OMV: „Staat muss Einfluss behalten“

Die OMV-Raffinerie in Schwechat. Geht es nach den Plänen von OMV-Chef Rainer Seele, soll hier bald der russische Gazprom-Konzern das Sagen haben.
Die OMV-Raffinerie in Schwechat. Geht es nach den Plänen von OMV-Chef Rainer Seele, soll hier bald der russische Gazprom-Konzern das Sagen haben.(c) Bloomberg (Akos Stiller)
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Das von OMV-Konzernchef Rainer Seele geplante „Tauschgeschäft“ mit der russischen Gazprom stößt bei Wirtschaftsvertretern wie Hannes Androsch und Claus Raidl auf heftige Kritik.

Wien. Wenn es um heimische Industrieperlen in Staatsbesitz geht, dann reagieren nicht nur SPÖ-Granden, die traditionell dem Staat als Unternehmer viel abgewinnen können, äußerst sensibel. Der geplante Umbau in der OMV mit dem von OMV-Boss Rainer Seele angedachten Verkauf von Vermögensteilen an die russische Gazprom im Gegenzug für eine Beteiligung an einem Gasfeld in Sibirien löst auch in der schwarzen Reichshälfte heftige Reaktionen aus.

„Ein Wahnwitz“, wettert Hannes Androsch und stärkt seiner Gesinnungskollegin Brigitte Ederer den Rücken. Die ehemalige SPÖ-Staatssekretärin, Siemens-Topmanagerin und ehemalige ÖIAG-Aufsichtsrätin, die nunmehr die ÖBB präsidiert, hat in einem Interview mit dem „Standard“ vor der „kalten Privatisierung“ der OMV gewarnt. Sie fürchtet, dass à la longue das Öl- und Gasgeschäft der OMV an die Gazprom gehen und die Kunststofftochter Borealis der Staatsfonds Ipic aus Abu Dhabi kassieren werde, der 24,9 Prozent an der OMV hält.

Dem einstigen SPÖ-Finanzminister und nunmehrigen Industriellen Androsch gehen bei den OMV-Plänen gleich mehrere Fakten gegen den Strich: Zum einen warnt er vor einem Einstieg der Gazprom und verweist – wie übrigens auch Ederer – auf das „schlechte Beispiel Telekom Austria“: Dort habe Österreich nach dem Einstieg von América Móvil nicht nur die Kontrolle verloren – inzwischen beschränke sich die Mitsprache auch auf ein Minimum. „Die Schweiz macht das nicht – sie hat ihre Industrie-Assets nicht aus der Hand gegeben, obwohl sie ja landläufig als liberaler als Österreich gilt“, kann Androsch im Gespräch mit der „Presse“ einen gewissen Zynismus nicht verbergen.

Generell sei er, Androsch, schon der Meinung, dass sich der Staat aus der Wirtschaft weitgehend heraushalten solle. Aber wenn es um die Infrastruktur und vor allem die Versorgung des Landes geht, dann sei Schluss mit lustig. „Das darf ein Staat nicht aus der Hand geben, da muss er seinen Einfluss behalten.“

„Versorgung sichern“

Genau das könnte aber nun bei der OMV passieren: Denn es ist geplant, dass ein Minderheitsanteil an dem in der Konzerntochter Gas Connect Austria gebündelten heimischen Gasleitungsnetz, das eine Drehscheibe für die gesamte Gasverteilung in Europa darstellt, der Gazprom oder einem anderen Investor überlassen wird. Im Gegenzug will die OMV 25 Prozent an dem Gasfeld Urengoy in Westsibirien erwerben. Der Asset Swap könnte darüber hinaus auch eine Beteiligung der Russen an den Raffinerien in Schwechat und im bayerischen Burghausen umfassen. Zu diesem Zweck sollen sie in eigene Gesellschaften ausgelagert werden, wie „Die Presse“ exklusiv berichtet hat (16. Dezember).

Warnende Töne dazu kommen auch aus dem bürgerlichen Lager: „Das ist ökonomisch und politisch ein Schwachsinn“, nimmt sich Claus Raidl kein Blatt vor den Mund. Der langjährige Boss von Böhler Uddeholm, Wirtschaftsberater der ÖVP und nunmehr Notenbank-Präsident verweist ebenfalls auf den „Präzedenzfall Telekom“. „Dort haben wir – also die Staatsholding ÖBIB – bei der jüngsten Kapitalerhöhung noch 300 Millionen Euro hineingebuttert, und jetzt haben wir dort überhaupt nichts mehr zu reden“, sagt Raidl im Gespräch mit der „Presse“. Er verstehe nicht, warum man die hochprofitable Gas Connect überhaupt den Russen überlassen soll.

Holding für OMV und Verbund

Raidl spricht sich für eine Art Leitungsholding aus, unter deren Dach nicht nur die Gas Connect, sondern auch die Austria Power Grid (Betreiberin des Stromübertragungsnetzes) des Verbunds kommen sollte. Als Eigentümer der Holding sollten neben OMV und Verbund auch private Investoren fungieren, und zwar echte Kapital- und nicht Kreditgeber, so Raidl. Mit dieser Struktur würde Österreich die Mehrheit an ganz wichtigen Infrastruktur-Assets behalten, argumentiert Raidl.

Dass das – noch nicht im Detail bekannte – „Gegengeschäft“ mit der Gazprom vor allem auch die Gewerkschaft auf die Barrikaden gehen lässt, ist nicht verwunderlich. Die „Privatisierungsdesaster der 2000er-Jahre oder die leidige Telekom-Geschichte“ dürfe sich beim heimischen Energiekonzern nicht wiederholen, warnte Vida-Vizechef Roman Hebenstreit. Die Verantwortung, dass die Republik weiterhin „starke strategische Beteiligungen an Unternehmen der Daseinsvorsorge“ halte, trage nicht die ÖBIB, sondern vor allem der zuständige Finanzminister, appellierte Hebenstreit an Hans Jörg Schelling (ÖVP).

Finanzminister Schelling erklärte bereits vor Weihnachten, dass ihm noch keine konkreten Pläne über einen Asset-Tausch zwischen OMV und Gazprom vorliegen. Sobald diese Überlegungen konkret werden, werde es ein Gespräch zwischen den Eigentümern geben. Der Staat hält über die ÖBIB 31,5 Prozent des Energiekonzerns und ist mit der Ipic über ein Syndikat verbunden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.12.2015)

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