Die Minister sind angelobt, die Aufgaben verteilt: Drozda ist Regierungskoordinator auf SPÖ-Seite, Duzdar für Diversität zuständig. Und Mitterlehner gelobt, dass auch sein Klubchef den neuen Umgang mittrage.
Wien. Die vier Neuen von der SPÖ standen bereits in einer Reihe vor dem Bildnis Maria Theresias in der Hofburg, instruiert vom Zeremonienmeister, als ÖVP-Vizekanzler Reinhold Mitterlehner kurz vor der Angelobung noch schnell zur Begrüßung vorbeikam. Besonders herzlich fiel jene mit der neuen Bildungsministerin, Sonja Hammerschmid, aus – so nach dem Motto „Na, so sieht man sich wieder“.
Mitterlehner habe Hammerschmid als Forschungsstaatssekretärin gewinnen wollen, hieß es im Sommer 2014, als er ÖVP-Chef wurde. Seither haben die beiden regen Kontakt, Mitterlehner als Wissenschaftsminister, Hammerschmied als bisherige Vorsitzende der Universitätenkonferenz, sie war in den vergangenen Jahren auch Gast in seiner Opernball-Loge.
Drozda neuer Ostermayer
Dann schritt Heinz Fischer zur Tat und gelobte die Neuen an, begleitet von lang anhaltendem Händeschütteln seinerseits. Thomas Drozda ist nun der neue Josef Ostermayer im Kanzleramt: zuständig für Kultur und Medien und auch für die Regierungskoordination.
Er gehe davon aus, sagte Drozda, dass auch die ÖVP den neuen Stil in der Regierung verinnerlicht habe. Mitterlehner widersprach nicht. Angesprochen auf den oft querschießenden ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka meinte Mitterlehner, auch dieser werde die neue Linie nun mittragen.
Und Mitterlehner ist gewillt, diesen neuen kooperativeren Stil in seiner ganzen Partei durchzusetzen – auch gegen den Widerstand der Jüngeren in der ÖVP, die dem neuen SPÖ-Chef eigentlich nicht viel Luft lassen und mit Forderungen in die Enge treiben wollten.
Rein optisch war dieser neue Stil auch bei der Angelobung auszumachen: Mitterlehner und Kern Seite an Seite, lässig im Umgang miteinander und auch mit den anderen. Dass es nun vor allem Christian Kern sein wird, der davon in der öffentlichen Wahrnehmung profitieren wird – immerhin ist er Kanzler, ein frischer noch dazu –, ist auch Mitterlehner klar. Aber à la longue würden beiden Parteien davon profitieren, wenn es gelänge, das rot-schwarze Projekt neu aufzustellen – etwa nach dem Vorbild der steirischen Reformpartnerschaft. Dass diese bei den Wahlen dann nicht reüssiert hat, ist allerdings eine andere Geschichte. Jedenfalls hat sie eine gute Nachrede gehabt. Und die Steiermark wird nun immerhin von einem ÖVP-Landeshauptmann regiert.
So gesehen wird also auch Reinhold Mitterlehner den derzeitigen Hype um Christian Kern halbwegs verkraften. Fast eine Million Österreicher haben den neuen SPÖ-Bundeskanzler am Vorabend in der „ZiB 2“ gesehen. In den sozialen Medien hat man sich vor Begeisterung überschlagen.
Erste Muslima
Ebenfalls im Kanzleramt sitzen wird künftig Muna Duzdar. Die Anwältin und bisherige Wiener Landtagsabgeordnete mit palästinensischen Wurzeln wurde gestern ebenfalls angelobt und dem Bundeskanzler zur Unterstützung als Staatssekretärin beigegeben.
Sie ist die erste, allerdings nicht wirklich religiöse Muslima in einer österreichischen Regierung. Ihre Agenden: Diversität (Minderheiten, Kultusangelegenheiten), Digitalisierung und öffentlicher Dienst. Im Wiener Gemeinderat folgt ihr die Donaustädter SPÖ-Bezirksrätin Luise Däger-Gregori nach.
Als neuer Infrastrukturminister wurde Jörg Leichtfried von Heinz Fischer angelobt. Die Verkehrssicherheit sowie die gesundheitlichen und ökologischen Auswirkungen des Verkehrs nannte er dann später bei der Amtsübernahme des Ministeriums von Gerald Klug als seine besonderen Anliegen. An den umstrittenen drei Bahntunneln durch Semmering, Koralm und Brenner wolle er festhalten. In der steirischen Landesregierung folgt Anton Lang, Revisor in der Sparkasse Leoben und bisher SPÖ-Landtagsabgeordneter, Jörg Leichtfried nach.
Bei den bisherigen, nun ausgeschiedenen Regierungsmitgliedern bedankte sich Bundespräsident Heinz Fischer für ihre Arbeit – mit einem kleinen Versprecher: Er sagte „Sonja Stessely“, besserte es jedoch sogleich in Sonja Steßl aus, Muna Duzdars Vorgängerin im Kanzleramt.
Blaskapelle für neue Ministerin
Und vor der Hofburg wartete die bei Angelobungen fast schon obligate Blasmusikkapelle. Dieses Mal war es jene der Universität für Bodenkultur – und sie hatte für die neue Bildungsministerin, Sonja Hammerschmid, Aufstellung genommen.
AUF EINEN BLICK
Es war Heinz Fischers voraussichtlich letzte Angelobung: Der Kulturmanager Thomas Drozda wurde am Mittwoch als neuer Kulturminister im Kanzleramt angelobt. Staatssekretärin ebendort wird die Anwältin und Wiener Gemeinderätin Muna Duzdar. Sonja Hammerschmid, Rektorin der Veterinärmedizinischen Universität, wird neue Bildungsministerin. Der bisherige Landesrat Jörg Leichtfried wird Infrastrukturminister.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.05.2016)