Übergangspräsident Temer ernennt keine Frau als Ministerin. Er ruft die Brasilianer nach Roussefs Amtsenthebung zur Einheit auf.
Nach der Suspendierung der brasilianischen Staatschefin Dilma Rousseff krempelt Übergangspräsident Michel Temer die Regierung um - ohne eine einzige Frau. Alle 24 Minister, die am Donnerstag im Regierungspalast ihre Ernennungsurkunden unterzeichneten sind Männer weißer Hautfarbe.
In seiner Antrittsrede als Staatsoberhaupt hatte Temer Brasilien zur Einheit aufgerufen. Die Bevölkerung müsse Zuversicht haben, dass das größte Land Lateinamerikas die schwere Krise überwinden kann, die durch die Rezession, die politische Instabilität und die Korruptionsskandale gekennzeichnet sei, sagte er am Donnerstag. "Es ist wichtig, dass wir die Nation beruhigen und Brasilien vereinigen", betonte Temer.
"Wir wollen die Arbeitslosenzahl reduzieren", versprach der bürgerliche Politiker. Er forderte seine Minister auf, eine wirtschaftsfreundliche Politik zu machen und gleichzeitig die sozialen Sicherungssysteme beizubehalten. Dialog sei der "erste Schritt", um die Herausforderungen zu meistern, um das Land voranzubringen und wieder für Wirtschaftswachstum zu sorgen.
"Sojabaron" als Agrarminister
Zum Finanzminister ernannte Temer den ehemaligen Notenbank-Chef Henrique Meirelles. Er hat nun den Auftrag, das kostspielige Pensionssystem des Landes zu reformieren. Temer selbst hatte früher angekündigt, die aufgeblähte Regierung zu verkleinern, im Sozialetat zu sparen, Staatsfirmen zu privatisieren und so das Budget des Landes wieder ins Lot zu bringen und die Rezession zu überwinden. Für Kontroversen sorgte die Entscheidung Temers, den umstrittenen "Sojabaron" Blairo Maggi zum Agrarminister zu ernennen. Der Sozialdemokrat Jose Serra wird Außenminister.
Der brasilianische Senat hatte am Donnerstag wegen Korruptionsvorwürfen den Weg für ein Amtsenthebungsverfahren gegen Rousseff freigemacht und die 68-Jährige für 180 Tage suspendiert. In dem Zeitraum soll ein Prozess im Senat klären, ob Rousseff Budgetregeln verletzt hat, um ihre Wiederwahl 2014 zu sichern. Für eine Absetzung Rousseffs ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit erforderlich.
Rousseff spricht von einem "Putsch"
Rousseff räumte zwar den Präsidentenpalast in der Hauptstadt Brasilia, sprach aber von einem "Putsch", gegen den sich ihre Landsleute erheben müssten. "Auf dem Spiel steht weniger mein Mandat, auf dem Spiel steht die Anerkennung der Wahlurnen, des souveränen Willens des brasilianischen Volkes und die Verfassung", sagte die Linkspolitikerin. Diejenigen, die bei den Wahlen gescheitert seien, seien nun "gewaltsam" an die Macht gekommen, kritisierte sie.
Mit Rousseffs Suspendierung endet nun vorläufig die mehr als 13-jährige Regierungszeit der Arbeiterpartei (PT). Brasilien steckt in der schwersten Wirtschaftskrise seit rund 100 Jahren. Für politische Turbulenzen sorgen nicht nur das Amtsenthebungsverfahren, sondern auch eine Reihe von Korruptionsskandalen um den staatlichen Ölkonzern Petrobras, in die Manager und Politiker aller Couleur verwickelt sind.
(APA/Reuters/AFP/dpa)