Die schwingenden Schuldigen

Welche Stoffe wirken als Treibhausgase? Wieso? Und woher kommen sie?

Sehen wir es einmal positiv: Auf der Erde hätte es durchschnittlich nur minus 18 Grad Celsius, wenn es keine Atmosphäre – und damit keinen Treibhauseffekt – gäbe. Wir haben aber eine, und damit im Durchschnitt angenehme plus 14 Grad. Dabei sind die Hauptbestandteile der Atmosphäre – Stickstoff (N2), Sauerstoff (O2) – keine Treibhausgase, weil sie nicht können, was ein Treibhausgas können muss: Infrarotstrahlung von der Sonne absorbieren. Dazu fehlen ihnen die richtigen Schwingungen, was daran liegt, dass sie aus zwei gleichen Atomen bestehen. Auch die Edelgase (v.a. Argon) sind unschuldig am Treibhauseffekt: Sie bestehen aus einzelnen Atomen, Molekülschwingungen sind ihnen also naturgemäß unmöglich.

Welche Gase sind es also, die schwingen, absorbieren und daher im Kyoto-Protokoll stehen?

Kohlendioxid (CO2) stellt ca. 0,04 Prozent der Atmosphäre. Es entsteht durch vollständige Verbrennung von Kohlenstoff respektive organischen Verbindungen, etwa Erdöl oder Holz: So erzeugt das Abbrennen von Regenwäldern viel CO2. Eine definitiv nicht anthropogene Quelle: Vulkanausbrüche.

Methan (CH4) ist uns als Hauptbestandteil von Erdgas vertraut. Als Treibhausgas ist es (dank seiner IR-Schwingungen) 25-mal so wirksam wie CO2, es ist aber viel seltener, da es schnell verbrennt. Mikroorganismen produzieren es, u.a. in den Mägen von Rindern, deren natürliche Abgase einiges zum Treibhausklima beitragen. Viel CH4 kommt aus unter Wasser gesetzten Reisfeldern, einiges aus auftauenden Dauerfrostböden, deren organisches Material zersetzt wird.

Lachgas (N2O) ist als Treibhausgas 298-mal so potent wie CO2. Es entsteht vor allem, wenn Mikroorganismen im Boden Stickstoffverbindungen abbauen. So trägt die menschliche Landwirtschaft zu seiner Produktion bei, Düngung erhöht die NO2-Emissionen.

Fluorkohlenwasserstoffe (FKW) werden vom Menschen produziert und als Treib- und Kühlgase eingesetzt. Ihre Verwandten, die Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW), wurden erfolgreich zurückgedrängt.

Schwefelhexafluorid (SF6) ist das stärkste Treibhausgas: 22.800-mal so stark wie CO2. Es wird als Lösch-, Ätz- und Füllgas produziert.

Wasser (H2O) entsteht aus der Verbrennung von Wasserstoff resp. von organischen Verbindungen. Abgesehen davon ist es aber bekanntlich – in seinem flüssigen Zustand – auf der Erde reichlich präsent. Da Flüssigkeit und Gas im Gleichgewicht stehen, ist der Wasserdampf aus der Atmosphäre nicht wegzudenken. Darum gilt es nicht als anthropogen, fehlt also auch im Kyoto-Protokoll.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.12.2009)

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Ein großer Wurf dürfte auch diesmal ausbleiben. Grundsätzlich besteht Einigkeit, dass die Treibhausgasemissionen bis 2050 halbiert werden sollen. Aber der Teufel steckt im Detail.

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