Die Lohnsteuersenkung wird von Verbrauchssteuern aufgefressen.
Die Steuerreform, hat Finanzminister Schelling neulich gesagt, belaste das Budget „gar nicht“, weil die Gegenfinanzierung „voll funktioniert“. Ein Blick in die Steuerstatistik zeigt: Das scheint so zu sein.
In den ersten sieben Monaten seit Inkrafttreten der Steuerreform, die ja in Wahrheit lediglich eine nachträgliche Korrektur der kalten Progression war, sind die Lohnsteuereinnahmen um 1,36 Mrd. Euro gesunken, die Verbrauchs- und Verkehrssteuern haben aber 1,13 Mrd. Euro mehr in die Kassa gebracht.
Verbrauchs- und Verkehrssteuern – das sind die Abgaben, die die Profiteure der Lohnsteuerkorrektur im Alltag abdrücken – von der Mehrwertsteuer über die Mineralölsteuer bis zur Biersteuer. Man kann also ruhig sagen, dass sich der Finanzminister 83 Prozent des „mehr Netto vom Brutto“ über Bundessteuern wieder zurückholt. Den Rest und noch ein bisschen mehr erledigen die Gebührenerhöhungen der Gemeinden.
Schön für den Fiskus. Aber wenn man aus dieser Rechnung den vom Finanzminister ebenfalls behaupteten Konjunkturschub ableiten will, muss man, etwa nach dem Muster der Kern'schen Asylobergrenzen-Algebra, schon atemberaubende mathematische Kunststücke vollbringen.
Für Leute, die nur eins und eins zusammenzählen (und dabei zum Ergebnis zwei kommen) sieht das Ganze verdammt nach Nullnummer aus. Sicher: In den ersten Monaten hat es ein kleines Konsumschübchen gegeben (was sich auch ein wenig in den gestiegenen Mehrwertsteuereinnahmen manifestiert). Aber dieser Effekt hält nur so lang, bis die Leute merken, dass sie das „mehr Netto vom Brutto“ zwar auf dem Lohnzettel, aber leider nicht mehr im Geldbörserl finden.
Wir sehen hier den lebenden Beweis dafür, dass eine rein einnahmenseitig gegenfinanzierte Steuerkorrektur ein Nullsummenspiel ist. Wir wollen Schelling zugutehalten, dass es eine solche Pseudoreform, wenn er sich mit seinem klugen Plan zur Abschaffung der kalten Progression durchsetzt, ohnehin nicht mehr geben wird. Trotzdem empfehlen wir, gelegentlich auch einmal an die Ausgabenseite zu denken. Könnte sich lohnen.
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.09.2016)