Ein missglückter Bußgang und seine Folgen

Volkswagen CEO Muller speaks at their media reception during the North American International Auto Show in Detroit
Volkswagen CEO Muller speaks at their media reception during the North American International Auto Show in Detroit(c) REUTERS (MARK BLINCH)
  • Drucken

Volkswagen. Mit einem PR-Debakel endete die US-Reise von Matthias Müller. Dabei hatte sich der Autokonzern von ihr die Wende zum Positiven erhofft. Die Fettnäpfchen des VW-Chefs sind sogar Thema der nächsten Aufsichtsratssitzung.

Wien. Am Freitag veröffentlichte der deutsche Branchenverband Acea aktuelle Zahlen zum europäischen Automarkt. Sie sehen für Volkswagen düster aus. Während die Nachfrage nach Pkw in der EU im Dezember um fast 17 Prozent anstieg, wuchs der Absatz des Wolfsburger Autokonzerns nur um spärliche fünf Prozent. Damit sank der Marktanteil im vergangenen Monat um 2,5 Prozentpunkte auf 22,5 Prozent.

Für diesen Einbruch kann man den Vorstandsvorsitzenden des Konzerns, Matthias Müller, nicht verantwortlich machen. Für die Fettnäpfchen rund um seine Auftritte in den USA anlässlich der Detroiter Autoshow muss der Deutsche jedoch nicht nur seinen Kopf hinhalten, sondern sich nächste Woche sogar vor dem Aufsichtsrat verantworten. Der Bußgang Müllers über den großen Teich, der eigentlich die ersehnte Wende im Abgasskandal bringen hätte sollen, hat sich als profunde Pleite für Volkswagen entpuppt.

Von Fragen überrascht

Begonnen hatte alles vergangenen Sonntag, als Müller bei einer Rede im Rahmen der Detroiter Messe den Emissionsskandal lediglich als „technisches Problem“ bezeichnete. Eine Wortwahl, die den anwesenden Reportern sauer aufstieß und dazu führte, dass Müller – kaum hatte er das letzte Wort gesprochen – von einer Schar von Journalisten belagert wurde. Unter anderem hielt der Journalist Sonari Glinton dem Deutschen das Mikrofon unter die Nase. Er fragte ihn, ob es sich nicht weniger um ein „technisches Problem“, sondern vielmehr um eine moralische Verfehlung von VW handle. Müller reagierte barsch. Er könne nicht verstehen, warum Glinton von einer moralischen Verfehlung spreche, entgegnete er. Vielmehr hätte VW die amerikanischen Gesetze nicht richtig interpretiert. All das Aussagen, die der ohnehin aufgebrachten amerikanischen Öffentlichkeit und den US-Behörden nicht gefielen.

Der Versuch, das mediale Desaster in einem Radiointerview mit Glinton am Folgetag einzudämmen, half da nichts mehr. Müllers reumütiger Satz „Wir akzeptieren den Verstoß (Anm.: gegen die US-Gesetze) vollkommen“, verhallte in der Häme über den sonst so penibel vorbereiteten Firmenchef.

Und dass ein Unglück selten allein kommt, bestätigte sich auch für Müller schon tags danach: Sowohl das kalifornische Umweltamt Carb als auch die US-Umweltbehörde EPA lehnten das von VW vorgelegte Konzept, wie mit den 600.000 in den USA betroffenen Autos vorzugehen sei, als „unvollständig“ und „mangelhaft“ ab. Daran konnte auch ein Treffen Müllers mit der Leiterin der EPA am Mittwoch nichts ändern. Danach fuhr der VW-Chef ernst – ohne auf Fragen von Journalisten zu antworten – mit einem Audi davon.

Zurück in Europa sah sich der VW-Boss gleich mit der nächsten Hiobsbotschaft konfrontiert: Nachdem in den USA bereits 650 Sammelklagen gegen VW eingebracht worden sind, haben sich nun auch in Europa über 60.000 Autobesitzer registriert. Sie wollen auf dieselbe Weise gegen den Konzern vorgehen. (hec)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.01.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Mud and dust cover the logo of a van manufactured by the Renault automobile company which is parked in a street in Paris
International

Abgaswerte: Renault will 15.000 Autos zurückrufen

Umweltministerin Segolene Royal kündigte an, dass die Fahrzeuge neu eingestellt werden. Die Tests seien nicht ausreichend gewesen.
Renault SA Showrooms As Emissions Testing Investigators Seize Computers From Automaker
International

Autoindustrie: Zittern vor dem wirklichen Leben

Hat auch Renault, so wie Volkswagen, bei Abgastests manipuliert – oder haben die Franzosen bei den Tests einfach nur besser getrickst als andere Autohersteller?
Renault SA Showrooms As Emissions Testing Investigators Seize Computers From Automaker
International

Renault-Razzia: Paris sieht Problem bei Genehmigungsverfahren

Die Überschreitung der Grenzwerte bei Renault sei eher "den Normen der Überprüfungen zur Last zu legen", so Umweltministerin Royal.
Der Renault-Aktie schlug am Donnerstag ein rauer Wind entgegen.
International

Autohersteller: Renault-Aktie stürzt nach Razzia ab

Gerüchte zu Ermittlungen wegen Stickoxid-Emissionen machen Renault zu schaffen, Fiat soll Absatzzahlen geschönt haben. Autowerte gaben am Donnerstag stark nach.
International

Hausdurchsuchungen bei Renault: Aktie stürzt ab

Die Aktie brach um bis zu 23 Prozent ein. Laut einem Gewerkschafter könnte die Razzia im Zusammenhang mit Stickstoff-Emissionen stehen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.