AMS-Chef: Arbeitsmarktlage "weiterhin sehr schlecht"

Johannes Kopf
Johannes KopfDie Presse (Clemens Fabry)
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Die Arbeitslosigkeit stieg im Vorjahr zwar weniger stark als erwartet, ein anhaltender Rückgang der Zahlen ist aber nicht in Sicht.

Die Arbeitslosenzahlen sind im Jahr 2016 auf ein neues Rekordhoch geklettert. Erstmals seit fünf Jahren gab es am Jahresende aber einen kleinen Rückgang. Die Zahl der jahresdurchschnittlich arbeitslosen Personen und Schulungsteilnehmer stieg 2016 im Vergleich zum Jahr davor um 1,2 Prozent auf 424.523 Betroffene.

Für AMS-Vorstand Johannes Kopf ist die Arbeitsmarktlage "weiterhin sehr schlecht", wenn auch die Beschäftigungsentwicklung erfreulich war. Die Arbeitsmarktprognosen seien zu Jahresanfang noch von einem deutlich höheren Arbeitslosenanstieg ausgegangen, so Kopf am Montag in einer AMS-Analyse. Die Konjunkturverbesserung im Jahresverlauf und offenbar weniger abgeschlossene Asylverfahren hätten zu einer niedrigeren Zunahme beigetragen. Laut dem AMS-Chef stand ein großer Teil der 2015 und 2016 angekommenen Flüchtlinge dem Arbeitsmarkt noch nicht zur Verfügung.

Mehr als 28.000 Flüchtlinge ohne Job

Im Dezember waren 28.125 anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte ohne Job, um ein Drittel mehr als im Dezember 2015, geht aus einer Sonderauswertung des AMS für die APA hervor. Davon waren 7.095 Frauen und 21.030 Männer. Diese Gruppe stellte einen Anteil von 6,8 Prozent aller beim AMS vorgemerkten Personen und Schulungsteilnehmer dar.

Innerhalb Österreichs sind die arbeitslosen Flüchtlinge sehr unterschiedlich verteilt: Ein Großteil der Betroffenen wurde in Wien (17.746) verzeichnet, gefolgt von Niederösterreich (3.047) und Oberösterreich (2.576). Die meisten arbeitslosen anerkannten Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigten stammten aus Syrien (12.335), Afghanistan (5.218), Russland (3.540) und dem Irak (1.776).

Vor allem bei den Syrern ist das Ausbildungsniveau teilweise hoch. Die Mehrheit der Flüchtlinge (16.691) hat jedoch nur eine Pflichtschulausbildung. Eine akademische Ausbildung haben lediglich 2.224, davon allein 1.506 Syrer. Das AMS räumt ein, dass es bei den Informationen zu den Ausbildungen noch Unschärfen gibt. Mitunter erschwerten mangelnde sprachliche Kenntnisse die exakte Beschreibung der absolvierten Ausbildung, so das AMS. Grundsätzlich würden keine Abschlusszeugnisse verlangt, sondern die angegebenen Informationen - sofern sie nicht unglaubwürdig erscheinen - durch die AMS-Berater dokumentiert. Um Qualifikation zu überprüfen, organisiert das AMS für Flüchtlinge einen fünfwöchigen Kompetenz-Check.

Stöger: Starker Anstieg des Arbeitskräftepotenzials

Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) verwies in einer Aussendung auf den kräftigen Anstieg des Arbeitskräftepotenzials. "Dieser Zuwachs konnte bis vor wenigen Monaten auch durch die zusätzlich geschaffenen Arbeitsplätze und die Beschäftigungsrekorde dieses Jahr nicht abgefangen werden", so Stöger. Ein anhaltender Rückgang der Arbeitslosigkeit ist für Stöger noch nicht in Sicht. Das zweite Monat in Folge mit leicht sinkender Arbeitslosigkeit sei "keine Trendwende" und das Thema Arbeitsplätze habe 2017 oberste Priorität für die Bundesregierung.

Den stärksten Anstieg der Arbeitslosigkeit gab es 2016 bei langzeitarbeitslosen Personen mit einem Plus von 59,8 Prozent auf 55.550 Betroffene. Die Zahl der arbeitslosen Personen und Schulungsteilnehmern stieg ebenfalls stark bei Akademikern (+13,8 Prozent), Personen mit höherer Ausbildung (+9,9 Prozent), Ausländern (+8,6 Prozent) und Über-50-Jährigen (+5,6 Prozent). Den deutlichsten Rückgang gab es am Bau (-6,9 Prozent) und in den Bundesländern Tirol (-5,8 Prozent) und Salzburg (-4,1 Prozent).

Vorläufige Arbeitslosenquote bei 9,1 Prozent

Die vorläufige Arbeitslosenquote nach nationaler Berechnung verringerte sich 2016 laut AMS um 0,1 Prozentpunkte auf historisch hohe 9,1 Prozent. Im Durchschnitt betrug die Verweildauer in der Arbeitslosigkeit bereits 126 Tage, um 11 Tage mehr als 2015. Die Zahl der unselbstständig Beschäftigten stieg laut Prognose um 1,5 Prozent auf 3,588 Millionen und die sofort verfügbaren Stellen erhöhten sich 2016 aufgrund der Konjunkturbelebung im Jahresdurchschnitt um 37,7 Prozent auf 40.277.

(APA)

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