Prinz Charles und Camilla verbrachten ihren zweiten Tag in Wien mit einer Vielzahl freundlicher Handshakes – und bekamen im Musikverein von den Philharmonikern ausgerechnet Beethovens Neunte Symphonie zu hören.
Wien. Es entbehrte nicht einer gewissen Ironie: Es ist ausgerechnet Beethovens Neunte Symphonie, die Christian Thielemann am Donnerstagvormittag mit den Wiener Philharmonikern für die Salzburger Osterfestspiele probt. Leger, in Jeans, Sweatshirts, Thielemann im kurzärmeligen Hemd: Business as usual, die Musiker lassen sich vom angekündigten Besuch nicht aus der Ruhe bringen. Erst als sie eine kurze Pause machen, dürfen die per Bus von der Präsidentschaftskanzlei herangekarrten Journalisten in die Logen. Thielemann scherzt, die Musiker lachen.
Dann geht die Tür auf, eine Gruppe kommt herein, setzt sich in eine Reihe in der Mitte: Musikvereinschef Thomas Angyan, neben ihm der Prince of Wales, dann die Duchess of Cornwall, die Philharmoniker beginnen das nächste Stück. Charles lauscht konzentriert, spielt dabei selbstvergessen mit den Fingern, Camilla, heute in Hellblau, hält ihre Handtasche fest. Und wohl alle sind froh, dass nicht jener Teil geprobt wird, der Grundlage der Europahymne ist.
Treffen mit Überlebenden
Es war der zweite Termin des Tages für den royalen Besuch aus London. Zuvor hatten die beiden ihr Programm untouristisch – und ohne Medien – begonnen: mit einer Visite im Jüdischen Museum und einem Treffen mit Holocaust-Überlebenden. Gerda Frey, Hans Menasse, Arik Brauer und Franziska Demmer waren dabei, aber auch Harry Bibring und Freddie Knoller, die in England eine neue Heimat gefunden haben. Direktorin Danielle Spera hatte die hohen Gäste kurz nach zehn Uhr willkommen geheißen, ihnen bei einem Rundgang Objekte mit Bezug zur britischen Geschichte gezeigt. Neben einem Treffen mit Sponsoren schauten Charles und Camilla in einem Workshop zur Vermittlung jüdischer Geschichte für junge Flüchtlinge vorbei: auf „besonderen Wunsch der Königlichen Hoheiten“.
Der britische Thronfolger Prinz Charles und seine Ehefrau Camilla sind am Mittwochnachmittag in Österreich angekommen, der letzten Etappe ihrer einwöchigen Europa-Tour. APA/BKA (HANS HOFER)
Staatssekretärin Muna Duzdar empfing die beiden bei Sonnenschein kurz nach halb vier am Flughafen Wien-Schwechat. APA/BKA (HANS HOFER)
Währenddessen wurden in der Wiener Innenstadt rund um die Hofburg die Sicherheitsvorkehrungen verschärft. APA (HERBERT PFARRHOFER)
Anlässlich des Termins versammelten sich am Michaelerplatz auch einige royale Fans. APA (HERBERT PFARRHOFER)
Im Maria-Theresien-Zimmer drängten sich derweil die Kamerateams (auch um "Die Presse"-Redakteurin Teresa Schaur-Wünsch). Die Presse
So eng kann ein royaler Zeitplan nicht sein, dass sich kein Afternoon Tea ausgeht. Den ersten (geheimen) Stopp machten Prinz und Herzogin im Cafe Demel. APA
Charles und der britische Botschafter in Wien, Leigh Turner, bekamen Einblick in die Backstube. APA
Do&Co-Chef Attila Dogudan nahm an der "Apple strudel"-Schau teil. APA
Ein eher ungewohntes Gesicht am Kohlmarkt. APA
Ein Gruppenfoto läutete dann gegen 17 Uhr ein Treffen mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen und seiner Frau Doris Schmidauer ein. APA
Die Unterredung zwischen dem Prinzen und dem Bundespräsidenten dauerte länger als geplant und wurde als "überdurchschnittlich lang" beschrieben. (c) APA/BUNDESHEER/PETER LECHNER (PETER LECHNER)
Die Gespräche sollten sich um bilateralen Beziehungen, die gemeinsamen Herausforderungen und den Bereich Nachhaltigkeit drehen. Im Anschluss folgte eine Unterredung des Thronfolgers mit Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ). Reuters
Am Mittwochabend war dann in der Geheimen Ratsstube der Hofburg ein Staatsbankett mit rund 100 Gästen geplant. Herzogin Camilla, Prinz Charles, Bundespräsident Van der Bellen und dessen Ehefrau Doris Schmidauer posierten für ein Foto vor dem Dinner. (c) APA/BUNDESHEER/PETER LECHNER (PETER LECHNER)
Gast des Staatsbanketts war etwa auch die britische Modeschöpferin Vivienne Westwood. Auch Bio-Lebensmittelpionier Werner Lampert war zugegen, genauso wie "Paradeiserkönig" Erich Stekovics. Er nahm Samen von ausgefallenen Tomatensorten als Gastgeschenk für den als Biobauer aktiven britischen Thronfolger mit. (c) APA/BUNDESHEER/PETER LECHNER (PETER LECHNER)
Der Donnerstag begann für das Thronfolgerpaar mit einer Hörprobe im Musikverein. (c) REUTERS (LEONHARD FOEGER)
Die Wiener Philharmoniker probten dort im weltberühmten Goldenen Saal unter der Leitung von Christian Thielemann vor dem ausgewählten Publikum. (c) REUTERS (LEONHARD FOEGER)
Anschließend besuchten Prinz Charles und Herzogin Camilla das Jüdische Museum. Ouriel Morgensztern
Dort sprach der Prinz mit Überlebenden des Holocaust und traf Flüchtlinge zum Gespräch. (c) APA/HANS KLAUS TECHT (HANS KLAUS TECHT)
Beim Zuprosten beim Bio-Heurigen sah der britische Thronfolger sehr glücklich aus: Der Mittagstermin beim Wiener Weinbau Obermann war offenbar nicht nur von der Presse freudig erwartet worden. (c) REUTERS (HEINZ-PETER BADER)
Beim Heurigen gab es für Charles und Camilla auch Käsestangerl als Stärkung: Beim Genuss des Gebäcks waren die royalen Gesichtsausdrücke allerdings weniger eindeutig. (c) REUTERS (HEINZ-PETER BADER)
Für den Nachmittag stand für Camilla die Spanische Hofreitschule auf dem Programm. Begleitet wurde sie dabei nicht von ihrem Ehemann Prinz Charles, der währenddessen an einer Diskussionsveranstaltung der OSZE teilnahm, sondern von Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter und der Generaldirektorin der Hofreitschule, Elisabeth Gürtler. APA
Gürtler empfing die Herzogin in der Sommerreitschule, wo Camilla geduldig für Fotos mit zwei Lipizzanern und deren Bereitern posierte, die Pferde streichelte und mit Zuckerwürfeln fütterte. "Das ist natürlich eine große Ehre, ich bin schon sehr aufgeregt", verriet Hannah Zeitlhofer, die erste weibliche Bereiterin der Hofreitschule, vor dem Eintreffen des hohen Besuchs den Journalisten. Sie ritt den Hengst Siglavy Batosta, ebenso zu sehen war ein seltener "brauner Glücksbringer" - nur einer von Hundert Lipizzanern bleibt dunkel. REUTERS
Im Anschluss boten die Bereiter und Pferde der Hofreitschule Camilla in der Winterreitschule eine Vorführung. Gezeigt wurde "ein gemischtes Programm von allen Gängen und Touren", erklärte Zeitlhofer. REUTERS
Charles und Camilla reisten zuvor aus Rom zu ihrem zweitägigen Österreich-Besuch an. In der italienischen Hauptstadt standen am Mittwochvormittag noch Treffen mit Präsident Sergio Mattarella und Ministerpräsident Paolo Gentiloni (im Bild) auf dem Programm. Der britische Thronfolger stattete zudem dem Hauptquartier der Welternährungsorganisation (FAO) einen Besuch ab. imago/Insidefoto
Tags zuvor war das Paar von Papst Franziskus im Vatikan empfangen worden. Das Oberhaupt der Katholiken empfing das royale Paar zu einer etwa 30 Minuten langen Privataudienz. Der britische Thronfolger überreichte dem 80-jährigen Argentinier einen großen Präsentkorb mit Produkten seines Landsitzes in Highgrove. imago/ZUMA Press
"Es ist schwierig, einem Papst ein Geschenk zu machen", sagte Charles laut Radio Vatikan. "Vielleicht können Sie oder jemand anderes das gebrauchen. Es sind alles Dinge, die wir selbst hergestellt haben." Und Camilla: "Es ist alles sehr gut." Der Papst und der "grüne Prinz" Charles teilen ihr Engagement für den Umweltschutz. Reuters
Rückblende: Der Prinz von Wales und die Herzogin von Cornwall waren schon einmal gemeinsam im Vatikan: 2009 trafen sie Benedikt XVI. Reuters
Charles war auch schon 1985 bei Johannes Paul II. - allerdings noch mit seiner damaligen Frau Prinzessin Diana. Camilla kam dieses Mal ganz in Cremefarben - bei ihrem Besuch bei Benedikt war sie in Schwarz gehüllt. Reuters
Im Rahmen seiner Reise hat der britische Prinz Charles auch die durch ein Erdbeben zerstörte Stadt Amatrice in Mittelitalien besucht. Der 68-Jährige traf Überlebende der Katastrophe vom vergangenen August und drückte ihnen und den Rettungskräften seine Bewunderung aus. Reuters
Mit einem Schutzhelm auf dem Kopf besichtigte der britische Kronprinz die eigentlich gesperrte "rote Zone", das Zentrum der Zerstörungen. "Es ist eine erschreckende Szene der Zerstörung", sagte Charles, als er an den Trümmern der Kirche Sant'Agostino vorbeikam. Reuters
"Ich wünschte, ich könnte mehr für Sie tun, Ihre Belastbarkeit ist bewundernswert", sagte Charles im Gespräch mit einem Einwohner. Reuters
Für manch einen war aber schon der Besuch aus Großbritannien ein kleiner Trost: "Es war eine wunderbare Geste der menschlichen Wärme, ich war den Tränen nahe", sagte der 75-jährige Carmine Monteforte, der geduldig gewartet hatte, um den Prinzen zu sehen. "Sein Besuch hat ganz bestimmt die Moral der Leute hier gestärkt." Reuters
Bei dem Besuch durfte eine Kostprobe der traditionellen Spaghetti all'amatriciana nicht fehlen. Reuters
Zuvor gab es einen kleinen Espresso in der Altstadt von Florenz. Reuters
Berühmt in der größten Stadt der Toskana ist auch das Teatro del Sale: eine kulinarische Fusion von Theater, Restaurant und Delikatessenladen. Reuters
Charles bei der Kranzniederlegung am Friedhof von Montecchio Precalcino in der Nähe von Vicenza. Reuters
Charles' und Camillas Reise begann vergangenen Mittwoch in Rumänien unter anderem mit einem Besuch in dem Hospiz Casa Sperantei. Reuters
Charles im Muzeul Satului (Dorfmuseum) in Bukarest. Das 1936 gegründete Freilichtmuseum zeigt das bäuerliche Leben Rumäniens auf einer Fläche von über 100.000 Quadratmeter. Reuters
Prinz Charles besucht Wien
Freilich, nicht alle waren restlos begeistert von deren Besuch. Die Royals sollten für die Kosten für ihre Reisen selbst aufkommen, meinte angesichts des Polizeiaufgebots ein Mann, der zufällig mit seiner Familie vor dem Musikverein vorbeigekommen war. Aber wenn man Fragen zum Buckingham-Palast habe, sei man bei ihm richtig, er sei schon einmal drin gewesen: 1978, als zehnjähriger Sängerknabe auf Tournee, die Queen habe ihm die Hand geschüttelt. „Das Traurige war, wir haben so wenig zu essen bekommen, dass wir nachher zu McDonald's gegangen sind.“
In Wien dürften Charles und Camilla hoffentlich satt geworden sein, beim Bankett von Do & Co am Mittwoch gab es Tafelspitz mit Schnittlauchsauce und Apfelkren und einen Marillenstrudel für die Gäste (darunter das britisch-österreichische Modeehepaar Vivienne Westwood und Andreas Kronthaler), dazu biodynamische Demeter-Weine von Österreichs ältestem Weingut, dem Nikolaihof Wachau. Donnerstagmittag nach dem Musikverein (wo sie auch noch Beethovens Ohrtrompete besichtigt hatten, die der Komponist als Hörhilfe benutzte) ging es für die Briten im schwarzen Audi A8 mit britischen Flaggen und Union Jack statt Nummerntafel dann zum Bioheurigen Obermann in Grinzing.
Dass Charles und Camilla zu „Schmankerl-Botschaftern“ werden könnten, war ja die Hoffnung der heimischen Wirtschaft. Clarence House, die offizielle Residenz des Thronfolgers, leistete immerhin gleich einmal ein wenig Vorarbeit. „In Austria, a ,Buschenschank‘ is a small wine tavern attached to a local vineyard, usually also offering local food“, erklärte sie gestern Mittag auf ihrem Twitter-Account das Konzept, während Charles und Camilla in der Cobenzlgasse bei Weißwein und Jause zugriffen. Danach trennten sich die Wege der beiden, Charles besuchte noch die OSZE und den Integrationsfonds, Camilla wurde von Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter in die Spanische Hofreitschule begleitet, wo sie Lipizzanern die Nase streichelte und eine Vorführung bekam. Rupprechter stellte eine mögliche baldige Rückkehr des Prinzen in Aussicht: Er könnte nächstes Jahr die Präsidentschaft der Biobauernkonferenz übernehmen. Der Besuch endete mit einem Abstecher von Charles und Camilla zu einem Empfang in der britischen Botschaft.
Im Musikverein hatte man unterdessen mit den Proben für den Ostermontag weitergemacht. „Nicht so trocken“, kommentierte Thielemann eine Passage seiner Musiker: „Schöner, schöner!“
Seit Jahrzehnten übt sich Prinz Charles, der ab heute Wien besucht, in den Aufgaben des Thronfolgers. Seit seinem letzten Wien-Besuch, 1986, hat sich dennoch einiges geändert.
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