkunftsregionen, vor allem in der Türkei, als besonders wichtig erachtet: „Viele Flüchtlinge haben uns gesagt, dass sie die Region gar nicht unbedingt verlassen wollten, und es gibt viele, die die Hoffnung noch nicht aufgegeben haben zurückzukehren“, sagt Özoguz.

„Falsches Signal“

Gleichzeitig müsse man sich fragen, ob man mit Maßnahmen nicht manchmal auch das falsche Signal setze, sagt die Integrationsbeauftragte – Stichwort Familiennachzug: Dieser gehe nur sehr langsam voran und sei „gar nicht das Thema“. Politiker wie der deutsche Innenminister, Thomas de Maiziére, hatte sich in einem Vorstoß für die Begrenzung des Familiennachzugs ausgesprochen, um die Zuwanderung aus Syrien zu begrenzen. Özoguz sagt dagegen, es sei falsch zu behaupten, dass der Familiennachzug in großen Zahlen stattfinde. „Wenn man sich heute bewirbt, bekommt man in acht Monaten einen Termin bei einer Botschaft, um das zu beantragen.“ Die Ankündigung, den Familiennachzug zu begrenzen, könne genau zum gegenteiligen Effekt führen: „Dann werden Mütter mit ihren Kindern doch noch losziehen, um irgendwie nach Europa zu ihren Partnern zu kommen.“ Man müsse sich daher sehr genau überlegen, welche Signale man aussende und an welcher Stelle man etwas einschränken könne. Und: Gerade die Flüchtlinge aus Syrien kämen wirklich aus einem Krieg und hätten ein Anrecht auf Schutz.

Außenminister Kurz plädierte bei der Konferenz erneut für einen besseren Schutz der EU-Außengrenzen. Das sei „die Basis eines Europa ohne Grenzen nach innen“. Bei der Integration der Flüchtlinge gehe es vor allem darum, „den sozialen Frieden in unseren Gesellschaften aufrechtzuerhalten“. Erneut verwies er in diesem Zusammenhang auf drei Eckpunkte: Erlernen der Sprache, Zugang zum Arbeitsmarkt und Vermittlung der Grundwerte. Zu den Ergebnissen der Konferenz hieß es im Außenministerium, man wolle sich weiter austauschen. (raa)

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.11.2015)

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