Der Vorstand der niederösterreichischen ÖVP hat die frühere Innenministerin einstimmig zur Nachfolgerin von Landeshauptmann Pröll nominiert. Sie sprach von "großen Fußstapfen", in die es zu treten gelte.
Die frühere Innenministerin und derzeitige Landesrätin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) wird im März niederösterreichische Landeshauptfrau. Der Landesparteivorstand nominierte sie am Mittwoch wie erwartet zur Nachfolgerin von Erwin Pröll an der Parteispitze. Ihre Wahl zur Parteichefin wird bei einem Landesparteitag am 25. März stattfinden. In der Folge wird Mikl-Leitner - wohl am 27. April - im Landtag auch zur ersten Landeshauptfrau Niederösterreichs gewählt.
Der Beschluss im Vorstand sei einstimmig erfolgt, teilte Pröll in einer Pressekonferenz mit. "Hanni Mikl-Leitner ist eine erfahrene Politikerin", betonte er. Sie habe als Innenministerin etwa in der Flüchtlingskrise "enorme Führungsqualitäten" bewiesen. Sie habe zu verantworten, dass Österreich damals "nicht unter die Räder gekommen ist". Diese "handfeste Arbeit" werde Mikl-Leitner "mit Sicherheit auch an der Spitze der niederösterreichischen Volkspartei fortsetzen".
Pröll: "Ich lebe auf keinem großen Fuß"
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Mikl-Leitner zollte Pröll "großen Respekt". Sie habe das politische Handwerkszeug von Pröll gelernt. Es sei ihr eine "ganz große Verantwortung", seine Aufgabe in Zukunft übernehmen zu dürfen. Die Landesrätin sprach von "großen Fußstapfen", in die es zu treten gelte. Pröll sah das anders: "Ich lebe auf keinem großen Fuß, ich habe Schuhgröße 42. Wenn ich mich so umsehe, dann hat Hanni Mikl-Leitner Schuhgröße 41. Und ich bin sicher, die Füße werden um diese eine Nummer noch wachsen."
ÖVP-Obmann Reinhold Mitterlehner erwartet, dass Mikl-Leitner die ÖVP Niederösterreich in eine "erfolgreiche Zukunft" führen wird. Die künftige Landeshauptfrau stehe für eine Politik "mit Herz und Verstand", erklärte er in einer Aussendung. Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) sprach von einem "guten Beschluss". Es sei eine "niederösterreichische Marke, nicht rum zu tun". Schon am Tag nach der Bekanntgabe von Prölls Rückzugs "steht fest, wohin die Reise geht".
Pröll hatte am Dienstag seinen Rücktritt angekündigt. Man müsse wissen, "wann es Zeit ist", begründete er die "sehr persönliche Entscheidung". Die Latte für seine Nachfolgerin liegt hoch: Der scheidende Landeshauptmann hat es in der letzten Landtagswahl-Runde österreichweit als einziger geschafft, die Absolute knapp zu erhalten.
Die "Ära der Landeshauptleute" sieht Pröll mit seinem Abgang übrigens nicht zu Ende gehen: "Ich gehe nicht davon aus, dass deswegen, weil Erwin Pröll zurücktritt, die Verfassung geändert wird."
Die frühere Innenministerin Johanna Mikl-Leitner folgt dem niederösterreichischen Landeshauptmann Erwin Pröll (beide ÖVP) nach. Was für die 53-Jährige eine große Ehre ist, könnte zur ziemlichen Belastung werden. Denn die Fußstapfen ihres Vorgängers und Mentors Erwin Pröll sind verdammt groß. Seine Traumergebnisse bei Landtagswahlen zu erreichen, wird für die hemdsärmelige Weinviertlerin keine leichte Übung, doch sie gibt sich optimistisch: "Ich habe das politische Handwerkszeug von Erwin Pröll gelernt", bedankte sie sich "mit Demut" für die einstimmige Nominierung durch den Landesparteivorstand. APA/HELMUT FOHRINGER
Im April 2016 hatte Pröll Mikl-Leitner zurück nach Niederösterreich beordert - zunächst als seine Stellvertreterin und Finanzlandesrätin. Zuvor war soe so etwas wie der Vorposten Prölls in Wien gewesen. Von ihm ins Innenressort dirigiert, vertrat die Innenministerin in der Tradition Ernst Stassers und Liese Prokops nicht nur im eigenen Ressort die Interessen ihres Bundeslands. Praktisch war dabei, dass sich Mikl-Leitner unter Michael Spindelegger auch noch die ÖAAB-Obmannschaft schnappte und ihre Machtbasis so nicht unwesentlich erweiterte. (c) APA
In den Monaten vor ihrer Rückkehr nach Niederösterreich war Mikl-Leitner fast ausschließlich mit der Flüchtlingskrise beschäftigt. Monatelang kämpfte sie mit den Ländern verbissen um jeden Quartier-Platz, legte Vorschlag um Vorschlag zur Eindämmung des Flüchtlingsstroms vor und sorgte nebenbei ab und an mit ungeschickter Rhetorik für Stirnrunzeln. Auch wenn das Vorgehen der Ministerin manchmal erratisch wirkte, würde es deutlich zu kurz greifen, ihr die alleinige Schuld an der anfangs chaotischen wirkenden Flüchtlingspolitik der Regierung umzuhängen. Die Spitzenpolitik ließ sie nämlich großteils alleine im Regen stehen. Geschickt ausgenützt hat Mikl-Leitner jedenfalls die allgemeine Terror-Angst, um viel Geld und Personal für die Exekutive herauszuschlagen. Entsprechend schlugen ihr aus dem eigenen Apparat kaum kritische Töne entgegen. (c) APA
Ihr hartes Law&Order-Image kontrastiert stark mit Mikl-Leitners Auftreten abseits der medialen Aufmerksamkeit. Die künftige Landeshauptfrau, die übrigens mit einer Zwillingsschwester aufwuchs, gehört zu den leutseligsten und allüren-ärmsten Politikerinnen des Landes. Diese Talente der studierten Wirtschaftspädagogin aus Hollabrunn erkannte man in der niederösterreichischen Volkspartei früh. Der damalige Landesparteisekretär Ernst Strasser engagierte sie als Marketingleiterin, wirklich auffallen konnte sie erstmals mit der Organisation der "Initiative für Erwin Pröll" bei der Landtagswahl 1993. Fünf Jahre später überantwortete ihr der Landeshauptmann die Geschäftsführung der Landespartei. (c) APA
Seither ist Mikl-Leitner aus dem Machtzirkel der niederösterreichischen Schwarzen nicht mehr wegzudenken, auch wenn sie bei Wirtschafts- und Bauernbund seit jeher nicht nur Freunde hat. Nach einem kurzen Intermezzo im Nationalrat holte Pröll sie 2003 zurück in die Heimat, wo sie als Landesrätin unter anderem für Europa- und Familienagenden, zuletzt auch für Soziales zuständig war. (c) APA
Ein erster Schritt in den Bund war der Posten der Vize-Parteiobfrau unter Josef Pröll. Als der damals neue ÖVP-Chef Michael Spindelegger sie ins Innenministerium rief, war die verheiratete Mutter von zwei Töchtern, die mit ihrer Familie in Klosterneuburg lebt, für Wien bereit. Ihr vielleicht größter Erfolg war da die Volksbefragung zur Wehrpflicht, für deren Erhalt sie die ÖVP an die vorderste Front schickte. Dass sich Fleiß und unermüdliche Parteitreue auszahlen können, bestätigt sich jetzt. Der Lohn für Mikl-Leitner ist kein schlechter.
Steckbrief: Johanna Mikl-Leitner, geboren 9.2.1964 in Hollabrunn, verheiratet, zwei Töchter, abgeschlossenes Studium an der Wiener Wirtschaftsuniversität (Mag. rer. soc. oec.), ab 1989 Lehrerin an der Handelsakademie Laa/Thaya, ab 1990 Unternehmensberaterin. Politischer Werdegang: 1995 Marketingleiterin der Volkspartei Niederösterreich, 1998 ÖVP-Landesgeschäftsführerin, 1999-2003 Nationalratsabgeordnete, 2003-2011 Landesrätin in Niederösterreich, 2011-2016 Innenministerin und Obfrau des ÖAAB. (c) Presse/ Michaela Seidler
Mikl-Leitner ist erste Landeshauptfrau Niederösterreichs
Das St.-Pölten-Syndrom unterscheidet sich vom Stockholm-Syndrom nur darin, dass man sich in Niederösterreich freiwillig, ja sogar mit absoluter Mehrheit in Geiselhaft begibt.
Mikl-Leitner wird die dritte Frau an der Spitze eines Landes. Klasnic und Burgstaller mussten sich noch mit der Frage, ob man „Landeshauptfrau“ sein kann, herumschlagen. Sie wurden im Volk rasch populär, stürzten aber tief.
Es sieht nicht gut aus für Johanna Mikl-Leitner. Sie muss sich aus dem Schatten eines Monuments lösen. Vor einer ähnlichen Aufgabe stand einst Angela Merkel.
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