Illegale Begräbnisse auf Lesbos

Lost
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Ein fünfköpfiges Wiener Kollektiv erzählt in „Lost“ Einzelschicksale von Flüchtlingen.

Wien. In den Medien, sagt Franziska Tschinderle, sei ja immer von einer Flut oder Welle die Rede. „Das klingt nach Umweltkatastrophe – und schürt natürlich auch Ängste.“ Welche Einzelschicksale hinter der Flüchtlingskrise stecken, das will sie gemeinsam mit vier Kollegen in einem Buch mit Essays, Reportagen und Porträts zeigen.

Einige Geschichten dafür waren geplant, andere hätten sich im Zuge der Recherche ergeben. Etwa auf Lesbos, wo die Leichen 70 Ertrunkener seit Wochen im Kühlhaus lagern und wegen fehlenden Friedhöfen nicht bestattet werden können. Von „doppeltem Leid“ spricht Tschinderle – jenem der Toten selbst und jenem der Angehörigen, die versuchen, ihre Toten zu begraben (am Ende findet ein Begräbnis illegal statt, in einem Olivenhain).

Insgesamt steht hinter dem Buchprojekt „Lost. The Story of Refugees“ ein Kollektiv von fünf Freiberuflern (neben der freien Journalistin Tschinderle die Fotografen Martin Valentin Fuchs und François Weinert, dazu Simon Hellmayr als Organisator und Maximilian Schnürer als Artdirector), die allesamt entweder beruflich oder durch privates Engagement schon mit Flüchtlingen zu tun hatten, als sie sich bei einem Projekt in Traiskirchen kennenlernten. „Wir haben dort für einen Auftrag drei Tage lang verschiedene Leute porträtiert, und die Geschichten haben uns so gefesselt, dass wir auch die Route der Menschen dokumentieren wollten“, sagt Tschinderle.

Über Slowenien, Kroatien und Ungarn bis nach Lesbos führte sie die Spurensuche. Eine zugehörige Ausstellung ist u. a. bis 21. Jänner in der Fotogalerie Herr Leutner (7., Westbahnstraße 27–29) und von 12. bis 28. Februar in der Linzer Tabakfabrik zu sehen. Der Erlös des Buches, das mit Sponsoren realisiert wurde, geht an Integrationsprojekte der Caritas. (tes)

Zum Buch

„Lost. The Story of Refugees“
Erhältlich um 30 Euro bei Herr Leutner, Phil, MQ, Kunsthalle Wien oder unter www.refugeeslost.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.12.2015)

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