Quotendebatte spaltet die österreichische Filmwelt

Regisseurin Elisabeth Scharang
Regisseurin Elisabeth Scharang(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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In der österreichischen Filmbranche wird heftig über eine Quote in der Filmförderung diskutiert. Nur ein Viertel der Fördergelder geht derzeit an Projekte von Frauen.

„In der Kiste rumpelt es heftig.“ Mit diesen Worten leitete die österreichische Regisseurin Elisabeth Scharang („Jack“) neulich auf ihrer Facebook-Seite einen offenen Brief an die Filmschaffenden ein. Die Kiste, das ist die österreichische Filmbranche, und das Rumpeln ein Verteilungskampf, der hier seit einiger Zeit ausgetragen wird: Filmemacherinnen fordern eine Geschlechterquote bei der Vergabe von Fördergeldern, um Frauen im Filmgeschäft zu stärken und – wie Scharang es formuliert – „einen Ausgleich gemäß dem Abbild der Gesellschaft herzustellen“. Quotengegner halten dagegen, dass Förderentscheidungen aufgrund der Qualität eines Projekts, nicht des Geschlechts der Einreichenden getroffen werden sollten.

Im Rahmen der Diskussion legte die „Vorstadtweiber“-Regisseurin Sabine Derflinger zuletzt ihren Vorsitz im Vorstand des Filmregieverbands vorzeitig zurück. „Wenn die oberste Propagandaschiene der Quotengegner ist, die Quote sei nicht machbar, weil sich dann die Qualität des österreichischen Films verschlechtere, dann ist mit diesen Proponenten politisch nichts mehr machbar“, sagte sie der „Presse“. „Seit den Siebzigerjahren ist in der Branche wenig passiert, weil so viele Männer dagegenhalten.“

Quote als Korrektiv

Nur rund 22 Prozent der Fördergelder seien in den letzten fünf Jahren an Regisseurinnen, Produzentinnen und Drehbuchautorinnen gegangen, rechnete das Frauennetzwerk FC Gloria anhand der Zahlen der beiden höchstdotierten Institutionen, dem Österreichischen Filminstitut und dem Filmfonds Wien, aus. Der Verein, dem Filmemacherinnen wie Derflinger, Nina Kusturica und Mirjam Unger angehören, fordert daher eine Quote, wie es sie bereits in Schweden gibt.

Die Quote sei ein notwendiges Korrektiv, schrieb Scharang in ihrem Facebook-Eintrag. Das Qualitätsargument habe in dieser Diskussion nichts zu suchen, denn: „Selbstverständlich sollen genauso viele Frauen mittelmäßige Filme machen, wie es mittelmäßige Filme von Männern gibt.“ David Schalko („Braunschlag“) plädierte in seiner Antwort für eine Frauenquote bei den Entscheidungsträgern, nicht aber bei der Auswahl der geförderten Projekte: „Gute Projekte kommen nicht mit Zauberhand einer Frauenquote auf den Tisch. Der Grund für das Ungleichgewicht liegt woanders.“

Sieht man sich die Zahlen an, scheint das Problem tatsächlich nicht bei den Förderentscheidungen zu liegen: Beim österreichischen Filminstitut, das jährlich 20 Millionen Euro zu verteilen hat, waren 2015 nur 26 Prozent der Anträge im Bereich der Filmherstellung von Regisseurinnen. Die Chance, eine Förderung bewilligt zu bekommen, war für Frauen sogar leicht höher. Bei einer Quote von 50 Prozent hätte nahezu jedes Projekt mit weiblicher Regie angenommen werden müssen.

Als brachiale, Frauen bevorzugende Vorgabe will der FC Gloria seine Forderung aber gar nicht verstanden wissen. „Was wir wirklich fordern, ist ein Anreizmodell für Produktionsfirmen, damit sie mehr Projekte mit Frauen einreichen“, erklärt Katharina Mückstein („Talea“) der „Presse“. Förderstellen könnten etwa ankündigen, jedes Jahr um zehn Prozent mehr Projekte mit Frauen zu fördern – und damit Produzenten anstupsen, mehr Filme mit Regisseurinnen, Kamerafrauen, Drehbuchautorinnen zu verwirklichen.

Denn die Selektion findet nicht erst in den Fördergremien statt, sondern in den Chefetagen der Produktionsfirmen, wo nur in 17 Prozent der Fälle Frauen sitzen. An mangelndem weiblichen Interesse am Filmgeschäft kann das nicht liegen: An der Filmakademie sind rund 40 Prozent der Absolventen weiblich, auch Regisseurinnen gibt es genug. Doch die großen Filme mit entsprechendem Budget – die sind noch immer vorwiegend Männersache.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.06.2016)

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