Nach zwei Anschlägen innerhalb von zwei Tagen regiert in Spanien die Angst: Premier Zapatero fordert die Sicherheitskräfte auf, den Kampf gegen die ETA zu intensivieren. Diese begeht heute ihren 50. Geburtstag.
Nach dem Sprengstoffanschlag auf Mallorca, bei dem zwei Polizeibeamte getötet wurden, hat die spanische Polizei die Sicherheitsvorkehrungen auf der Ferieninsel drastisch verschärft. Der spanische Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero forderte die Sicherheitskräfte auf, den Kampf gegen die Terroristen der ETA zu intensivieren und den Schutz der eigenen Beamten zu verstärken. Auf der Suche nach den Terroristen überprüfte die Polizei nach Medienberichten vom Freitag zahlreiche Fahrzeuge auf Mallorca und suchte nach einer Wohnung, in der die Attentäter möglicherweise Unterschlupf gefunden hatten.
Die spanischen Sicherheitskräfte hatten sich seit mehreren Tagen in höchster Alarmbereitschaft befunden. Die baskische Untergrundorganisation ETA feierte an diesem Freitag ihr 50-jähriges Bestehen. Zu diesem Jahrestag waren Terroranschläge in Spanien befürchtet worden.
In den fast 53 Jahren ihres Bestehens hält die ETA Spanien in Atem: Terroristische Anschläge wechseln sich mit Waffenstillständen ab, die dann wiederum gebrochen werden. Das Ziel der Undergrundorganisation bleibt dasselbe: Ein unnabhängiger, sozialistisch geprägter baskischer Staat. (c) AP (ARANBERRI)
Euscadi Ta Askatasuna ist am 31. Juli 1959 von einer Gruppe Studenten in Bilbao gegründet worden. Sie beriefen sich auf den Begründer des baskischen Nationalismus, Sabino Arana Goiri, der am 31. Juli 1895 die "Nationalistische Baskische Partei" (PNV) gegründet hatte. Das Datum für die Gründung der ETA war also nicht zufällig gewählt. (c) AP (ARANBERRI)
Der Spanische Bürgerkrieg war im Baskenland besonders brutal geführt worden. Hier fand auch der völkerrechtswidrige Bombemangriff deutscher Truppen auf die unbefestigte Stadt Guernica statt. Dadurch entstand fruchtbarer Boden für nationalistisches Gedankengut. Der baskische Nationalismus war nämlich jahrzehntelang in die Illegalität getrieben worden und gewann im Untergrund viele Sympathisanten. Aus dem Bürgerkrieg ging der General, und spätere Diktator Francisco Franco 1939 als Sieger hervor. (c) AP
Das Motto der ETA ist Bietan Jarrai - "Vorwärts auf beiden Wegen". Seit den siebziger Jahren steht dieser Spruch unter den beiden Symbolen Schlange und Axt (List und Härte) auf dem Logo. (c) AP (ARANBERRI)
Den Gründern der ETA missfiel, dass sich die politischen Vertreter des baskischen Nationalismus mehr und mehr mit der Diktatur Francos arrangiert hatten. Ihr Ziel war ein radikaler Kampf für die Unabhängigkeit des Baskenlandes. Vorbilder der Organisation waren unter anderem die nordirische IRA, der Vietcong in Vietnam, sowie die FLN-Bewegung in Algerien. (c) AP (BOB EDME)
Im Laufe der Jahre kam es zu zahlreichen Abspaltungen innerhalb der Untergrundorganisation. 1966/67 verließ der Gründer José Luis Álvarez Enparantza (Deckname: "Txillardegi") die ETA, weil er die zunehmende Militarisierung ablehnte. 1974 teilte sich die Organisation in einen militärischen und einen politisch-militärischen Zweig auf. Der politisch-militärische Arm sah eine Rückkehr in die Politik vor, der militärische Arm dagegen trat weiterhin für den bewaffneten Kampf ein. (c) AP (ARANBERRI)
Das erste tödliche Attentat, das der ETA zugerechnet wird, fand 1960 statt. Ein Bombenattentat verletzte im Amara-Bahnhof in San Sebastián mehrere Menschen und tötete die anderthalbjährige Begona Urroz Ibarrola. Die blutige Spur der ETA zieht sich bis ins Jahr 2009. (c) AP (Alvaro Barrientos)
Als in Spanien noch die Franco-Diktatur (1939 bis 1975) herrschte, brachte die spanische Bevölkerung der ETA ein gewisses Maß an Sympathie entgegen. In der Demokratie war es aus Sicht der Spanier schwieriger, den Terror zu rechtfertigen. Kritisiert wird vor allem, dass die ETA durch ihre Anschläge und Attentate ein normales politisches Leben im Baskenland unmöglich mache. (c) AP (Alvaro Barrientos)
Der spanische Ministerpräsident und designierte Franco-Nachfolger Luis Carrero Blanco wollte am 20. Dezember 1973 mit seinem Auto gerade den Heimweg von der Kirche antreten. Plötzlich explodierten drei Sprengladungen in einem ausgegrabenen Tunnel unter der Claudio-Coello-Straße. Carrero Blanco und seine Begleiter waren sofort tot. Der Anschlag ging auf das Konto der ETA und stieß bei Franco-Gegnern durchaus auf Sympathie. (c) EPA (Echezarreta)
1978 erhielt Spanien eine Verfassung und wurde damit zu einer Monarchie. Diese Epoche der Transition bezeichnet den friedlichen Übergang der Diktatur zu einem demokratischen Staat. 1979 erhielten die baskischen Provinzen einen Autonomiestatus. 1978 entstand die Partei Herri Batasuna. Sie galt als politischer Arm der ETA und war im Regionalparlament des Baskenlandes vertreten. (c) EPA (Txema Fernandez)
1995 verübten Mitglieder der Untergrundorganisation einen Anschlag auf den Oppositionsführer José María Aznar. Er überlebte leicht verletzt. Im Jahr darauf gewann seine Partei "Partido Popular" (PP) die Parlamentswahlen und machte Aznar zum Regierungschef. (c) AP (DENIS DOYLE)
In der Phase von 1983 bis 1987 kam es zum guerra sucia, dem "schmutzigen Krieg". Erstmals bekämpften so genannte "Grupos Antiterroristas de Liberacíon" (kurz GAL) die ETA mit ihren eigenen Mitteln: Attentate, Entführungen und Folteraktionen. Diese trafen nicht nur ETA-Mitglieder, sondern auch Unschuldige. Erst später kam heraus, dass die regierenden Sozialisten die Kommandos toleriert und unterstützt hatten. (c) AP (OSCAR MORENO)
In ganz Spanien kam es zu Protesten, als die ETA 1997 den PP-Stadtrat der baskischen Stadt Ermua, Miguel Ángel Blanco, entführte. Sie forderte die Rückführung sämtlicher Inhaftierten der Organisation ins Baskenland innerhalb von 48 Stunden, anderenfalls würde Ángel hingerichtet werden. Die Demonstrationen nützten nichts, Ángel starb zwei Tage später durch die Hand seiner Entführer. (c) EPA (M.h. De Leon)
Eine zuvor ausgerufene Waffenruhe endete mit einem Sprengstoffanschlag der ETA auf den Flughafen Barajas in Madrid 2006. Zwei Menschen starben. Der spanische Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero beendete daraufhin den Dialog mit der ETA. Am 5. Juni 2007 erklärte die Untergrundorganisation, den bewaffneten Kampf "an allen Fronten" fortsetzen zu wollen. (c) EPA (Paco Campos)
Im selben Jahr kam es zu einem Bombenattentat in Bilbao, bei dem der Leibwächter eines sozialistischen Kommunalpolitikers schwer verletzt wurde. 2008 erschoss ein ETA-Kommando den ehemaligen, sozialistischen Kommunalpolitiker Isaias Carrasco. Das Attentat fand zwei Tage vor den spanischen Parlamentswahlen statt. (c) EPA (Miguel Toña)
Auf Vorschlag des damaligen Oppositionsführers José Luis Rodríguez Zapatero schlossen sich die konservative PP und die Sozialisten im Jahr 2000 zu dem so genannten Antiterrorpakt gegen die ETA zusmmen. (c) AP (DANIEL OCHOA DE OLZA)
Seit dem Ende siebziger Jahre kommt es immer wieder zu Dialogen zwischen der spanischen Regierung und der ETA. Dadurch wurden bereits mehrmals Waffenstillstände vereinbahrt, die jedoch nie lange hielten. Immerhin versprach ETA das Ende des bewaffneten Kampfes im autonomen Katalonien. (c) AP
2003 erfolgte das Verbot der ETA-nahestehenden Partei Batasuna. Das Oberste Gericht hatte entschieden, dass sie ein Teil der ETA war und zur Finanzierung derselben benutzt werde. Die Nachfolgeparteien, wie etwa ANV und EHAK, hatten auch kein Glück. Sie wurden ebenfalls verboten. (c) AP (BOB EDME)
Am 22. März 2006 verkündete die ETA "dauerhafte Waffenruhe". Unter dem spanischen Regierungschef Zapatero begannen daraufhin Verhandlungen. Der betonte jedoch, dass er keinen "politischen Preis"für das Ende des ETA-Terrors bezahlen wolle. Die PP kritisierte die Verhandlungen, auch innerhalb der ETA selbst war man sich alles andere als einig. Die Waffenruhe wurde schließlich beendet, als in der Organisation ein Machtwechsel stattfand. Das Resultat: Der Sprengstoffanschlag am Flughafen von Madrid. (c) EPA (Paco Campos)
Nach dem Waffenstillstand gingen der spanischen und französischen Polizei einige führende ETA-Mitglieder ins Netz. Am 21. Mai 2008 wurde Francisco Javier López Peña aka "Thierry" und weitere Mitglieder im französischen Bordeaux verhaftet. "Thierry" ist der Leiter des militärischen und politischen Arms der ETA. Auch "Txeroki", Mikel Garikoitz Aspiazu Rubina, der für den Bruch des Waffenstillstands verantwortlich sein soll, konnte gemeinsam mit anderen ETA-Mitgliedern in Frankreich festgenommen werden. Sein mutmaßlicher Nachfolger Aitzol Iriondo alias "Gurbita" folgte am 8. Dezember 2008, dessen mutmaßlicher Nachfolger Jurdan Martiegi wurde wiederum im April 2009 verhaftet. Die jüngsten Festnahmen von mutmaßlichen ETA-Mitgliedern fanden im Juli desselben Jahres in Frankreich statt. Nach den Verhaftungen gilt die ETA als sehr geschwächt. (c) AP (Bob Edme)
Nach dem Bruch des Waffenstillstands wollte die spanische Regierung keinen Dialog mehr mit ETA aufnehmen. An der Spitze der Bewegung soll mittlerweile Josu Ternera stehen, der seinerseits durchaus bereit für Verhandlungen wäre. (c) AP (ALFREDO ALDAI)
Pünktklich zum 50-Jährigen Jubiläum ist es erneut zu Bombenanschlagen gekommen, hinter der die ETA vermutet wird. Am 29. Juli explodierte eine Bombe nahe einer Polizeikaserne in der Stadt Burgos. 65 Menschen wurden verletzt. Ob der Anschlag vom auf eine Polizeikaserne auf der Ferieninsel Mallorca am 20. Juli der ETA zugerechnet werden kann, ist noch unklar. Zwei Polizisten sind dabei umgekommen. (c) REUTERS (FELIX ORDONEZ)
Durch die Anschläge und Attentate der ETA sind in den über 50 Jahren ihres Bestehens mehr als 823 Menschen gestorben. (c) AP (ARANBERRI)
Der bewaffnete Kampf im Untergrund
Zwei Bomben in zwei Tagen
Auf Mallorca hatten mutmaßliche ETA-Terroristen am Donnerstag im Ferienort Palmanova zwei Polizeibeamte bei einem Bombenanschlag getötet. Am Vortag waren in der nordspanischen Stadt Burgos bei der Explosion einer Autobombe vor einer Polizeikaserne 65 Menschen verletzt worden. "Die ETA muss wissen, dass wir Demokraten viel stärker sind und den Terror besiegen werden", sagte Innenminister Alfredo Pérez-Rubalcaba.
Am heutigen Freitag findet in der Kathedrale von Palma de Mallorca eine Trauerfeier für die ermordeten Polizeibeamten der paramilitärischen Guardia Civil (Zivilgarde) statt. An dem Gottesdienst wollten unter anderem der spanische Kronprinz Felipe, der sozialistische Regierungschef Zapatero und der konservative Oppositionsführer Mariano Rajoy teilnehmen. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verurteilte den Terroranschlag auf die Beamten scharf. Sie versicherte Zapatero, dass Deutschland im Kampf gegen den Terrorismus Seite an Seite mit seinen spanischen Freunden stehe.
Bei der Fahndung nach den Attentätern hatten die Sicherheitskräfte Mallorca am Donnerstag vorübergehend von der Außenwelt abgeriegelt. Der Flughafen der Insel wurde für eine Stunde und 40 Minuten geschlossen, auch in den See- und Jachthäfen ging vorübergehend nichts mehr. Im europäischen Luftverkehr kam es zu massiven Verspätungen.
Regierung: Kein Zweifel an ETA
Nach Angaben der Regierung besteht kein Zweifel daran, dass die ETA hinter dem Attentat steckt. Wie der Präfekt auf den Balearen, Ramon Socías, mitteilte, hatten die Terroristen an einem Polizeifahrzeug eine Haftbombe angebracht und mit einer Fernzündung zur Explosion gebracht. Die beiden Beamten im Fahrzeug waren auf der Stelle tot. Der Präfekt bestritt Medienberichte, wonach bei der Explosion mehrere Passanten verletzt wurden. In der Nähe des Tatorts entdeckten die Ermittler später in einem parkenden Auto eine zweite Bombe. Sie machten den Sprengsatz mit einer "kontrollierten Sprengung" unschädlich. Dazu mussten mehrere Gebäude in der Umgebung geräumt werden.
Die ETA hatte in der Vergangenheit mehrere Anschläge auf Mallorca verübt, dabei aber bisher keinen Menschen getötet. Im Jahr 1995 war die Organisation auf der Insel mit dem Vorhaben gescheitert, den spanischen König Juan Carlos mit einem Präzisionsgewehr zu erschießen. Der Anschlag auf die Polizisten ereignete sich nur etwa acht Kilometer vom Marivent-Palast entfernt, in dem die königliche Familie traditionell ihre Sommerferien verbringt. Juan Carlos und Königin Sofía wurden am kommenden Samstag auf Mallorca erwartet.
Spanischen Medien zufolge verdächtigt die Guardia Civil ein baskisches Paar, das sich in der Inselhauptstadt Palma in einem Hotel eingemietet hat. In Bälde sollen Fahndungsfotos veröffentlicht werden.
Bereits im Vorjahr soll die baskische Terror-Organisation Daten über die Polizeikasernen im Ferienort Palmanova gesammelt haben. Entsprechende Unterlagen waren schon im Sommer 2008 beschlagnahmt worden.
Ein Bombenanschlag erschüttert Mallorca. Zwei Polizisten wurden getötet, eine zweite Bombe konnte entschärft werden. Auf der Suche nach den Attentätern wurden der Flug- und alle Seehäfen gesperrt.
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