Die neue Ministerin will die Gehaltsschere schließen und die Arbeit von Sabine Oberhauser fortsetzen.
Wien. Ministerkandidaten haben in der Regel wenig Zeit, um sich zu entscheiden, ob sie das Angebot annehmen wollen. Pamela Rendi-Wagner musste nicht lange überlegen, als sie am Montag von Christian Kern gefragt wurde. Es habe eine Zeit gegeben, in der sie sich nicht vorstellen konnte, Ministerin zu werden, erzählte die 46-Jährige am Mittwoch bei ihrer Präsentation im Parlament. Aber die Rahmenbedingungen hätten sich grundlegend geändert.
Und so wurde Rendi-Wagner, bisher Sektionschefin im Gesundheitsministerium, Mittwochfrüh zunächst einstimmig von den SPÖ-Gremien nominiert und um 14 Uhr bereits als neue Gesundheits- und Frauenministerin angelobt. Sie bringe die besten Voraussetzungen für beide Ressorts mit, sagte Bundespräsident Alexander Van der Bellen. Aber was sind ihre Pläne?
Zunächst war die Ministerin bemüht, die skeptischen SPÖ-Frauen für sich zu gewinnen. Eine Ehre sei es, am Frauentag als Frauenministerin angelobt zu werden. Als Mutter einer elf- und einer siebenjährigen Tochter, die täglich den Spagat zwischen Beruf und Familie schaffen müsse, wisse sie natürlich, dass noch viel zu tun sei, um Gleichberechtigung zu erreichen. Es sei „inakzeptabel, dass Frauen für die gleiche Arbeit noch immer um 20 Prozent weniger verdienen als Männer“.
Rendi-Wagner tritt für einen Mindestlohn von 1500 Euro ein, da auch viele Frauen von Armut betroffen sind. Sie will flächendeckend Kinderbetreuungsangebote und Ganztagsschulen, außerdem ein zweites, verpflichtendes Gratiskindergartenjahr. Diese Dinge müssten in der verbleibenden Regierungszeit auf den Boden gebracht werden.
In der Gesundheitspolitik wird Rendi-Wagner dort weitermachen, wo Sabine Oberhauser aufgehört hat – und den Fokus auf der Prävention belassen. Die Politik müsse dafür sorgen, dass die Menschen nicht nur länger leben, sondern länger gesund leben. Im Streit um die neue Primärversorgung setzt Rendi-Wagner, selbst Medizinerin, auf ihre Kontakte in die Ärztekammer. Dass der Wahlkampf, in der sich die Kammer gerade befindet, ein Hindernis sein könnte, glaubt sie nicht: „Alle sollen Gewinner der Weiterentwicklung sein.“ Die ÖVP nahm die neue Kollegin freundlichauf. Die Vorzeichen seien positiv, so Vizekanzler Reinhold Mitterlehner. (pri)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.03.2017)