Georg Kindel: Die Glanzmaschine

(c) APA (Roland Schlager)
  • Drucken

Diesmal hat sich Georg Kindel überschätzt: Das Tribute-Konzert in Wien, das er gemeinsam mit Jermaine Jackson organisieren wollte, ist gescheitert. Normalerweise hat der ehemalige Journalist aber ein Händchen für die Reichen und Schönen der Welt.

Immer, wenn Georg Kindel mit einem neuen Projekt, einem neuen Award, einer neuen Veranstaltung an die Öffentlichkeit geht, kommen Zweifel auf. Zweifel – und Vorwürfe der Scharlatanerie. Kann denn ein österreichischer PR-Fachmann in der Welt der ganz Reichen und Schönen mitspielen? Kann ein ehemaliger „News“-Journalist die Glamourwelt, die sich zwischen Hollywood, Hilton und Côte d'Azur entspinnt, bewegen? Und kann der Mann binnen acht Wochen ein Konzert der Superlative vor dem Schloss Schönbrunn aus dem Boden stampfen? Die Antwort auf die letzte Frage ist seit Freitag hinlänglich bekannt. Aber von dem Fiasko abgesehen, zu dem sich die Idee eines Michael-Jackson-Gedenkkonzertes in Wien ausgewachsen hat, läuft es gut für den 41-Jährigen. Zumindest noch.


Perpetuum mobile. Begonnen hat Kindels Aufstieg zum großen Eventorganisator im Jahr 2000. Damals hatte er, seit acht Jahren Leiter der Societyberichterstattung bei „News“, die Idee für die „World Awards“: Eine festliche Gala, bei der große – soll heißen, prominente – Männer verschiedenster Metiers für ihre Leistungen geehrt werden – und allein durch ihre Anwesenheit Aufmerksamkeit auf die Gala ziehen. Aufmerksamkeit, die Universalwährung der PR-Branche – und das Lebenselixier für Kindels Unterfangen. Sie würde nicht nur Sponsorgelder anlocken, sondern auch weitere Prominenz, die wiederum mehr Aufmerksamkeit generiert, die wiederum Promis anlockt, ... ein Perpetuum mobile der PR, ein Selbstläufer.

Nun hätten die „World Awards“ schnell als Rohrkrepierer auf dem Friedhof der gescheiterten Ideen enden können – warum sollte jemand zur Verleihung eines Preises kommen, den niemand kennt? Es kam anders. Denn Kindel fand den einen Punkt, den er brauchte, um die Welt der Weltprominenz zu bewegen: Im gemütlichen Garden Plaza Hotel in Jackson, Tennessee, trifft der Journalist im August 2000 den Mann, dessen Name seinem Mobile die Initialzündung verpassen wird: Michail Gorbatschow, Friedensnobelpreisträger und letzter Präsident der Sowjetunion.

In einem zweistündigen Gespräch überzeugt Kindel den Russen, im Austausch für Spenden an dessen wohltätige Stiftung Vorsitzender der „World Awards“ zu werden. Wenig später, Anfang November 2000, findet die erste Gala in der Wiener Hofburg statt. Schon damals kursieren Zweifel: Gorbatschow zu einer großen Preisverleihung in Wien? Aber bei der festlich inszenierten Gala fegt Kindel alle Bedenken beiseite: Gorbatschow kommt – und ehrt forthin im Jahresrhythmus große Männer wie Simon Wiesenthal, Steven Spielberg, Paul McCartney, Lech Wa??sa, Michael Douglas, Papst Johannes Paul II. – Kindels Aufmerksamkeitsmaschine beginnt sich zu drehen. 2004 mutieren die „World Awards“ zu den „Women's World Awards“, mit denen Gorbatschow und Kindel große Frauen von Oprah Winfrey über Benazir Bhutto bis zu Ingrid Betancourt bedenken.

Im Juli dieses Jahres hat Kindel, inzwischen Chef eines 20-Mitarbeiter-Unternehmens, das sich ganz der Organisation der Vergabezeremonien widmet, eine weitere Auszeichnung geschaffen. Beim „Save the World Award“ sollten eigentlich Menschen und Organisationen im Mittelpunkt stehen, die sich – von „Menschen für Menschen“ bis zu Grün-Urgestein Freda Meissner-Blau – der Rettung der Welt verschrieben haben. Angesichts des Datums – einen Monat vor der Verleihung war Michael Jackson gestorben – modelte Kindel, mit viel Gespür für große Themen, die Veranstaltung vor dem Pseudo-AKW Zwentendorf zu einer multimedialen Gedenkstunde an Jackson um. Und brachte dort Jermaine Jackson, den älteren Bruder des toten Stars auf die Bühne.


Sand im Getriebe. Der Rest ist bekannt: Jackson beauftragte Kindel, beeindruckt von der Zwentendorfer Zeremonie, mit der Organisation eines Tribute-Konzertes mit 65.000 Zusehern vor Schloss Schönbrunn. Nur: Sonst hat Kindel eine Vorlaufzeit von einem Jahr, um seine Galaabende zu inszenieren. Bis Freitag prallten solche Zweifel noch ab: „Österreich ist halt nicht wie Amerika [...]. Hier gibt es einen Grundtenor: Das schafft der eh nicht“, sagte Kindel diese Woche im „Falter“. Nur: Diesmal hatten die Zweifler Recht – am Freitag wurde das Konzert mangels Stars abgesagt.

Möglich, dass dieser Misserfolg nun auch Sand in Kindels PR-Maschine streut: Ob und wie sehr die Blamage um das Tribute nicht auch den flüchtigen Glanz der World Awards mindert, kann niemand verlässlich sagen. Und ohne den Glanz bleibt da nur wenig.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.09.2009)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

AUSTRIA MUSIC MICHAEL JACKSON
Pop

Stars für Jackson-Tribute waren nie versprochen

Georg Kindel, der das Jackson-Tribute produzieren hätte sollen, bestätigt, dass große Namen zwar immer genannt wurden - versprochen sei aber nie jemand worden.
Pop

Jackson-Tribute: Keine Stars, kein Geld – kein Konzert

Das geplante Michael-Jackson-Gedenkkonzert vor dem Schloss Schönbrunn ist gestorben, soll aber 2010 in London nachgeholt werden. Der Grund der Absage: fehlende Stars und die „Negativkampagne der Medien“.
The new date for The Tribute concert is seen beyond the background poster of a press conference in
Pop

Wiener Tourismusdirektor: "Haben wenig falsch gemacht"

Die Absage des Jackson-Tributes dürfte dem Image von Wien nicht schaden, meint Tourismusdirektor Norbert Kettner. Weder die Stadt noch der Veranstalter habe viel falsch gemacht.
Kommentare

Jackson? Das ist nicht lustig!

Das Jackson-Tribute-Konzert musste abgesagt werden. Unsere Schuld!
Pop

Chronologie: Auf CNN angekündigt, im Hilton abgesagt

Von der Ankündigung in der Larry King-Show auf CNN über Zuschüsse der Stadt Wien und ausgebuchte Stars bis hin zu der Absage im Hotel Hilton. Eine Timeline.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.