Erstmals treten Clinton und Obama im Wahlkampf gemeinsam auf. Die Hilfe des ehemaligen Konkurrenten könnte für die Präsidentschaftsanwärterin entscheidend sein.
"Ich bin heute hier, weil ich an Hillary Clinton glaube": In seinem ersten gemeinsamen Auftritt mit seiner Ex-Außenministerin im diesjährigen Wahlkampf hat US-Präsident Barack Obama am Dienstag leidenschaftlich für Hillary Clinton als seine Nachfolgerin geworben."Es gab noch nie einen Mann oder eine Frau, die derart qualifiziert für dieses Amt waren. Noch nie!", rief Obama in Charlotte im Bundesstaat North Carolina aus. Der Präsident feuerte die Menge mit "Hillary, Hillary"-Rufen an, umarmte Clinton und schwärmte von ihren Charaktereigenschaften
"Ich habe ihr Urteilsvermögen, ihre Zähigkeit und ihren Einsatz für die Diplomatie aus der ersten Reihe verfolgen können", sagte der Präsident. Clinton, die Ende Juli von einem Parteitag der Demokraten offiziell zur Präsidentschaftskandidatin gekürt werden soll, war von 2005 bis 2009 Außenministerin im Obama-Kabinett.
In Charlotte erinnerten die beiden aber auch an die Vorwahlen vor acht Jahren, als sie sich erbittert bekämpft hatten und in denen Clinton gegen den damaligen Newcomer unterlag. Seine Bewunderung für Clinton sei damals gewachsen, sagte Obama. Sie habe jedes Faktum und jedes Detail präsent gehabt und sei nach Rückschlägen "stärker zurückgekommen".
Clinton erhofft sich junge, linke Wähler von Obama
Nach ihrer Niederlage in den Vorwahlen hatte Clinton ihren bisherigen Rivalen im Kampf um das Weiße Haus unterstützt. Ihre Beziehung zu Obama beschrieb sie in Charlotte so: "erst politische Rivalen, dann Partner, dann Freunde". Nun aber ist es umgekehrt: Obama ist bei den Amerikanern so beliebt wie seit 2011 nicht mehr. Die Wahlkampfhilfe des Präsidenten ist für Clinton von enormem Nutzen. Sie erhofft sich von Obama, dass dieser vor allem junge und linksgerichtete Wähler auf ihre Seite ziehen kann. Diese Wählergruppen hatten bisher eher ihren bisherigen parteiinternen Konkurrenten Bernie Sanders unterstützt.
Der Präsident nutzte den Auftritt in Charlotte auch für neue harte Attacken gegen Clintons voraussichtlichen Gegner, den republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump. „Jeder kann twittern“, erinnerte Obama die etwa 3000 Anhänger im Convention Center an Trumps Nachrichtenflut auf der Kurznachrichtenplattform, „aber niemand hat auch nur einen Schimmer, wie es ist, diesen Job zu machen, bis man tatsächlich im Oval Office hinterm Schreibtisch sitzt.“
Mit keinem Wort erwähnten die beiden hingegen die neuesten Entwicklungen in der Mail-Affäre. Das FBI hatte am Dienstag zum Abschluss seiner Prüfungen dem Justizministerium empfohlen, auf ein Ermittlungsverfahren gegen Clinton zu verzichten, da es keine Beweise dafür gebe, dass diese absichtlich gegen die Gesetze verstoßen habe.
"Sie hat das ganze Land gefährdet"
FBI-Chef James Comey warf der Ex-Ministerin allerdings vor, "extrem sorglos" mit ihren Dienstmails umgegangen zu sein. Es sei nicht ausgeschlossen, dass ihr Server gehackt worden sei. Clinton hatte für ihre dienstliche Kommunikation eine private E-Mail-Adresse und mehrere private Server genutzt. Damit verstieß sie gegen die Sicherheitsregeln.
Clintons Wahlkampfteam reagierte erleichtert auf die Empfehlung des FBI. "Wir sind froh, dass diese Angelegenheit jetzt erledigt ist", sagte Sprecher Brian Fallon. Trump hingegen nannte die Empfehlung, kein Ermittlungsverfahren einzuleiten, "sehr, sehr unfair" und einen Beleg dafür, dass "das System" zugunsten Clintons "manipuliert" werde.
Trump freilich wusste den Fehltritt seiner Konkurrentin, die ihr viel an Glaubwürdigkeit gekostet hatte, am Dienstag auszukosten. "Jetzt ist bewiesen, dass sie gelogen hat", sagte der Baumilliardär am Dienstag vor Anhängern. Clinton könne nicht für die Sicherheit der Amerikaner einstehen. "Sie hat gewohnheitsmäßig vertrauliches Material gesendet und empfangen. Sie hat das ganze Land in Gefahr gebracht", sagte Trump über seine voraussichtliche demokratische Konkurrentin. "Sie hat das Leben von Amerikanern aufs Spiel gesetzt."
(APA/AFP/Reuters)