Fast fix: Wien verliert Welterbe

Visualisierung des neuen Heumarktareals.
Visualisierung des neuen Heumarktareals.(c) Nightnurse
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Die Unesco hat Wien am Donnerstag vor allem wegen des umstrittenen Baus eines Hochhauses am Heumarkt auf die Rote Liste gesetzt. Die Aberkennung droht 2018.

Wien. Es ist passiert: Die Unesco hat das historische Zentrum Wiens auf die sogenannte Rote Liste der gefährdeten Kulturgüter gesetzt. Der schon vor Monaten angekündigte Schritt wurde offiziell am Donnerstag bei der Tagung des Welterbekomitees im polnischen Krakau gesetzt. Die Unesco stößt sich am geplanten Hochhausbau am Heumarktareal. Die Aberkennung des Prädikats Weltkulturerbe droht nun 2018.

Neben dem Hotel Intercontinental – das ebenfalls neu gebaut wird – soll ein 66 Meter hoher Wohnturm errichtet werden. Vor allem dieser sorgt für Unmut bei den Welterbeschützern. Außerdem, so befand die Unesco, sind die Wiener Stadtplanungsinstrumente zum Schutz des Welterbegebiets unzureichend. „Die nun erfolgte Eintragung auf die Rote Liste schadet dem Kulturland Österreich und ist blamabel für die Stadt Wien und Österreich. Sie zeigt die fehlende Wertschätzung für das selbst ausgewählte Welterbegebiet und auch das Unverständnis für die Bedeutung des Welterbes“, sagt Gabriele Eschig, Generalsekretärin der österreichischen Unesco-Kommission.

Reduktion des Turms auf 43 Meter

Theoretisch kann der endgültige Verlust des 2001 verliehenen Prädikats noch abgewendet werden. Österreich – der offizielle Vertragspartner der Unesco – hat bis 1. Februar 2018 Zeit, dem Welterbekomitee ein Update über den Erhaltungszustand der Welterbestätte zu übermitteln. Sollte an den Plänen jedoch unverändert festgehalten werden, droht als nächster Schritt die Aberkennung des Welterbestatus. Die Unesco verlangt unter anderem die Reduktion des Turms auf höchstens 43 Meter.

„Die Unesco möchte kein Welterbegebiet verlieren, weshalb sie so lang an die Staaten appelliert und ihnen die Richtung weist“, betont Eschig. Eine Bewegung der Stadt Wien in die richtige Richtung erscheine ihr allerdings mittlerweile „sehr unwahrscheinlich“.

Im Rathaus setzt man nun auf Dialog: Die Wiener Vizebürgermeisterin und Planungsstadträtin, Maria Vassilakou (Grüne), bedauerte am Donnerstag die Entscheidung der Unesco. Sie wolle sich bemühen, dass die Maßnahme rückgängig gemacht wird. So werde man etwa klar kommunizieren, dass keine neuen Hochhäuser in der Innenstadt geplant seien und man die historische Altstadt sehr wohl schütze.

Rücktrittsaufforderungen an Vassilakou

Scharfe Kritik kommt von allen Oppositionsparteien. ÖVP und FPÖ fordern den Rücktritt Vassilakous. Kritische Worte kamen auch von grüner Seite. Wolfgang Zinggl, grüner Kultursprecher im Nationalrat und parteiinterner Kritiker des Heumarktprojekts, stellte in einer Stellungnahme gar die Vermutung an, dass sich die Stadtregierung bewusst vom Weltkulturerbe verabschiede, um im Sinn von Investoren hinderliche Auflagen der Unesco loszuwerden.

Die Planungssprecher der SPÖ und Grünen, Gerhard Kubik und Christoph Chorherr, zeigten sich in einer gemeinsamen Aussendung ebenfalls wenig erfreut. Gleichzeitig stellte man klar, dass Wien immer Weltkulturerbe bleiben werde: „Dafür werden wir Sorge tragen.“

Zu Wort meldete sich auch Franz Sattlecker, scheidender Chef der Schloß Schönbrunn Kultur- und Betriebsgesellschaft (SKB). Er äußert Bedenken, dass eventuell auch das zweite Wiener Welterbeprädikat – also jenes für das Schlossensemble – infrage gestellt werden könnte.

Konkret verwies Sattlecker auf die Comet-Gründe in Meidling, die bebaut werden sollen: „Wenn sich jetzt seitens der Stadt die Meinung durchsetzt, dass Investorengewinne wichtiger sind als die Erhaltung herausragender Beispiele für historische Architektur, dann bekommen wir eventuell ein Problem.“ (APA/red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.07.2017)

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