Donald Trumps Flirt mit dem Antisemitismus

File photo of Republican U.S. presidential candidate Donald Trump speaking during a campaign rally at the Treasure Island Hotel & Casino in Las Vegas
File photo of Republican U.S. presidential candidate Donald Trump speaking during a campaign rally at the Treasure Island Hotel & Casino in Las VegasREUTERS
  • Drucken

Der Republikaner bedient sich hetzerischer Bilder, die von weißen Rechtsradikalen erstellt wurden. Auf Kritik daran reagiert er mit Verschwörungsvorwürfen.

Das Antlitz seiner Konkurrentin Hillary Clinton, vor einem Hintergrund aus Dollar-Banknoten, flankiert von einem sechszackigen roten Stern, auf dem geschrieben steht, dass kein politischer Kandidat so korrupt gewesen sei wie Clinton: Dieses digitale Bildchen verschickte Donald Trump, der republikanische Anwärter auf die Präsidentschaft, am Wochenende an die mehr als 9,5 Millionen, die ihm auf Twitter folgen. Es dauerte nicht lang, ehe aufmerksame Beobachter darauf hinwiesen, dass der Stern die Form des Davidsterns hat und in Verbindung mit Geld und Korruption das älteste und übelste antisemitische Ressentiment bedient.

Doch das war nicht alles. Die Nachrichtenplattform Mic forschte den Urheber dieses Sujets aus: Es handelt sich um einen Rechtsextremen, der auf Twitter unter dem Tarnnamen @FishBoneHead1 rassistische und judenfeindliche Hetze betrieb. Das Bild mit Clinton und dem zweckentfremdeten Davidstern hatte diese Person erstmals am 15. Juni per Twitter verbreitet, eine Woche darauf wurde es in einem Internetdiskussionsforum weißer Rechtsextremisten veröffentlicht. Dann übernahm es Trump unverändert.

Donald, der Sterndeuter

Ein Sturm der Empörung war die Folge. Die Anti-Defamation League, der wichtigste amerikanische Verband zur Bekämpfung des Antisemitismus, reagierte harsch. „Wir sind darüber empört, dass Herr Trump nicht mit Nachdruck gegen diese Antisemiten, Rassisten und Frauenhasser auftritt, die ihn unterstützen. Es ist erschreckend, wie er Material aus Onlinequellen dieser Gruppe bezieht und retweetet“, sagte ihr Vorsitzender, Jonathan Greenblatt, zur „Washington Post“.

Trump tat tags darauf das, was er in solchen Fällen stets tut: Er stellte sich als missverstandenes Opfer einer Medienverschwörung dar. „Die unehrlichen Medien versuchen ihr absolut Bestes, einen Stern in einem Tweet als Davidstern darzustellen statt als Sheriffstern oder als einfachen Stern!“, zürnte er in einem Tweet. Währenddessen ließ er das ominöse Bildchen von einem Mitarbeiter dahingehend manipulieren, dass anstelle des roten Sterns ein roter Kreis zu sehen ist (wenn man allerdings ganz genau hinschaut, sieht man noch immer zwei der sechs Spitzen am Rand des Kreises).

„Die Judenmedien flippen aus“

Seit dem Erwachen seiner politischen Ambitionen kokettiert Trump mit dem rechtsextremen Rand des Meinungsspektrums. Im Jahr 2011 wandte er sich an den rechtsradikalen Autor Joseph Farah, der die nachweisliche Lüge verbreitete, Präsident Barack Obama sei nicht in den USA geboren (und somit rechtswidrig im Amt). Farah war damals nur dem engsten Kreis verbissener Verschwörungsfanatiker bekannt; er behauptete unter anderem, dass Sojabohnen Homosexualität auslösen.

„Was können wir tun, um dieser Sache auf den Grund zu gehen?“, habe Trump ihn damals bezüglich Obamas Geburtsort gefragt, sagte Farah zur „New York Times“. Monatelang ritt Trump auf dieser Welle, bis er in Umfragen mit dem republikanischen Präsidentschaftskandidaten fast gleichauf vorn lag. Dann präsentierte das Weiße Haus Obamas Geburtsurkunde, Trump verstummte und legte seine Präsidentschaftspläne zur Seite – doch nur für vier Jahre.

Bei Rassisten sorgt sein Flirt mit antisemitischen Ressentiments für helle Freude. „Ruhmreicher Führer twittert Hillary-Bild mit Dollars und Judenstern“, schrieb die Neonazi-Website The Daily Stormer und fügte hinzu: „Judenmedien flippen aus.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.07.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Seine Republikaner-Kollegen stehen nicht für Trumps Aussage ein.
Außenpolitik

Trump lobt Iraks Ex-Diktator Saddam Hussein

Er sei zwar ein Bösewicht gewesen, aber tötete "Terroristen wirklich gut", sagt der republikanische Präsidentschaftsanwärter.
Donald Trump erntete für seinen Tweet heftige Kritik.
Außenpolitik

Trump kritisert Clinton mit Davidstern und Dollarnoten

Sie sei die "korrupteste Kandidatin aller Zeiten" kritisierte, der Republikaner seine Konkurrentin - und wählte dafür ein antisemtisches Motiv.
Presumptive Republican Presidential Nominee Donald Trump Holds Atlanta Campaign Rally
Außenpolitik

US-Wahl: Chaostage bei Trump

Miese Umfragewerte, mangelnde Wahlspenden und eine Rebellion in der eigenen Partei: Donald Trumps Präsidentschaftskampagne steckt knietief in der Krise.
Leitartikel

Trump bleibt Trump – sein einziger Trumpf ist der Schmutzwahlkampf

Die Republikaner versuchen in einem Verzweiflungsakt, den ungeliebten Kandidaten noch zu stoppen. Dafür ist es jetzt zu spät – und es wäre unredlich.
Außenpolitik

Mann wollte Trump bei Wahlkampfveranstaltung töten

Die Polizei nahm einen 19-Jährigen fest, der Donald Trump um ein Autogramm bitten und dann erschießen wollte. Offenbar ist er Autist.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.