Ivanka Trumps „High-Heel-Feminismus“

Ivanka Trump verlässt mit Ehemann Jared Kushner und den drei Kindern die Air Force One.
Ivanka Trump verlässt mit Ehemann Jared Kushner und den drei Kindern die Air Force One.(c) APA/AFP/NICHOLAS KAMM (NICHOLAS KAMM)
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„Women Who Work“ heißt der erste Ratgeber von Ivanka Trump. Das Buch der Präsidententochter über die Vereinbarkeit von Beruf und Familie kommt nicht besonders gut an.

Das Buch ist erst seit fünf Tagen erhältlich und hat doch schon für viel Wirbel gesorgt. Geschrieben hat es Ivanka Trump, die 35-jährige Tochter und offizielle Beraterin von US-Präsident Donald Trump. Dreifache Mutter und verheiratet mit Jared Kushner, der ebenfalls eine Schlüsselfigur in Trumps Stab ist. Das Ehepaar soll gemeinsam Geschäftsanteile im Wert von 740 Millionen Euro besitzen. In „Women Who Work“, dem ersten Ratgeber, den sie ziemlich genau 100 Tage nach der Amtseinführung ihres Vaters veröffentlicht hat, schreibt Ivanka Trump über die Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Freizeit, als wäre das so spielend leicht wie ein Golfwochenende inklusive Dinnerparty, wenn auch mit zu wenig Schlaf, weil einen die Kinder am nächsten Morgen um 6 Uhr Früh geweckt haben. Es ist genau diese Attitüde, die Kritiker und vollzeitberufstätige Leserinnen, die jeden Tag pendeln müssen, Alleinerzieherinnen oder Mindestlohnbezieherinnen so erzürnt.

Denn Trump gibt in Kapiteln, die Überschriften tragen wie „Stay Open“, „Dream Big“ zwar Einblicke in ihr Leben als Geschäftsfrau, Mutter und Unterstützerin ihres Vaters, geht dabei aber nur selten auf ihre privilegierte Lebenssituation ein, erwähnt Alltagshelferinnen wie Tagesmutter oder Putzfrau kaum. Der Großteil junger, moderner Frauen würde vermutlich einen Lachkrampf bei jener Stelle bekommen, an der Trump schreibt, dass sie sich während der hektischsten Zeiten des Wahlkampfs ihres Vaters „keine Massage gegönnt“ oder nicht viel Zeit für ihr Äußeres aufgewendet habe. Die „New York Times“ nennt das Buch „witzlos zweitrangig“, das vorwiegend „die Weisheiten anderer anerkannter Selbsthilfe- und Berufsratgeber“ wiedergebe. Das Wirtschaftsmagazin „Business Insider“ kommt zu einem ähnlichen Schluss. Das Buch wirke wie „eine Collage vieler Essays und Artikel für weibliche Unternehmerinnen, die im vergangenen Jahrzehnt geschrieben wurden“.

Perfekt inszeniert

Dabei zeigt sie, wie schon in vielen Interviews ersichtlich wurde, erstaunliche Parallelen zu ihrem Vater. Auch sie schmückt sich mit Ideen und Ratschlägen anderer. Auch sie offenbart Details aus ihrem Privatleben, die banal und nichtssagend klingen, und doch sehr entlarvend sind. So erfährt man, dass ihr Vater am liebsten die Trash-Show „Real Housewives“ sieht, sie selbst To-do-Listen in Moleskine-Heft schreibt, gern joggt und gartelt und Pfingstrosen liebt.

Ivanka Trumps Instagram-Profil (3,5 Millionen Follower) ist gewissermaßen die Fotolife-, nicht -lovestory zu ihrem Buch. Hier sieht man die stets perfekt gekleidete Mittdreißigerin, die einmal, ganz businesslike, auf dem Beifahrersitz einer Limousine sitzt, das iPhone am linken Ohr, den Laptop auf der Schoß. Sich ein anderes Mal neben ihre ältesten Tochter Arabella (6) im Bademantel an den Kindertisch zum Frühstück zwängt, mit ihrem jüngsten Sohn James (1) Türme aus Bauklötzen baut oder mit allen drei Kindern vor einem Elefanten im Zoo posiert. Ihre High Heels behält sie fast immer an. Dazwischen postet sie Fotos von ihren Treffen mit Spitzenpolitikern wie Deutschlands Kanzlerin, Angela Merkel.

Feminismusdebatte

Doch nicht alle gehen so hart mit der Präsidententochter-Autorin ins Gericht. Ihre Ratschläge seien „ehrlich“, schreibt etwa die Nachrichtenagentur Associated Press. Und ein Blick auf die Rezensionen von Lesern auf der Einkaufsplattform Amazon zeigt, dass es bei Ivanka Trump nur Schwarz und Weiß gibt. Entweder die Leser lieben das Buch oder sie hassen es. 39 Prozent geben dem Buch fünf von fünf Sternen, kaum jemand zwei, drei oder vier Sterne, aber 58 Prozent vergeben null Sterne, das schlechteste Ergebnis.

Apropos Angela Merkel. An der Seite der Kanzlerin saß Trump Ende April in der Kunsthalle der Deutschen Bank in Berlin auf einem Podium, bei dem über Frauenrechte diskutiert wurde. Es war eine ziemlich illustre Runde, die da im Rahmen des W20-Frauengipfels zusammenfand. Auch die Chefin des Internationalen Währungsfonds, Christine Lagarde, war da, und die niederländische Königin Máxima. Angela Merkel sorgte für einen kleinen Schreckmoment, weil sie bei der Frage, ob sie eine Feministin sei, zuerst lang zögerte (obwohl das Publikum sofort zustimmend johlte, ihre Sitznachbarin Christine Lagarde sie bestärkend beklatschte) und dann eine sehr komplizierte Antwort gab: In der Geschichte des Feminismus habe sie Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede entdeckt. „Ich möchte mich nicht mit einem Titel schmücken, den ich gar nicht habe. Wenn Sie finden, dass ich eine bin, stimmen Sie ab, okay. Aber ich möchte mich nicht mit der Feder schmücken.“ Ivanka Trump hingegen zeigte bei der Frage ohne zu zögern auf. Ja, sie sei eine Feministin. Vor dem Konferenzgebäude hielten da noch immer ein paar Ivanka-Gegner die Stellung und riefen: „Your feminism is fake, you only care how much you make.“ Vorgeworfen wird Trump nämlich auch, dass sie die Ware für ihre Modemarke „Ivanka Trump“ in China produzieren lässt, wo Akkordarbeiter miserabel bezahlt werden.

Einer Frau wie Ivanka Trump nimmt man weder den Feminismus ab noch dass sie die meisten Erfolge ihres Lebens ganz allein errungen hat. Dabei könnte man auch froh sein, dass gerade sie, die Tochter des „Grab her by the Pussy“-Präsidenten, der Frauen offensichtlich nur als Aufputz sieht, sich als Feministin bezeichnet. Als eine, die Frauen und Männer als gleichberechtigt sieht. Die Frauen genauso viel zutraut wie Männern. Wobei man sich doch fragen darf, wie sie diverse Aussagen ihres Vaters akzeptieren kann. Ist das wirklich nur familiäre Loyalität?

Im Vorwort ihres Buches gibt sie jedenfalls eine Antwort darauf, warum sie (oder ihr Ghostwriter) über die Arbeit als Frau geschrieben hat: „Weil wir Frauen zwar schon viele Fortschritte gemacht haben, aber dennoch einen weiten Weg zu gehen haben. Ich möchte Lösungen anbieten, die Frauen ermutigen und ermächtigen, ihr Bestes zu geben. Ich will, dass die Generation meiner Tochter anders über Arbeit denkt. Wie Sie bin ich eine Frau, die arbeitet – auf allen Ebenen meines Lebens.“ Es klingt kitschig wie ein Märchen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.05.2017)

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