Mitterlehner forciert Ausbau von Nord Stream

MINISTERRAT: MITTERLEHNER
MINISTERRAT: MITTERLEHNER(c) APA/HERBERT NEUBAUER
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Österreichs Vizekanzler ist nicht nur gegen die EU-Sanktionen. Er befürwortete gestern in Moskau auch dezidiert den Ausbau der Ostseepipeline Nord Stream. Die Russen möchten, dass er den Rest der EU davon überzeugt.

Moskau/Wien. Was Vizekanzler Reinhold Mitterlehner in Österreich an Kritik für seinen aktuellen Russland-Besuch in Begleitung einer Wirtschaftsdelegation erntet, kriegt der bayrische Ministerpräsident, Horst Seehofer, für seine gestern gestartete Reise zu Kreml-Chef Wladimir Putin in Deutschland ab. Nur Seehofers Reaktion fiel härter aus. Als „fünftklassige Politiker“ kanzelte er die Kritiker in der Opposition und in der CDU ab: Man müsse mit Russland im Gespräch bleiben. Die Reise werde auch von der Bundesregierung unterstützt.

Bei Mitterlehner war die EU zumindest nicht dagegen. Die Neos und die Grünen, die von einem „moralischen Bruch“ der EU-Sanktionen sprechen, dafür sehr wohl.

Mitterlehner seinerseits ist gegen die Sanktionen, wie er gestern in Moskau sagte. Wie alle anderen westlichen Politiker, die das Gespräch mit Moskau suchen, knüpfte freilich auch er dies an die Umsetzung des Minsker Prozesses zur Ukraine. Und wie die meisten anderen betonte er im Rahmen seines Besuchs bei Premier Dmitrij Medwedjew Russlands wichtige Rolle bei den weltpolitischen Aufgaben.

Fokus auf Nord Stream 2

Putin würde liebend gern eine Aufhebung der Sanktionen erreichen und besprach dies vorgestern am Telefon mit Deutschlands Kanzlerin, Angela Merkel. Aber Moskau weiß auch, dass die Sanktionen im Vergleich zum Ölpreisverfall kaum zur vorjährigen Rezession beigetragen haben. Im Wissen, dass eine Sanktionserleichterung nicht so schnell zu erwarten ist, werden vorerst auf anderen Feldern Pflöcke eingerammt. So hat Mitterlehner im Rahmen der Gemischten Kommission gestern eine Ausweitung der bilateralen Modernisierungspartnerschaft vereinbart, die jetzt 26 Investitionsvorhaben umfasst.

Und Moskau seinerseits drängt im Moment stärker auf eine Einigung mit der EU in Sachen Ausbau der Ostsee-Gaspipeline Nord Stream (Nord Stream 2). „Der Widerstand einiger EU-Länder dagegen ist für Moskau wie eine nicht formelle Sanktion“, so Alexej Makarkin, Vizechef des Moskauer Instituts für Politische Technologien, zur „Presse“: „Um diesen Widerstand zu brechen, braucht Moskau Deutschland und Österreich.“ Nord Stream 2 ist nicht nur für Gazprom zentral, um seinen lukrativsten Markt, Europa, an sich zu binden, es würde auch die Ukraine schwächen, weil der jetzige Gastransit von Russlands verfeindetem Nachbarland in die Ostsee verlegt würde.

Mitterlehner, der unter anderem von OMV-Chef Rainer Seele begleitet wird, unterstützte Nord Stream 2 in Moskau dezidiert: Das werde sowohl für Russland als auch Österreich Kontinuität bringen. Nicht zufällig war er diesbezüglich stärker involviert als Seehofer. Mitterlehner traf nämlich auch Gazprom-Chef Alexej Miller und Energieminister Alexandr Nowak. Der geplante Asset-Swap mit der OMV ist angeblich nicht Hauptthema gewesen. Und Nord Stream 2? „Was sonst?“, hieß es auf Anfrage unter Nowaks Beratern. (est)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.02.2016)

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