Die Problemzonen des Dominic Thiem

Dominic Thiem verwöhnte die heimischen Fans in der Wiener Stadthalle auch 2017 nicht mit Siegen: Aus im Achtelfinale.
Dominic Thiem verwöhnte die heimischen Fans in der Wiener Stadthalle auch 2017 nicht mit Siegen: Aus im Achtelfinale.imago/Revierfoto
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Dominic Thiem kämpft nicht nur mit rätselhaften körperlichen Problemen. Er sucht 2017 verzweifelt seine Form auf schnelleren Belägen, auch die mentale Stärke ist abhandengekommen.

Wien. Auch 2017 konnte Dominic Thiem die hohen Erwartungen bei seinem Heimturnier in der Wiener Stadthalle nicht erfüllen. Das Erreichen des Achtelfinals genügt schon lange nicht mehr, um nach Siegen lechzende Fans und das eigene Ego zu befriedigen. Anspruch und Wirklichkeit klafften in Wien auch heuer weit auseinander, dabei waren die hohen Erwartungen an Thiem im Vorfeld mehr hochstilisiert denn auf einem sicheren Fundament gebaut.

Mit drei Auftaktniederlagen im Gepäck war der Niederösterreicher von der ungeliebten Asientournee heimgekehrt, der letzte Erfolg auf der Tour lag wochenlang zurück, er gelang am 2. September in der dritten Runde der US Open. Um das Selbstvertrauen des 24-Jährigen war es also gewiss schon einmal besser bestellt gewesen, den Fan aber interessieren Statistiken wenig, er möchte einzig und allein Siege sehen. Thiem wäre als Nummer sechs der Welt in Wien streng nach der Papierform einzig gegen den topgesetzten Alexander Zverev Außenseiter gewesen. Das letztlich der Weltranglisten-32., Richard Gasquet, zum Stolperstein wurde, mochten viele nicht verstehen.

Dabei wäre ein Blick auf Gasquets Abschneiden bei den jüngsten Turnieren durchaus aufschlussreich gewesen, der 31-Jährige hatte mit seinen Viertelfinalteilnahmen in Tokio und Shanghai stark ansteigende Form bewiesen, zudem das einzige bisherige Duell mit Thiem (Basel 2015) für sich entschieden. Österreichs Nummer eins war Frankreichs Nummer vier im dritten Satz hoffnungslos unterlegen – spielerisch, körperlich.

Erfolge, auf Sand gebaut

Nach dem Match lichteten sich einige Nebel, als der Bresnik-Schützling von „ein paar Sachen körperlicher Natur“ sprach, die ihn schon seit einiger Zeit „ein bisserl belasten“ würden. Ins Detail wollte Thiem nicht gehen, er kündigte nach dem Match aber an, beim nächstwöchigen ATP-1000-Event in Paris nicht anzutreten. Freitagnachmittag kam es dann zu einer überraschenden Wende. „Der Arzt hat gesagt, das ist überhaupt kein Problem“, erklärte Günter Bresnik.

Thiems sich dem Ende zuneigende Saison richtig einzuordnen fällt schwer. Ein Titel 2017 (Rio de Janeiro) stimmt gegenüber derer vier in der Vorsaison nachdenklich, letztendlich aber hat Thiem zum jetzigen Zeitpunkt mehr Punkte gesammelt als im Vergleichszeitraum 2016 und steht als Nummer sechs der Weltrangliste gut wie nie zuvor da.

Das Gros seiner Punkte holte der Lichtenwörther auf Sand, mit 24:5 liest sich seine Matchbilanz auf Asche vorzüglich. Thiem war nach Rafael Nadal der zweitbeste Spieler des Jahres auf Asche – und er fügte dem Spanier die einzige Niederlage auf dessen Lieblingsbelag hinzu. Auf den schnelleren Belägen Hartplatz und Rasen allerdings hat sich Thiems Ausbeute arg verschlechtert. Standen in der Vorsaison noch 35 Siege 17 Niederlagen gegenüber, so ist die Bilanz 2017 mit 23:19 nur knapp positiv. Ebenfalls eklatant ist Thiems abhandengekommene mentale Stärke im Entscheidungssatz.

2016 verließ er nach dem dritten bzw. fünften Satz in 22 von 25 Fällen den Platz als Sieger – eine überragende Quote. 2017 gewann er nur fünf Entscheidungssätze und verlor derer elf, auch gegen Gasquet. Den letzten Sieg im dritten Satz feierte Thiem gegen Sam Querrey, das war Mitte Mai. Die letzten sieben Entscheidungssätze gingen allesamt verloren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.10.2017)

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