Illegale Geschäfte: Die Wirtschaft im Schatten

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Pfusch wird noch immer als Kavaliersdelikt angesehen. Immerhin gehen der Finanz und der Sozialversicherung allein im Baubereich durchs Arbeiten "ohne Rechnung" jährlich rund eine Milliarde Euro verloren.

Pfusch am Bau – eine fast endlose Geschichte. Schon seit Jahrzehnten wollen Wirtschaftskammer und Vater Staat der Schwarzarbeit das Wasser abgraben. Immerhin gehen der Finanz und der Sozialversicherung allein im Baubereich durchs Arbeiten „ohne Rechnung“ jährlich rund eine Milliarde Euro verloren. Der Linzer Volkswirtschaftsprofessor Friedrich Schneider, der sich mit der Schattenwirtschaft intensiv beschäftigt, schätzt, dass über alle Branchen knapp zehn Prozent des BIP durch Schwarzarbeit erwirtschaftet werden. Der Bau nimmt dabei eine führende Stelle ein. Der Erfolg der Gegenmaßnahmen ist wechselhaft. Nach Berechnungen von Schneider ging der Pfusch in den Jahren 2005 bis 2008 zurück. Für heuer prophezeit der Volkswirtschafter der Schattenwirtschaft allerdings ein Wachstum von satten fünf Prozent.

Wobei Pfusch am Bau mehrere Seiten hat. Neben dem Häuslbauer, der sich von mehr oder weniger guten „Bekannten“ helfen lässt, sind vor allem die professionell organisierten Pfuscherpartien mit Scheinfirmen ein Dorn im Auge von Finanz, Sozialversicherung und Wirtschaftskammer. Denn in diesem Bereich geht's um vorsätzlichen Betrug. Die Masche: Es wird eine Firma gegründet, Bauarbeiter werden teilweise sogar angemeldet, Arbeiten ausgeführt und Geld kassiert. Aber anstatt die fälligen Steuern und Abgaben abzuführen, geht das Unternehmen in Konkurs, der verantwortliche Geschäftsführer verschwindet meist ins Ausland.

Schärfere Kontrollen

Einer der Hauptgeschädigten ist die Bauarbeiter Urlaubs- und Abfertigungskasse BUAK. Eine vor Kurzem in Kraft getretene Gesetzesnovelle ermöglicht der BUAK nun, durch eine Reihe von Maßnahmen diese Schattenwirtschaft effektiver zu bekämpfen. „Unsere Mitarbeiter dürfen jetzt jede Baustelle betreten, Ausweise von den dort Arbeitenden verlangen und fragen, für welche Firma sie beschäftigt sind“, erzählt BUAK-Direktor Bernd Stolzenburg.

Vier Mitarbeiter der BUAK sind täglich unterwegs. Allein im Großraum Wien haben sie in den letzten Monaten mehr als 600 Arbeitende entdeckt, die vom Arbeitgeber nicht bei der Urlaubs- und Abfertigungskasse gemeldet waren. Außerdem kommt man durch die Kontrollen auch dem Geflecht der Scheinfirmen auf die Spur: „Es steckt offensichtlich eine gut organisierte Struktur dahinter, Arbeitnehmerpartien wandern von einer Firma zur nächsten, auch die dahinterstehenden rechtlichen Berater sind immer wieder dieselben“, erzählt Stolzenburg.

Oft gemeinsam, oft aber auch getrennt von den BUAK-Teams sind Mitarbeiter der Sondereinheit „Kontrolle der illegalen Arbeitnehmerbeschäftigung“ (KIAB) des Finanzministeriums auf den Baustellen. Das 350 Mann starke Team zur Aufdeckung der Schwarzarbeit kontrolliert österreichweit neben dem Bau auch andere pfuschanfällige Gewerbe wie Transport oder Gastgewerbe. In Schwerpunktaktionen unterstützen dabei auch Polizisten die Finanzer. Die Trefferquote der Kontrolleure ist hoch: „26.700 Kontrollen führten wir 2008 durch, bei zirka 30 Prozent stießen wir auf Unregelmäßigkeiten“, berichtet Harald Waiglein, Pressesprecher des Finanzministeriums. Dabei drohten den Ertappten strenge Strafen, weiß Waiglein: „Die Steuer ist nachzuzahlen und zusätzlich das Doppelte des hinterzogenen Betrags. Wer öfters ertappt wird, dem drohen sogar Haftstrafen.“

Offensichtlich schreckt das nur wenige. „Die Kontrollen bringen nichts“, sagt Schneider. Grund ist seiner Meinung nach, dass die Österreicher Pfusch nach wie vor als Kavaliersdelikt ansehen. „Letztlich entsteht durch Pfusch Wertschöpfung und auch der Finanzminister schneidet unterm Strich nicht so schlecht ab, weil das verdiente Geld nach Feierabend wieder ausgegeben wird“, argumentiert Schneider.

Ehrliche Firmen als Verlierer

Wirkliche Verlierer sind neben den Sozialversicherungen „die ehrlichen Betriebe, Baumeister, die konsequent sagen, ich arbeite nicht ohne Rechnung“, so Schneider. Und Auftraggeber, die von den Pfuschern im wahrsten Sinn des Wortes Pfusch geliefert bekamen. Als Abhilfe schlägt der Linzer Universitätsprofessor ein Modell nach dem Vorbild Deutschlands vor: Dort können auch Private Handwerkerrechnungen steuerlich geltend machen. Davon wollen die Verantwortlichen aber in Österreich bislang nichts wissen.

PFUSCH AM BAU

Arbeiten ohne Rechnung bieten nicht nur private Pfuscher an. Am Bau wird zum Teil organisiert gepfuscht. Kontrollen wurden zwar verschärft, zeigten aber wenig Wirkung. Das Unrechtsbewusstsein ist meist gering. Leidtragende sind Kranken- und Sozialversicherung, geprellte Auftraggeber und die ehrlichen Unternehmen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.10.2009)

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