Nach fast einwöchigen Beratungen stimmt das Parlament in Reykjavik mit 33 zu 28 Stimmen für einen Beitrittsantrag Islands an die EU. Finanzminister Sigfusson hält ein Nein der Bevölkerung aber durchaus für möglich.
Das Parlament in Reykjavik hat am Mittwoch grünes Licht für den EU-Beitrittsantrag Islands gegeben. Die Abstimmung fiel mit 33 zu 28 Stimmen deutlicher als zuletzt befürchtet aus. Ein Antrag der Mitte-Rechts-Opposition auf die Abhaltung einer doppelten Volksabstimmung erhielt dagegen keine Mehrheit. Mit Unterbrechungen wurde fast eine eine Woche lang debattiert. Zuvor war das Parlamentsvotum bereits fünf Mal verschoben worden.
Für den umstrittenen Vorschlag der sozialdemokratischen Ministerpräsidentin Johanna Sigurdardottir stimmten nach einer Marathondebatte seit vorigen Freitag 33 der 63 Abgeordneten. Zwei Mandatare enthielten sich der Stimme. Die konservative Opposition scheiterte damit mit ihrem Versuch, die Entscheidung über ein Beitrittsgesuch von einer gesonderten Volksabstimmung abhängig zu machen.
Die Inselrepublik im Atlantik könnte nach Aussagen aus EU-Kreisen bei Zustimmung aller 27 EU-Staaten zwischen 2011 und 2013 in die EU aufgenommen werden. Dann würden die Isländer in einem Referendum über den Beitritt zur Europäischen Union abstimmen. Hintergrund für das isländische Interesse an der Mitgliedschaft ist die schwere Wirtschafts- und Finanzkrise auf der Insel mit 320.000 Einwohnern. Das Land bewegt sich nach dem Zusammenbruch der großen Banken am Rand eines Staatsbankrotts.
Finanzminister befürchtet Nein der Bürger
Der isländische Finanzminister Steingrimur Sigfusson hält es für gut möglich, dass die Isländer in einem Referendum Nein zur EU sagen. Auf die Frage, ob die Bürger Islands sich im Falle einer Volksabstimmung gegen einen Beitritt zur EU aussprechen würden, sagte er: "Es besteht eine große Chance", dass dies passiere. Es stünden viele lebenswichtige Interessen des Landes auf dem Spiel.
Eine Reihe von Vertretern des Regierungslagers sprachen sich für einen Vorschlag der Opposition aus, eine gesonderte Volksabstimmung darüber abzuhalten, ob Island die EU-Mitgliedschaft überhaupt beantragen soll. Die Sozialdemokraten von Ministerpräsidentin Johanna Sigurdardottir beabsichtigten indes, den Beitrittsantrag bereits am 27. Juli nach Brüssel zu schicken. Es galt als fraglich, ob sie riskieren, den links-grünen Koalitionspartner mit Hilfe von pro-EU-gesinnten Oppositionsabgeordneten zu überstimmen.
(Ag.)