Die ÖBB lassen ihren Caterer nicht verfrüht von Bord gehen. Die Chancen, dass Do&Co sogar bis April 2018 bleiben muss, sind gut.
Wien. Das Thema ÖBB ist „endgültig erledigt“, donnerte Do&Co-Chef Attila Dogudan noch im Sommer. Vom langen Konflikt rund um den wenig rentablen Cateringvertrag mit den heimischen Staatsbahnen hatte der Unternehmer sichtlich genug. Bei der Do&Co-Tochter „Henry am Zug“ soll es bekanntlich zu Verletzungen der Arbeitszeitregelung gekommen sein, es droht eine Verwaltungsstrafe von 1,3 Mio. Euro.
Doch so einfach ist es nicht. Wie „Die Presse“ erfahren hat, lassen es sich die ÖBB noch offen, ob sie ihren Caterer notfalls zwangsweise bis April 2018 an Bord halten werden oder nicht. „Wir haben eine entsprechende Option im Vertrag im Einvernehmen mit Do&Co bis Jahresende strecken lassen“, sagt ein Pressesprecher.
Keine Ausschreibung ohne KV
Ursprünglich hätte sich die Konzernführung bis Ende September entscheiden müssen, ob sie Attila Dogudan wie gewünscht spätestens mit März 2017 aus dem Vertrag entlässt. Doch aller Voraussicht nach folgt stattdessen eine Verlängerung. Die Chancen, dass Do&Co auch nach dem bisherigen Vertragsende das Essen in den ÖBB-Zügen servieren werden, stehen gut. Die ÖBB selbst haben nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass sie den Auftrag am liebsten in den Händen des alten Kern-Wunschkandidaten Attila Dogudan wüssten.
Für eine Verlängerung spricht auch, dass die Ausschreibung für den Cateringauftrag durch die ÖBB nun bereits zum dritten Mal verschoben wurde. Dem Vernehmen nach soll erst dann wieder nach neuen Anbietern gesucht werden, wenn die verworrene Situation rund um den fehlenden Kollektivvertrag für die 600 Beschäftigten gelöst ist.
„Kein Anbieter weiß, wie er kalkulieren soll“, sagt ein Insider. Eine Einigung zwischen Gewerkschaft und Wirtschaftskammer wird allerdings erst im kommenden Frühjahr erwartet. Damit ist es sehr unwahrscheinlich, dass die ÖBB Dogudan vor 2018 ziehen lassen werden. Denn in so kurzer Zeit kann die notwendige europaweite Ausschreibung schlichtweg nicht durchgeführt werden.
Dogudan selbst zeigte zuletzt allerdings herzlich wenig Interesse, zu den bisherigen Bedingungen weiter das Catering in den ÖBB-Zügen zu übernehmen. In vier Jahren „Henry am Zug“ hat das Unternehmen nach eigenen Angaben rund zehn Millionen Euro Verlust angehäuft. Nur in einem Jahr ging sich ein kleines Plus aus. An einer Neuausschreibung werde sich Do&Co daher nicht beteiligen, bekräftigte Dogudan kürzlich.
86 Prozent Umsatz im Ausland
Stattdessen investiert er stark in den Retailbereich im Ausland, wo 86 Prozent der Umsätze erwirtschaftet werden. Derzeit ist das Airline-Catering noch das stärkste Segment bei Do&Co. Geld fließt in den kommenden Monaten aber vor allem in andere Geschäftsfelder. Hundert Millionen Euro will Dogudan im laufenden Geschäftsjahr 2016/2017 in die Hand nehmen, um weitere Gourmetküchen in Düsseldorf, Paris und Los Angeles zu eröffnen. Geschäfte mit der heimischen Staatsbahn sind im Plan bisher nicht vorgesehen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.09.2016)