Minister Kurz will Asylberechtigte, die sonst keinen Job finden, zu Arbeiten für die Allgemeinheit verpflichten. Das diene der Integration. Wer nicht mitmacht, soll weniger Sozialhilfe erhalten.
Vor einem Jahr, erinnert sich Sebastian Kurz, hätten manche Zeitungen berichtet, dass insbesondere hoch qualifizierte Flüchtlinge nach Österreich kämen. „Doch das ist nicht der Fall“, betonte der Integrations- und Außenminister am Donnerstag. „Wir haben gerade unter den Afghanen viele, die nicht alphabetisiert sind“, sagte der ÖVP-Politiker vor Journalisten. Die Afghanen würden aber die stärkste Gruppe an Flüchtlingen in Österreich stellen. Solche Menschen auf dem Arbeitsmarkt unterzubringen sei sehr schwierig. Schon jetzt habe man 25.000 gemeldete Arbeitslose unter den Asylberechtigten. „Und jeden Monat kommen tausend arbeitslose Flüchtlinge hinzu“, erklärte Kurz.
Der Minister stellte ein Programm vor, durch das er sich Fortschritte in der Integration erhofft. Die wichtigsten Punkte im Detail:
1. Pflicht zur Arbeit in Ein-Euro-Jobs für Asylberechtigte
„Wer den ganzen Tag zu Hause und im Park herumsitzt, der hat auch Tagesfreizeit, um auf blöde Ideen zu kommen“, lautet das Credo von Kurz. Er will Flüchtlinge, die anderswo nicht auf dem Arbeitsmarkt unterkommen, zu gemeinnützigen Ein-Euro-Jobs verpflichten. Die Pflicht gilt nicht für Asylwerber, sondern für jene, die bereits Asyl bekommen haben. Und auch nur dann, wenn diese Maßnahme sinnvoll sei. Bei einem syrischen Zahnarzt etwa sei es sinnvoller, wenn dieser die Zeit nutzt, um Prüfungen zu machen, damit seine Ausbildung hierzulande anerkannt wird. Aber bei ungebildeten Personen, für die manchmal schon das regelmäßige Erscheinen an einem Arbeitsort etwas Neues sei, solle die Pflicht greifen. Österreichische Langzeitarbeitslose würden in aller Regel von den Pflichtmaßnahmen ausgenommen bleiben, da man diese an mangelnde Deutschkenntnisse knüpfen will. Wenn Österreicher nämlich „mit 55 Jahren ihren Job verlieren, ist nicht das Problem, dass sie noch nicht alphabetisiert sind“, sagt Kurz.
Die Ein-Euro-Jobs sollen nach deutschem Vorbild 15 bis 30 Stunden pro Woche umfassen. Als Arbeitgeber sollen die öffentliche Hand oder NGOs dienen, als Arbeitsbereich käme laut Kurz etwa die Instandhaltung öffentlicher Flächen oder die Betreuung neuer Asylwerber infrage. Privatfirmen sollen keine Ein-Euro-Jobs anbieten dürfen. Wer den Job annimmt, bekommt zusätzlich zur monatlichen Sozialhilfe das Geld für die Arbeitsstunden. Wer den Job ablehnt, dem soll hingegen das Sozialgeld gekürzt werden.
2. Verbot der Vollverschleierung in Österreich
„Die Vollverschleierung ist aus meiner Sicht absolut nicht förderlich für die Integration. Aus meiner Sicht ist das ein Symbol einer Gegengesellschaft“, meint Kurz. Ein Verbot sei für ihn denkbar. Man müsse anhand europäischer Beispiele darüber diskutieren, ob das Verbot in öffentlichen Gebäuden oder im gesamten öffentlichen Raum gelten solle.
3. Volle Mindestsicherung erst nach fünf Jahrenrechtmäßigem Aufenthalt in Österreich
Kurz will zudem, dass Neuankömmlinge die volle Mindestsicherung (838 Euro für einen Alleinstehenden im Monat) erst nach fünf Jahren rechtmäßigem Aufenthalt in Österreich bekommen. Der Zeitpunkt würde ab Beginn des Asylverfahrens gerechnet werden. Wer erst kürzer hier ist, soll einen geringeren Betrag erhalten. Eine konkrete Zahl wollte Kurz dafür nicht nennen.
4. Einschreiten gegen Koranverteilungen von Salafisten, Einmahnung von Wertekursen
Kurz will Behörden die Möglichkeit geben, bei der Verteilung von Schriften durch Gruppen einzuschreiten, wenn dies die öffentliche Ordnung stört. Als Beispiel nannte er die Verteilung des Korans durch Salafisten. Bei Deutsch- und Wertekursen soll es bundeseinheitliche Sanktionen für Nichterscheinen geben, dafür sollen Migranten einen Rechtsanspruch auf Deutschkurse bekommen.
Die Bundes-SPÖ erklärte zu Kurz' Plänen nur, dass man darauf warte, was der Minister konkret vorlege. SPÖ-Jugendorganisationen verlangten hingegen den Rücktritt von Kurz, weil dessen Ideen die Gesellschaft spalten würden. Der steirische SPÖ-Chef, Michael Schickhofer, sieht in der Idee von Ein-Euro-Jobs einen nicht akzeptablen „Angriff auf den österreichischen Arbeitsmarkt“.
In Deutschland, wo es auch eine Debatte um die Verschleierung gibt, bekräftigt CDU-Innenminister Thomas de Maizière seine Bedenken gegen ein generelles Burkaverbot. Dieses dürfte vor dem Verfassungsgericht nicht halten, meinte der Minister, der sich gleichzeitig für ein Verbot der Vollverschleierung in öffentlichen Institutionen aussprach.
(Print-Ausgabe, 19.08.2016)