Dass Teamchef Marcel Koller und der ÖFB nochmals zueinanderfinden, kann praktisch ausgeschlossen werden. Einen logischen Favoriten auf den Posten gibt es jedoch nicht.
Wien. In den kommenden Tagen werden Nägel mit Köpfen gemacht, wenn sich ÖFB-Präsident Leo Windtner und Marcel Koller zum Gedankenaustausch treffen. Mittwochnachmittag stand noch kein Termin fest, fakt ist aber: Es ist ein richtungsweisendes Gespräch, beide Parteien werden ihre Vorstellungen von der Zukunft darlegen. Eine Vertragsverlängerung Kollers scheint praktisch ausgeschlossen, da hilft es wohl auch nicht, dass sich das Team nach dem blamablen 1:1 gegen Georgien vor seinen Trainer gestellt hat.
Koller selbst hatte nach dem Spiel zwischen den Zeilen eine Tendenz erkennen lassen. Seine Worte klangen resümierend, so, als wäre nun der Zeitpunkt gekommen, um nach sechs Jahren leise Abschied zu nehmen. Der Schweizer blickte noch einmal zurück, er gestand Fehler ein, das war längst nicht immer so: „Wenn du erfolgreich bist, dir jeder auf die Schulter klopft und überall positiv über dich geschrieben wird, dann glaubst du, es geht so weiter – aber das ist ein Trugschluss.“ Nach der Qualifikation für die EM 2016 habe sich jeder Beteiligte, Spieler wie Teamchef, zu weit zurückgelehnt. „Wenn man oben an der Spitze ist, muss man noch mehr tun, um oben zu bleiben.“
Das Spiel gegen Georgien war wahrlich kein Bewerbungsschreiben für eine Fortsetzung der Zusammenarbeit, immer wieder in dieser WM-Qualifikation musste sich Koller erklären. Also haderte der 56-Jährige auch am Dienstagabend mit der Chancenverwertung und der fehlenden Kaltschnäuzigkeit vor dem gegnerischen Tor. „Ich kann die Tore nicht schießen“, erklärte Koller achselzuckend. Man kann von einer gewissen Ohnmacht des Teamchefs sprechen, dass er schwerwiegende grundlegende Probleme in ein paar Tagen mit dem Nationalteam nicht beheben kann. „Ich kann nicht mit jedem Stürmer an seinem Torinstinkt arbeiten“, stellte er nüchtern fest. Vereine und Spieler seien dahingehend gefordert. „Die Stürmer müssen dort vielleicht noch mehr machen, die Extraübung nach dem Training anhängen.“ Trotz all der negativen Ereignisse seit der Euro versicherte Koller, seinen Job immer noch mit vollem Elan und Begeisterung auszuüben. Er verspüre keine Müdigkeit, „es ist nicht so, dass ich leer oder ausgepumpt bin“. Koller bekräftigte, voller Tatendrang zu sein. „Ich liebe den Fußball, kann mich sieben Tage die Woche damit beschäftigen, und es wird mir nicht langweilig.“ Eine Aussage, die Kollers stille Sehnsucht nach einem zukünftigen Engagement auf Klubebene bekräftigte. „Aber ich habe aktuell keine Angebote.“
Herzog, Hütter – Weinzierl?
Wer auch immer die Nachfolge Kollers antritt, muss nicht bei null beginnen, aber dennoch entscheidende Korrekturen vornehmen. Der ÖFB ist gut beraten, ein ähnliches Anforderungsprofil wie vor sechs Jahren zu erstellen, als die Wahl letztlich auf Koller gefallen ist. Benötigt wird ein Trainer mit Erfahrung, aber kein Auslaufmodell. Ein Kommunikator, der im Misserfolgsfall laut werden kann: Auch das mag dem eher sanftmütigen Koller gegen Ende ein Stück weit zum Verhängnis geworden sein.
Im VIP-Klub des Happel-Stadions fielen zu später Stunde einige Namen, die Liste reichte von Andreas Herzog und Adi Hütter bis hin zu Ex-Salzburg-Coach Roger Schmidt, der in China das Vielfache dessen verdient, was der ÖFB zu zahlen imstande wäre. Einen logischen Favoriten auf den Posten gibt es nicht, eine seriöse Option aber könnte Markus Weinzierl, 42, sein. Der Deutsche war zuletzt bei Schalke 04 tätig.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.09.2017)