Offenbar war "zeitnah" ein Anschlag geplant, heißt es aus dem Innenministerium. Ein mögliches Ziel könnte das U-Bahn-Netz in Wien gewesen sein.
Der am Freitagabend in Wien wegen Terrorverdachts festgenommene Jugendliche war den Behörden als Kleinkrimineller bekannt. Er hat sich nach Erkenntnissen der Ermittler zuletzt in einem radikalen albanisch-islamistischen Milieu bewegt, sagte Karl-Heinz Grundböck, der Sprecher des Innenministeriums, am Samstag.
"In den vergangenen Tagen und Wochen hat es eine sich verdichtende Verdachtslage gegeben, die sich insbesondere auch aus Informationen von Behörden aus anderen Ländern ergeben haben", sagte Grundböck zur APA. Die Ermittlungen seien vom Bundesamt für Verfassungsschutz geführt worden. "Die Person war jederzeit unter Kontrolle", betonte der Sprecher des Innenministeriums.
"Die Verdachtslage geht in die Richtung, dass der Verdächtige zeitnah einen Anschlag mit terroristischer Motivation in Wien plante." Ähnliches hatte bereits der Generaldirektor für Öffentliche Sicherheit im Innenministerium, Konrad Kogler, Samstagfrüh im Ö1-Morgenjournal erklärt. Eine Bombe in der U-Bahn in Wien sei "eines der möglichen Szenarien gewesen". Ob der Verdächtige Kontakte ins Ausland gehabt habe, wollte er mit Hinweis auf die laufenden Ermittlungen nicht sagen. Innenminister Wolfgang Sobotka hatte allerdings in der "ZiB 2" gesagt, es gebe Anhaltspunkte, "dass ein etwas größeres Rahmenwerk dahintersteht".
Polizei kündigt höhere Präsenz an
Die Festnahme am Freitag um 18.00 Uhr sei aus der Observation heraus in der Quellenstraße in Favoriten in unmittelbarer Nähe der Wohnadresse des Verdächtigen erfolgt, sagte Grundböck. Vollzogen wurde damit ein justizieller Haftbefehl wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung.
Hausdurchsuchungen seien an mehreren Adressen in Wien und Niederösterreich durchgeführt worden. Dabei sei Material beschlagnahmt worden, das nun ausgewertet werde, sagte Grundböck, ohne Details zu nennen. "Es gibt auch laufende Vernehmungen von Bezugspersonen", sagte der Ministeriumssprecher. Sowohl für die Auswertung der Aussagen als auch des bei den Hausdurchsuchungen beschlagnahmten Materials sei umfangreiche Detailarbeit notwendig, die entsprechend Zeit in Anspruch nehme. Die zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen der Polizei in Wien blieben bis zum Abschluss der Ermittlungen aufrecht, erklärte Grundböck.
Die Polizei kündigte eine erhöhte Präsenz von Beamten in Uniform und zivil an stark frequentierten Plätzen an. Die Bevölkerung wurde zu Wachsamkeit aufgerufen.
Doskozil: "Wir sind vorbereitet"
Für Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) hat die Festnahme gezeigt, "dass wir vorbereitet sind, aber es zeigt natürlich auch ganz klar, dass es eine absolute Sicherheit nicht gibt". Die Sicherheitslage sei aber gleich zu beurteilen wie am Tag davor, sagte der Minister am Freitagabend gegenüber Journalisten.
"Der Terror ist in Europa angekommen", meinte Doskozil. Man habe lange vor solchen Situationen gewarnt. Man müsse nun den Weg zur Terrorbekämpfung gemeinsam mit dem Innenministerium weiter gehen, drängte Doskozil etwa einmal mehr auf die Umsetzung des vereinbarten Sicherheitskabinetts für Krisenfälle.
Der aktuelle Fall zeige aber, dass die Zusammenarbeit auf polizeilicher Ebene offensichtlich funktioniere, es sei früh genug gewarnt worden. Da das Abwehramt nicht im Vorhinein informiert worden sei, geht Doskozil davon aus, dass es sich um einen "rein polizeilichen Fall" handelt.
Zum ÖVP-Wunsch nach mehr Überwachung erklärte Doskozil, es seien mehrere Themen offen. Man müsse gut abwägen, wie weit man mit Überwachung gehe, und auch, was dann mit den Daten geschehe, betonte der Minister. Angesprochen auf die Vorratsdatenspeicherung verwies Doskozil darauf, dass man das aktuelle Erkenntnis des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) in Betracht ziehen müsse - in diesem Rahmen könne man sich "möglicherweise bewegen".
Der EuGH hatte vergangenen Dezember entschieden, dass die Datenspeicherung nur zur Bekämpfung schwerer Straftaten zulässig sei. Sie müsse aber "auf das absolut Notwendige" beschränkt werden, Datenabfragen dürften nur auf richterliche Anordnung erfolgen, der Rechtsschutz müsse gewährleistet sein.
(APA)