Der Innenminister zeigt sich verärgert über kritische Stimmen aus der (Wiener) SPÖ: "Der Rechtsstaat, dem man auf der Nase herumtrampelt, ist kein Rechtsstaat."
Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) wirft der SPÖ beim Fremdenrechtspaket ein "perfides Spiel" vor. Am Verhandlungstisch würden Maßnahmen beschlossen, "drinnen halten sie, und wenn sie draußen sind, sind sie gleich wieder dagegen", sagte Sobotka am Mittwoch beim Politischen Aschermittwoch der CSU in Passau.
Nach dem SPÖ-ÖVP-Beschluss im Ministerrat am Dienstag, haben etliche SPÖ-Vertreter, darunter der Wiener Bürgermeister Michael Häupl, die Verschärfungen im Fremdenrecht abgelehnt, zu der unter anderem die Streichung der Grundversorgung für abgewiesene Asylwerber gehört. Vor allem in der Wiener SPÖ gibt es offenbar heftigen Widerstand gegen die Maßnahmen.
"SPÖ muss wissen, auf welcher Seite sie steht"
"Die SPÖ muss wissen, auf welcher Seite sie steht. Der Rechtsstaat, dem man auf der Nase herumtrampelt, ist kein Rechtsstaat", sagte Sobotka in Passau vor österreichischen Journalisten. "Was würde eine Frau Frauenberger sagen, wenn jeden Tage einfach jemand in ihre Wohnung oder in ihren Garten kommt und sagt, da gefällt es mir, da bleibe ich. Würde sie den jeden Tag verköstigen", so Sobotka in Richtung der Wiener SPÖ-Stadträtin Sandra Frauenberger, die ebenfalls zu den Kritikern des Fremdenrechtspakets gehört.
Die Ausreise abgelehnter Asylwerber soll beschleunigt und erleichtert werden. So muss den Flüchtlingen nicht mehr der Termin ihrer Ausreise mitgeteilt werden. Zudem drohen höhere Strafen, wenn sie trotz der Möglichkeit zur Ausreise das Land nicht verlassen. 5000 bis 15.000 Euro werden dann fällig oder aber sechs Wochen Ersatzhaft. Überdies wird abgelehnten Asylwerbern die Grundversorgung gestrichen, wenn bei ihnen nicht besondere Rücksichtnahme erforderlich ist. Einzig eine medizinische Betreuung muss sichergestellt sein. (c) Die Presse (Clemens Fabry)
Geeignete und besonders geschulte Mitarbeiter der Betreuungsstellen sollen zur Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt ermächtigt werden können, wenn es darum geht, Unbefugte am Betreten der Räumlichkeiten zu hindern. (c) Die Presse (Clemens Fabry)
Bei der Schubhaft wird der Durchrechnungszeitraum, wonach das Mittel nur zehn Monate innerhalb von 1,5 Jahren verhängt werden kann, gestrichen. Das heißt, 18 Monate Schubhaft werden in extremen Fällen möglich sein. (c) Stanislav Jenis
In Hinkunft werden nicht nur Falschangaben vor der über den Aufenthaltstitel entscheidungsbefugten Behörde sondern auch wissentlich falsche Angaben im Rahmen der Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Einreise strafbar sein. (c) FABRY Clemens
Schneller soll künftig die Aberkennung eines Aufenthaltstitels bei Straftaten gehen. Das entsprechende Verfahren soll z.B. bei Anklageerhebung bei Vorsatztaten oder Verhängung von Untersuchungshaft gestartet werden, ohne noch zu wissen, ob es zu einer Verurteilung kommt. Liegt diese dann vor, sollen die zuständigen Behörden innerhalb von ein bis zwei Monaten entscheiden, ob der Asyltitel aberkannt wird. (c) FABRY Clemens
In Zukunft können auch Gemeindeverbände Asylwerber und Fremde zu gemeinnützigen Hilfstätigkeiten heranziehen können. Zudem wird der Innenminister nach Anhörung der Bundesländer ermächtigt, Asylwerbern auf freiwilliger Basis eine Beschäftigung bei Non-Profit-Organisationen zu ermöglichen. Was die Bezahlung angeht, legt diese der Innenminister unter Anhörung der Länder fest und soll sich dabei an der Vergütung für Zivildiener orientieren. (c) www.BilderBox.com (www.BilderBox.com)
Die Rot-Weiß-Rot Karte wird für Start-Up-Gründer geöffnet. Ebenso wie bei anderen Selbstständigen entscheidet das AMS über die Vergabe. Zudem wird die Gültigkeitsdauer von zwölf auf 24 Monate verlängert. Personen, die in Österreich ein Studium beendet haben, erhalten statt bisher sechs nun zwölf Monate Zeit, unter dem Rot-Weiß-Rot-Titel eine adäquate Beschäftigung zu finden. (c) APA/BARBARA GINDL (BARBARA GINDL)
Eine geplante Adaptierung soll sicherstellen, dass vom Integrationsfonds zertifizierte Kursträger auch tatsächlich Deutsch-Integrationskurse abhalten und den Status "ÖIF-zertifizierter Kursträger" nicht lediglich zu ihrem Wettbewerbsvorteil nutzen. (c) FABRY Clemens
Neu eingeführt wird ein Visum D "aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen". Zudem wird es leichter für multinationale Unternehmen aus Nicht-EU-Staaten Führungskräfte und Spezialisten bzw. Trainies nach Österreich zu entsenden, sofern hier eine Niederlassung desselben Unternehmens oder derselben Unternehmensgruppe existiert (c) REUTERS (YUYA SHINO)
Von Ausreise bis Visum: Das Fremdenrechtspaket im Detail
"Legale und reguläre Einwanderung ja, aber nicht irregulär", so der Innenminister. Sonst werde der "Rechtsstaat auf den Kopf gestellt". Es müsse eine klare Perspektive geben, wieder zurückkehren zu müssen, wenn die Gerichte dies entscheiden.
Seinen deutschen Parteikollegen empfahl Sobotka beim Politischen Aschermittwoch der CSU die Einführung einer Obergrenze für Flüchtlinge. "Die ist absolut notwendig." Politische Maßnahmen zur Eindämmung der Zuwanderung seien mit den Sozialdemokraten aber "nicht leicht durchzubringen", erklärte Sobotka. "Die Sozi winden sich und drehen sich", so die Erfahrung des ÖVP-Minister.
Der Innenminister präsentiert eine Strategie für die kommenden drei Jahre. Er fordert ein eigenes Sicherheitskabinett - und nutzt die Gelegenheit, um für sich und seine Pläne zu werben.
Um das Thema Sicherheit ist ein Mehrfrontenkampf in der Koalition ausgebrochen. SPÖ und ÖVP lizitieren einander nach oben. Innenminister Sobotka hat jetzt sogar eine Sicherheitsdoktrin vorgestellt. Klingt ziemlich militärisch für einen Polizei-Ressortchef.
Rechtskräftig abgelehnte Asylwerber müssen das Land verlassen, sonst drohen laut neuem Fremdenrechtspaket Strafen, der Entzug der Grundversorgung und die Anhaltung in Rückkehrzentren.