Trumps Showdown mit den Richtern

Die Proteste gegen seine Immigrationspolitik verfolgen den Präsidenten bis nach West Palm Beach in Florida, vor die Tore seiner Ferienresidenz Mar-a-Lago.
Die Proteste gegen seine Immigrationspolitik verfolgen den Präsidenten bis nach West Palm Beach in Florida, vor die Tore seiner Ferienresidenz Mar-a-Lago.(c) imago/Agencia EFE (imago stock&people)
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Zwei Gerichtsurteile stoppten das Einreiseverbot des Präsidenten wenigstens vorübergehend. Die Justiz zeigte einem tobenden Donald Trump einstweilen die Grenzen der Macht auf.

Wien/Washington. Am ersten freien Wochenende nach seinem furiosen, hyperaktiven Start im Weißen Haus hatte sich der Präsident in sein Luxusdomizil Mar-a-Lago im Millionärsghetto Palm Beach in Florida zurückgezogen – zum Ausspannen, Golfspielen und um seinen Freunden Bill Belichick und Tom Brady, seinen Freunden bei den New England Patriots, im Super Bowl in Houston in der Nacht zum Montag die Daumen zu drücken. Zum Auftakt des Football-Finales gab Donald Trump zudem Bill O'Reilly, seinem Buddy bei Fox News, ein TV-Interview, in dem er als Verteidiger Wladimir Putins gleich eine neue Kontroverse heraufbeschwor. „Glauben Sie, unser Land ist so unschuldig?“, entgegnete er auf eine Frage über sein Verhältnis zum „Killer“ Putin.

Doch in erster Linie musste sich Trump mit einem Rechtsstreit herumschlagen, der ihm die Grenzen seiner Macht aufzeigte. Zwei Wochen nach seiner Amtsübernahme droht sich Trump in einem Showdown mit der Justiz zu verzetteln, nachdem er zuvor schon den Medien den Krieg angesagt hat. „Wir werden gewinnen“, erklärte Trump indes trotzig.

Denn der Kampf um den Einreisebann hat am Wochenende eine dramatische Wendung genommen. Ein Berufungsgericht in San Francisco wies einen Eilantrag der Regierung ab, das umstrittene vorübergehende Einreiseverbot für Flüchtlinge aus Syrien und für Staatsbürger aus sieben vorwiegend muslimischen Staaten wieder in Kraft zu setzen. Zuvor hatte ein Bundesgericht in Seattle das Dekret des Präsidenten als verfassungswidrig aufgehoben. Das Berufungsgericht forderte bis heute, Montag, eine umfassende Begründung der Regierung an. Das Justizministerium argumentierte, das Bundesgericht in Seattle überschreite seine Kompetenzen und das Urteil des Richters James Robart unterminiere die Autorität des Präsidenten in Sicherheitsfragen.

Während ein Run aus den inkriminierten Ländern in die USA einsetzte und das Außen- und das Heimatschutzministerium die Annullierung von bis bis zu 100.000 Visa zurücknahm, hielten die Proteste gegen die Immigrationspolitik des Präsidenten an. In New York, Washington und auch beim Super Bowl in Houston, dem größten TV-Ereignis in den USA, erschallten die Parolen der Demonstranten. Selbst nach West Palm Beach, vor den Toren seiner Residenz an Floridas Küste, verfolgten den Präsidenten die wütenden Proteste.

Twitter-Salven

Doch Donald Trump ließ die Urteile nicht auf sich beruhen. In einer Salve von Twitter-Attacken nahm er den „sogenannten“ Richter Robart, einen Republikaner, ins Visier. „Wie weit ist es mit unserem Land gekommen?“, zeterte er. Er schickte seinen Vize, Mike Pence, aus, um den Standpunkt des Weißen Hauses darzulegen. Republikanische Spitzenpolitiker hielten sich aber auffällig bedeckt. Senator John McCain hatte das Einreiseverbot zuvor schon als kontraproduktiv kritisiert.

Die Demokraten legten sich indessen keinerlei Zurückhaltung auf. Sie sehen sich in Trumps Reaktionen nur bestätigt. Ein Senator mutmaßte, der Präsident wolle das Land womöglich in eine Verfassungskrise stürzen. „Die Angriffe des Präsidenten zeigen eine Verachtung gegenüber der unabhängigen Justiz, die sich nicht seinen Wünschen fügt, und einen Mangel an Respekt für die Verfassung“, polterte Chuck Schumer, der Senatsführer der Demokraten.

Für sie ist das Verhaltensmuster des Präsidenten evident. Schon im Wahlkampf zog Trump ungerührt über einen Richter her, den er wegen seiner Latino-Wurzeln für parteiisch hielt, in der Causa der Trump University eine Entscheidung zu fällen. In dem Rechtsstreit führt die Opposition darüber hinaus einen Präzedenzfall an. Ein Bundesgericht in Texas hat den Pardon Barack Obamas und die vorläufige Aufenthaltsgenehmigung für illegale Immigranten aufgehoben. Ein Berufungsgericht bestätigte das Urteil. Seither steht ein endgültiges Verdikt aus. Einen derartigen Instanzenweg bis hin zum Obersten Gerichtshof könnte nun auch das Trump-Dekret nehmen.

Für die Berufung des Trump-Kandidaten Neil Gorsuch ins Höchstgericht verheißt das Justizdrama nichts Gutes. Die Republikaner blockierten den Obama-Kandidaten fast ein Jahr lang – bis zum Wechsel im Weißen Haus.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.02.2017)

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