Der Streit mit zwei Zulieferern könne eine kleine Delle in der Industrieproduktion hinterlassen, sagte der Deutschland-Chefvolkswirt von UniCredit.
Der Streit zwischen Volkswagen und zwei Zulieferern belastet womöglich auch die deutsche Konjunktur. "Es kann durchaus sein, dass im dritten Quartal 0,1 oder 0,2 Prozentpunkte Wachstum fehlen", sagte der Europa-Chefvolkswirt der Nordea Bank, Holger Sandte, am Montag der Nachrichtenagentur Reuters.
Anders als beim Dieselskandal könne der Produktionsausfall durchaus Spuren im Konjunkturverlauf hinterlassen. Sichtbar werden dürfte dies vor allem im August in der Industrieproduktion, an der die Autoherstellung ein großes Gewicht habe. "Dann kommt alles darauf an, wie lange der Disput dauert und wie schnell der Produktionsverlust aufgeholt werden kann", sagte Sandte.
"Nur temporärer Effekt"
Ähnlich bewertet der Deutschland-Chefvolkswirt von UniCredit, Andreas Rees, die Folgen der Auseinandersetzung für die Konjunktur. "Das kann eine kleine Delle in der Industrieproduktion hinterlassen", sagte Rees. "Allerdings dürfte das nur ein temporärer Effekt sein und kein dauerhafter." Werde der Streit rasch beigelegt, könnten die Produktionsrückstände bei VW im September oder spätestens im Oktober aufgeholt werden.
Knapp 28.000 Mitarbeiter betroffen
Durch den Streit mit zwei Zulieferfirmen können bei Volkswagen knapp 28.000 Mitarbeiter nicht wie geplant arbeiten. Die Versorgung der Produktion mit Bauteilen sei in mehreren Werken unterbrochen, teilte der Konzern am Montag in Wolfsburg mit. "Da die weitere Entwicklung nicht absehbar ist, hat Volkswagen Flexibilisierungsmaßnahmen bis hin zur Kurzarbeit vorbereitet."
Betroffen sind den Angaben zufolge sechs deutsche Werke:
Die beiden in Sachsen ansässigen Zulieferfirmen ES Guss und Car Trim weigern sich, Getriebeteile beziehungsweise Sitzbezüge an den VW-Konzern zu liefern, da dieser Schadenersatzzahlungen bei einem gestrichenen Auftrag verweigere. Beide Firmen gehören zur Unternehmensgruppe Prevent.
Betriebsrat sieht Schuld bei Zulieferer
Der Produktionsstopp hängt aus Sicht von VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh zweifelsfrei am Verhalten des VW-Partners, der seine Teilezulieferungen eingestellt hat. "Nach unserer Auffassung liegt die Verantwortung eindeutig beim Zulieferer. Oder glauben Sie, wir als Betriebsrat fragen nicht, wessen Schuld es ist, dass unsere Kollegen zu Hause bleiben müssen", sagte Osterloh.
Die beteiligten Zulieferer sehen die Lage anders als Osterloh und der Konzern. Sie reklamieren für sich, VW zwinge sie zu dem Lieferstopp, da der Autobauer "frist- und grundlos" Aufträge gekündigt habe und einen finanziellen Ausgleich dafür ablehne. Es geht dabei um einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag. Der Lieferstopp geschehe zum Selbstschutz und im Kampf für die Zukunft der eigenen Mitarbeiter, so Osterloh zur "Bild"-Zeitung.
Ministerium will rasche Lösung
Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur treffen Vertreter der Zulieferer und des Autobauers am frühen Montagnachmittag in Wolfsburg auf neutralem Boden zusammen, um weiter einen Ausweg zu suchen.
Das deutsche Wirtschaftsministerium ruft zu einer raschen Beilegung des Streits auf. "Wir gehen davon aus und erwarten auch, dass die beteiligten Unternehmen die ungeklärten Fragen so bald wie möglich lösen können", sagte ein Ministeriumssprecher am Montag in Berlin. "Es geht um tausende Arbeitsplätze, die von Kurzarbeit betroffen sein könnten, und da gibt es natürlich eine hohe Verantwortung, diese Probleme so konstruktiv wie möglich anzugehen."
(APA/Reuters)