Perchtoldsdorf: „Ich habe meine Eltern getötet“

Hinter hohen Zäunen und Hecken wurde am Dienstag ein altes Ehepaar erschlagen.
Hinter hohen Zäunen und Hecken wurde am Dienstag ein altes Ehepaar erschlagen.(c) APA/HANS PUNZ
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Ein 47-Jähriger soll seine bettlägrigen Eltern erschlagen haben. Das Tatwerkzeug: ein Baseballschläger. Der Mann stellte sich selbst.

Perchtoldsdorf. Wie eine verlassene Festung sieht es nun aus, das Haus der Familie B. am Wiener Stadtrand. Hier, in einer Ein- und Mehrfamilienhaussiedlung in Perchtoldsdorf, soll der Sohn des alten Ehepaars am frühen Dienstagmorgen zu einem Baseballschläger gegriffen und so lange auf die Köpfe der Eltern eingeschlagen haben, bis beide tot waren. Jedenfalls lauten so die ersten Schlüsse der Polizei über den möglichen Tathergang. Lange dürfte der Todeskampf von Vater und Mutter, er 85, sie 75 Jahre alt, nicht gedauert haben. Die Tatortfotos verschlugen auch erfahreneren Beamten vor Ort die Sprache.

Geständnis am Telefon

Seit Dienstagmittag steht das beigebraune Gebäude leer. Spurensicherung und Mordermittler zogen weiter. Die Rollläden sind heruntergelassen, das Garagentor ist zu. Sogar die Zeitung liegt noch unberührt in der am Gartenzaun montierten Rolle. Die Opfer und der Tatverdächtige kamen nicht mehr dazu, sie zu lesen. Den Sohn der Familie hatte eine Armada von Streifenwagen bereits kurz nach sieben Uhr morgens abgeholt. Das getötete Ehepaar wurde wenige Stunden später von einem Leichenwagen in Särgen abtransportiert und in die Gerichtsmedizin gebracht. Was war geschehen an diesem kalten und windigen Dienstagmorgen in Niederösterreich?

„Ich habe meine Eltern getötet.“ Mit diesem Satz begann Gerald B. sein Telefonat mit dem Polizeinotruf 133. Anschließend schilderte er dem Diensthabenden das Wo und Wie. Wenige Minuten später ließ er sich vor dem gemeinsam mit den Eltern bewohnten Haus von den herbeigeeilten Polizisten festnehmen. Vollkommen ruhig und ohne Widerstand zu leisten. Warum der 47-jährige ÖBB-Bedienstete zum – mutmaßlichen – Doppelmörder wurde? Die Ermittler des Landeskriminalamts sollen das jetzt klären.

Das alte Ehepaar war bettlägrig und wurde bis zuletzt vom berufstätigen Sohn gepflegt. 2004 schon überschrieben die beiden das Eigentum am schuldenfreien Haus auf ihn, behielten sich jedoch ein Wohnrecht vor. Die beiden Töchter, die wie die Eltern gehörlos sind, haben keine Anteile an der Immobilie und leben nicht mehr in der Nähe.

Bis zum späten Dienstagnachmittag war für die LKA-Beamten das Motiv trotz einer mehrstündigen Befragung des Tatverdächtigen unklar. „Wir hoffen nun, dass Gespräche mit den Schwestern, Nachbarn und anderen Vertrauenspersonen ein wenig Licht in die Sache bringen“, sagte Polizeisprecher Johann Baumschlager. Bis gestern lebte die Familie sozusagen unter dem Radar der Behörden: keine Vorstrafen, keine Vorfälle, keine Beschwerden. Ob die physisch und psychisch belastende Lebenssituation des Mannes die Tat mit auslöste? Möglich, Faktenwissen sieht jedoch anders aus.

„Dieser Auflauf ist unverschämt“

Im Gefüge der direkt entlang der Südbahntrasse gelegenen Siedlung scheint Familie B. aber nicht wirklich tief integriert gewesen zu sein. Haus, Garage und Garten wirken separiert. Als Trennwände zur Außenwelt dienen eine – beim Hauseingang sogar doppelt ausgeführte – massive Einfriedung sowie Thujenhecken und Stacheldraht an der Rückseite des Geländes. Im Garten stehen Obstbäume und eine fast neue Hollywoodschaukel.

Das Gebäude steht unmittelbar an der Schnittstelle zweier Generation. Hier die Alten, deren Kinder entweder ausgezogen oder zur Pflege der Eltern wieder heimgekehrt sind. Auf der anderen Straßenseite wohlhabende Junge aus der nahen Großstadt, die sich den Traum vom schicken Architektenhaus mit Flachdach erfüllen, zu den Alteingesessenen jedoch keinen Kontakt haben. Entsprechend fallen auch die Reaktionen der Nachbarn auf die Tat aus: Die einen wohnen zu kurz hier, um auch nur ein gemeinsames Erlebnis mit den B.'s erzählen zu können, die anderen empören sich – zuweilen auch lautstark und mit Hund – über das Medieninteresse an der Tat. „Ich weiß, Sie alle hier machen nur Ihre Arbeit, aber dieser Auflauf an Reportern ist unverschämt.“

Danach wurde es wieder ruhig in Perchtoldsdorf. Die Kamerateams zogen ab, der Tatverdächtige wurde in die Justizanstalt Wiener Neustadt verlegt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.01.2017)

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