Die Hoffnung der Republikaner schwindet, Frauen, Schwarze und Latinos verstärkt anzusprechen. Donald Trump prüft als Vizepräsidentenkandidaten nur weiße Männer mit wenig Reiz für Wechselwähler.
Washington. Wer wird Donald Trumps Vizepräsidentenkandidat? Vier Tage vor Beginn des republikanischen Parteitages in Cleveland ist diese Frage so offen, wie sie es vor mehr als einem Monat in jenem Moment gewesen ist, als Trump die absolute Mehrheit an Parteidelegierten erlangt hat. Der bisherige Umgang des 70-jährigen früheren Bauunternehmers und heutigen Selbstvermarkters mit dieser Suchaufgabe lässt keine seriöse Vorhersage darüber zu, wessen Name neben dem seinen auf dem Wahlzettel stehen wird.
Doch eines kann man bereits jetzt festhalten: Die Hoffnung republikanischer Parteistrategen, nach den beiden klaren Niederlagen gegen Barack Obama in den Jahren 2008 und 2012 verstärkt Frauen und ethnische Minderheiten anzusprechen, kümmert Trump ausgesprochen wenig.
Frauen lehnen Kandidatur ab
Trump hat bereits vor Monaten zwei populäre republikanische Politikerinnen brüskiert, die ihn als alten weißen Mann beinahe perfekt ergänzt hätten: Die indischstämmige Gouverneurin von South Carolina, Nikki Haley, hat sich ebenso gegen eine Kandidatur an Trumps Seite ausgesprochen wie die mexikanischstämmige Gouverneurin von New Mexico, Susana Martinez. Beide Frauen mussten sich von Trump beleidigen lassen.
„Dem Volk von South Carolina ist Nikki Haley peinlich!“, fuhr Trump sie via Twitter im März an, nachdem sie bei den Vorwahlen Marco Rubio, dem jungen Senator aus Florida, ihre Unterstützung ausgesprochen hatte. Martinez wiederum musste sich im Mai von Trump anhören, dass sie „ihre Arbeit nicht erledigt“. Der Anlass dieses Angriffs auf eine als Vorsitzende der Vereinigung republikanischer Gouverneure bestens vernetzte Hoffnungsträgerin war Martinez' Weigerung, Trump offiziell zu unterstützen. Für die Gouverneurin eines Bundesstaates, dessen Bürger bereits bei der Volkszählung des Jahres 2010 zu 47 Prozent hispanisch waren, waren und sind Trumps Ausfälligkeiten gegen Mexikaner und andere Lateinamerikaner politisch untragbar. Sie sei nicht an dem Posten interessiert, ließ Martinez erklären.
Problematische Männer
Sofern Trump nicht einen Überraschungskandidaten hervorzaubert, dürfte sein Vizekandidat ihm in Erscheinung und Weltsicht stark ähneln. Am eifrigsten bemüht sich Newt Gingrich (73) um diese Gunst. Seit Jahren ist der frühere Vorsitzende des US-Abgeordnetenhauses ein enger Golffreund Trumps, doch wer die beiden auf einer Bühne erlebt, hat das Gefühl, hier träten Brüder auf. Zudem hat Gingrich seinen einstigen Reiz als wortgewaltiger Kritiker der Washingtoner Blase als üppig bezahlter Lobbyist in selbiger schwer ramponiert (er kassierte beispielsweise umgerechnet mehr als 1,5 Millionen Euro von der Hypothekenbank Freddie Mac).
Chris Christie, der Gouverneur von New Jersey, ist angesichts der schweren Budget- und Schulkrise in seinem Heimatstaat zutiefst verhasst. In einer im Mai veröffentlichten Umfrage unterstützten ihn nur 27 Prozent der Bürger, und was besonders schwer wiegt: Knapp die Hälfte von ihnen sagt, seine Allianz mit Trump habe ihre Meinung negativ beeinflusst (nur sechs Prozent fanden das gut).
Abtreibungsbefürworter
Mike Pence (57), Gouverneur von Indiana, durfte am Dienstag für knapp fünf Minuten eine Bühne mit Trump teilen. Pence ist erzkonservativ und strikt gegen das Recht der Frauen auf Abtreibung. Das unterscheidet ihn von Mike Flynn (58), der im August 2014 als Direktor des US-Militärgeheimdienstes zurückgetreten ist. Er sprach sich am Sonntag für das Abtreibungsrecht aus; das wiederum macht ihn aber für die konservative Parteibasis untragbar.
DONALD TRUMP SUCHT EINEN VIZEPRÄSIDENTEN
Michael Flynn
Der frühere Direktor des US-Militärgeheimdienstes brachte sich am Sonntag um seine Chance, als er sich für das Recht der Frauen auf Abtreibung aussprach.
Newt Gingrich
Der 73-jährige Ex-Vorsitzende des US-Abgeordnetenhauses ist ein Golffreund Trumps. Als hoch bezahlter Lobbyist fehlt ihm die populistische Glaubwürdigkeit.
Mike Pence
Am Dienstag durfte sich der Gouverneur von Indiana Trump präsentieren. Er ist erzkonservativ und spricht somit kaum wechselwillige Demokraten an.
Chris Christie
Der Gouverneur von New Jersey wird von den Bürgern seines eigenen Staates abgelehnt: Nur 27 Prozent sind mit seiner Amtsführung zufrieden.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.07.2016)