Jackson, laute Enten & das rote Herz

Die wahren Probleme der österreichischen Sozialdemokratie sind 2009 Konzertabsagen und Enten. Frische Ideen liefert weder das rote Wien noch irgendein ein anderes Reservoir. Nur auf Strache ist Verlass.

Es war ein würdiger Anlass, ein schöner Rahmen und die passende proletarische Verpflegung. Bei Würsteln und Bier ließen am Samstag hunderte Genossen und viele, die es bei Bedarf sind, Michael Häupl zu dessen 60er hochleben. Die Stimmung war gut, aber nicht so ausgelassen, wie man das von einer Feier des roten Wien erwarten dürfte. Häupl regiert doch ewig, und sein schlimmstes Szenario nach der nächsten Wien-Wahl besteht nur darin, entweder ÖVP oder Grünen als Mini-Koalitionspartner ein paar Frankfurter abgeben zu müssen. Sogar für den Senf sorgen sie dann dankbar selbst.

Doch Häupl und seine Partei wollten nicht so recht froh werden. Da war die Blamage des abgesagten Konzerts für Mr.Jackson. Vizebürgermeisterin Renate Brauner hatte das getan, was Stadträte und Minister tun: für Blitzlichtgewitter und große Fotos in ebensolchen Medien öffentliches Geld verteilen. Nur blieb sie auf der Geschichte alleine sitzen.

Da war der Wiener Kanzler, dessen erster Auftritt im ORF-„Sommergespräch“ dadurch in Erinnerung bleibt, dass seine Sprecherin vorab vor quakenden Enten bei einer Freiluftaufnahme am nahen Bodensee warnte. Die Tonfrequenz wäre vielleicht zu ähnlich gewesen. Dann war da noch die Bildungsministerin, die zwar unkonventionelle Ideen, aber davor einen Job hatte: als Bankerin. Und zwar als echte. Mit Arbitrage, Hedge und so.

Nein, die Sozialdemokraten haben ausgerechnet im Krisenjahr nichts zu lachen, egal ob sie in Österreich gerade, in Deutschland nicht mehr lange oder in anderen Ländern schon länger nicht an der Macht sitzen. Denn es fehlt ihnen an Ideen, Modellen und Visionen. Ein Jahr, nachdem die größte Finanzkrise ihnen das Geschenk in den Schoß gelegt hat, das Ende des Kapitalismus zu postulieren und blitzschnell einige überarbeitete Parteiprogramme aus den Schubladen zu ziehen, dämmert die Sozialdemokratie noch immer zwischen Schock und Ungläubigkeit. Während sich die Konservativen ans Gesundspritzen – eine zutiefst sozialistische Übung – machten und ihre christlichsoziale Ader entdeckten, blieb den großen Linksparteien nur, kleine Maßnahmen zur Reglementierung von Boni zu fordern. Die Finanzmarktregeln, die ihnen noch eingefallen sind, kommen später?

Stimmt, aus wirtschaftsliberaler Sicht könnte man meinen, dass ohnehin alle Sozialdemokraten seien, demnach brauche keiner mehr SPD oder SPÖ. In der linken Ecke könnte es heißen, dass Tony Blair und der sogenannte dritte Weg das ganze Schlamassel mitverantwortet haben und der Kater nur logisch sei. Es lässt sich auch ganz objektiv festhalten, dass schlicht das richtige Personal für neue Ideen und Programme fehlt.

Was das mit Häupl zu tun hat, dessen Feste selten programmatische Kongresse waren? Er hat das Einzige, was Sozialdemokraten noch antreibt: einen moralischen Entrüstungsgegner. Heinz-Christian Strache punktet in Häupls Stadt mit extrem rechten Parolen, seltener mit linkspopulistischen Schlaraffenland-Fantasien. Es ist das Glück Häupls und der SPÖ, dass von links keiner stört. Keine Linke, keine Grünen. Vielleicht hätte die SPÖ sonst Ideen? Nein, sicher auch dann nicht.

rainer.nowak@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.09.2009)

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