Versicherer und Pensionsfonds meiden Krypto-Währungen, spezialisierte Hedgefonds steigen dagegen in Handel mit Cybergeld ein.
Die milliardenschweren Fonds der großen Vermögensverwalter investieren in fast alles, von Autos bis Zucker. Bitcoin sind ihnen dagegen zu heiß, obwohl der Kurs der Cyber-Währung von einem Rekord zum nächsten rast. Namhafte Banker und Volkswirte warnen vor einem Platzen der Blase.
"Bitcoin hat das Zeug zu Blasen, Booms und Blechschäden", sagt Ken Dickson, Anlagechef beim Fondshaus Aberdeen Standard Investments. Solange der Markt nicht reguliert werde, spielten Krypto-Gelder in den Portfolien traditioneller Investoren wie Fondshäusern, Vermögensverwaltern, Versicherern und Pensionskassen keine Rolle.
Diese Lücke füllen immer mehr Hedgefonds. Laut dem auf Finanztechnologie spezialisierten Researchhaus Autonomous Next wurden 2017 bisher 84 Hedgefonds gegründet, die mit Krypto-Geld handeln. Mehr als die Hälfte davon entstand im September und Oktober. Damit gibt es mittlerweile 110 dieser Krypto-Fonds, die insgesamt 2,2 Mrd. Dollar (1,9 Mrd. Euro) verwalten. Der Geschäftsführer von Autonomous Next, Lex Sokolin, räumt aber ein, dass die meisten Hedgefonds zu klein seien, als dass Groß-Investoren dort Geld anlegen könnten.
Der Markt für Kryptowährungen wie Bitcoin und Co. ist 2017 explodiert. Die hunderten Alternativen kommen inzwischen auf über 100 Milliarden US-Dollar an Börsewert. Und - trotz aller Warnungen vor einer Blase - gibt es nur wenig Anzeichen, dass sich daran so bald etwas ändert wird. Denn auch wenn sich die digitalen Währungen nicht als Geldersatz durchsetzen, ideale Spekulationsobjekte sind sie allemal. Dumm nur, dass ein Bitcoin heute schon mehere tausend Euro kostet. Aber keine Sorge, Kryptowährungen gibt es es auch billiger. Ein Überblick über die mehr oder weniger ernsthaften Konkurrenten von König Bitcoin. Von Matthias Auer REUTERS
Am Anfang der Geschichte stehen die Bitcoins. Da per Design maximal 21 Millionen dieser virtuellen Münzen erzeugt werden können, sind viele Anleger überzeugt, dass Bitcoins langfristig stark an Wert zulegen werden. 2017 stieg der Wert eines Bitcoin zwischenzeitlich von 1000 auf knapp 5000 US-Dollar. Der aktuelle Börsewert liegt bei 72 Mrd. Dollar) Als Zahlungsmittel taugen Bitcoins kaum noch, da Transaktionen mittlerweile zu lange dauern. Um dieses Problem zu lösen, startete Anfang August "Bitcoin Cash". APA/dpa-Zentralbild/Jens Kalaene
Der stärkste Herausforderer ist Ethereum. Größter Vorteil gegenüber Bitcoin: Das Projekt von Vitalik Buterin (hier zum Interview) verspricht der Welt, viel mehr als nur eine neue Währung. Es verspricht eine Neuordnung des gesamten Wirtschaftssystems. Ethereum soll "smarte Verträge" möglich machen, was weite Teile der Wirtschaft komplett automatisieren könnte. Das Konzept überzeugt vor allem große Konzerne, die stark auf die Technologie von Ethereum setzen. Die Währung Ether bringt es mittlerweile auf einen Marktwert von 28 Mrd. Dollar. Die Presse/Fabry
Die Nummer drei am Markt, Ripple, will kein Konkurrent sondern eine Ergänzung zu den großen Digitalwährungen sein. Hinter dem Projekt stehen mehrere Großbanken. Auch der frühere deutsche Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg ist seit 2014 als Berater an Bord. Marktwert Anfang Oktober: 7,9 Milliarden US-Dollar. REUTERS
Schon länger am Markt ist Litecoin. Der 2011 gegründete Bitcoin-Konkurrent hat vor allem ein Ziel: eine besonders "leichte", sprich rasch handelbare Währung zu bleiben (Marktwert: 2,8 Mrd. Dollar). Der dahinterliegende Code soll so simpel wie möglich sein, damit auch Normalnutzer die virtuelle Währung wirklich für Transaktionen nutzen können. Wertsteigerung steht hier - zumindest offiziell - nicht im Vordergrund. imago/Anka Agency International
Die Währung Dash (kurz für Digital Cash) hat eine etwas düstere Vergangenheit hinter sich. Die längste Zeit war Dash als "Darkcoin" bekannt und wurde vor allem dazu verwendet, größere Summmen im Darknet, der digitalen Spielwiese Krimineller aller Art, zu transferieren. Höchstes Credo ist hier - wenig überraschend - die absolute Anonymität der Nutzer. Aktuell kommt Dash auf einen Börsewert von 2,3 Mrd. Dollar. imago/photothek
PotCoin (Marktwerkt: 15 Millionen Dollar) wurde erschaffen, um der boomenden Marihuana-Industrie in den USA eine eigene Währung zu bieten mit der sie einschlägige Produkte handeln kann. Kunden und Produzenten sollten so "über das Netz zusammenwachsen", so die Vision der Betreiber. dpa-Zentralbild/Patrick Pleul
Einen ganz ähnlichen Ansatz verfolgt SexCoin, die nach Eigenbeschreibung erste Kryptowährung, die speziell für Kunden der Pornoindustrie erfunden wurde. An der Börse sind die Porno-Münzen immerhin 1,2 Mio Dollar wert. APA/AFP/MARK RALSTON
Für die Macher von PutinCoin gab es laut Firmenwebsite einen einzigen Grund, die virtuelle Währung zu erfinden: Mit PutinCoin soll dem russischen Volk im Allgemeinen und seinem Präsidenten Wladimir Putin im Besonderen Tribut gezollt werden. Teuer ist das Must-Have für echte Russen-Freunde nicht. Eine Münze kostet derzeit rund 0,16 Cent. Aktueller Börsewert der Währung: 3,3 Mio Dollar. EPA
Wer sich keinem Regime auf der Erde so nahe steht, kann zu UFO Coin greifen - und wird enttäuscht werden. Der relativ junge Anbieter plant weder Kontakt zu Außerirdischen aufzunehmen noch Elon Musks Rennen zum Mars zu beschleunigen. Der neue Herausforderer (Börsewert knapp 300.000 Dollar) setzt schlichtweg auf eine bessere Verschlüsselungstechnologie - und auf einen Namen, der sich verkauft. AP
Warum sollen nur Erwachsene ihr Geld für Kryptowährungen ausgeben, wo doch so viele Kinder regelmäßig Taschengeld bekommen? Diese Frage stellte sich auch das Team rund um Piggycoin und schlüpfte rasch in die Marktnische. Piggycoin richtet sich an Kinder, Eltern und Lehrer und will eine Art digitales Sparschwein sein. An der Börse ist die "erste Kryptowährung für Kinder" inzwischen 270.000 Dollar wert. dpa/Peter Kneffel
Wer mittlerweile seinen Glauben an den Krypto-Boom verloren hat, ist vielleicht bei "Useless Ethereum Token" gut aufgehoben. Die Anbieter bewerben ihre Währung (Marktwert 42.000 Dollar) auf der Website nicht gerade offensiv: "Du wirst Unbekannten im Internet Geld geben und die werden sich damit irgendein Zeug kaufen. Vermutlich einen großen Flat-TV. Ehrlich, kauf das nicht!", schreiben sie. Die Anleger griffen trotzdem zu. Kurz nach dem Launch war "Useless Ethereum Token" bis zu 40 Dollar wert. Heute liegt der Preis bei 1,6 Cent. APA/EPA/MAURIZIO GAMBARINI
Die verrückteste Blase aller Zeiten
JP Morgan: "Betrug"
Auch die massiven Kursschwankungen machen viele Profi-Anleger nervös. "Bitcoin schwankte in den letzten sechs Monaten zehnmal stärker als der Dax und auch mehr als Devisenexoten wie der Ariary aus Madagaskar oder der Pula aus Botswana", sagt Chef-Anlagestratege Ulrich Stephan von der Deutschen Bank. Solange es solche hohen Volatilitäten gebe, werde jedes Risiko-Komitee eines Unternehmens dazu raten, die Finger davon zu lassen, fügt James Butterfill, Investmentchef beim Broker ETF Securities in London, hinzu. Der frühere IWF-Ökonom Kenneth Rogoff sagte vor kurzem einen massiven Kurseinbruch bei Bitcoin voraus. JP-Morgan-Chef Jamie Dimon schalt Bitcoin gar als "Betrug".
Die größten Investoren in Bitcoin & Co sind Experten zufolge derzeit vor allem Anlagegesellschaften von vermögenden Familien, schwerreiche Einzelpersonen und Risikokapitalgeber. Die Struktur der Krypto-Währungen macht es möglich, dass praktisch jeder Geld damit verdienen kann. Nötig sind nur Computer mit extrem hoher Rechenleistung, denn die Devisen werden von Nutzern weltweit über komplexe Algorithmen geschaffen. An bestimmten Börsen können sie in reales Geld getauscht werden. Im Gegensatz zu Dollar und Euro sind die Cyber-Währungen nicht reguliert, keine Zentralbank steht dafür ein, der Preis bestimmt sich allein durch Angebot und Nachfrage.
Kurs steuert auf 6000 Dollar zu
Bitcoin ist laut der Branchenplattform Coinmarketcap inzwischen 100 Mrd. Dollar wert, so viel wie der Münchener Versicherungsriese Allianz. Innerhalb weniger Tage legte der Kurs um mehr als 1.000 Dollar auf die Rekordmarke von 6000 Dollar zu.
Ein Grund für die Rally ist Experten zufolge die für Mittwoch geplante Aufspaltung der Währung - ein sogenannter "Hard Fork". Dabei erhalten Anleger - ähnlich wie bei der Abspaltung von "Bitcoin Cash" im Sommer - für jeden Bitcoin einen "Bitcoin Gold" geschenkt, wie Analyst Timo Emden vom Brokerhaus IG erklärt. "Es ist jedoch wahrscheinlich, dass Bitcoin Gold ähnlich wie Bitcoin Cash in der 'Altcoin-Tonne' landen wird und keine ausreichende Unterstützung erfährt." Getrieben werde der Bitcoin-Kurs auch von Spekulationen, dass die Schließung von Krypto-Börsen in China nur temporär sei und bald wieder aufgehoben werde. Derzeit boome der Handel vor allem in Japan, wo die Regierung Bitcoin im April zur legalen Währung erklärt hat.
Einige Marktbeobachter rechnen damit, dass es mit dem Zögern der institutionellen Anleger bald vorbei sein wird. "Sie haben bisher nur noch nicht das richtige Anlage-Produkt gefunden", sagt Cedric Jeanson vom Londoner Fondshaus BitSpread. Alistair Milne vom Devisenfonds Altana Digital zieht Vergleiche mit dem Aufkommen der ersten Hedgefonds in den frühen 1990er-Jahren. "Damals hat es auch mit den reichen Einzelinvestoren angefangen und ein paar Jahre später sind die institutionellen auf den Zug aufgesprungen."
Bei einer Diskussion der Plattform "Digital Business Trends" wurde über Blockchain, die Technologie hinter Bitcoin, diskutiert. Josef Zöchling von Wien Energie sieht den Bitcoin als "dumme Anwendung der Blockchain".
Der Kurs von Bitcoin hat sich in nur einem Jahr verzehnfacht. In der Vorwoche ist er stark gefallen. Während die einen vor einer Blase warnen, glauben andere, dass ein Bitcoin in zehn Jahren 50.000 Dollar kosten könnte.