Hunderttausende ausländische Kunden der insolventen Icesave-Bank hätten vom Staat entschädigt werden sollen. Doch Islands Präsident Grímsson will vor der Ratifizierung des Gesetzes die Bevölkerung abstimmen lassen.
Islands Präsident Olafur Ragnar Grímsson hat das Inkraftsetzen eines Gesetzes verweigert, das die Entschädigung von rund 320.000 ausländischen Kunden der Pleite gegangenen Icesave-Bank ermöglicht hätte. Er werde das Gesetz vorerst nicht ratifizieren, kündigte Grímsson am Dienstag an.
Volk entscheidet über Entschädigung
Islands Präsident will das Volk über die umstrittene Milliarden-Rückzahlung entscheiden lassen. Somit stimmen die 320.000 Isländer ab, ob ebenso viele Ausländer, vor allem Briten und Niederländer, Geld vom Staat bekommen.
In den vergangenen Tagen hatten 61.000 Einwohner ein Protestschreiben gegen die Auszahlungspläne unterzeichnet. Grimsson betonte, das sei "ein Viertel der Wählerschaft", und sprach sich deshalb für ein Referendum aus. Das Parlament hatte den Gesetzentwurf Ende Dezember mit einer knappen Mehrheit von 33 zu 30 Stimmen gebilligt.
Langer politischer Streit um Gesetz
Regierungschefin Johanna Sigurdardottir hatte für den Fall einer Niederlage bei der parlamentarischen Abstimmung mit dem Ende der Koalition gedroht. Das Gesetz ist in Island heftig umstritten, da die zu erstattende Summe mehr als 40 Prozent des jährlichen Bruttoinlandsprodukts von Island ausmacht.
Icesave als Symbol des Niedergangs
Für die isländischen Bürger wurde der Streit um die Rückzahlungsmodalitäten zu einem besonders bitteren Symbol für die alles andere als gerechte Verteilung der Krisenlasten: Die Isländer müssen die Folgen des Zusammenbruchs der Banken tragen. Verbitterte Menschen, viele von ihnen durch die Finanzkrise arbeitslos und hoffnungslos überschuldet, hatten gegen die kollektive Rückzahlung der Icesave-Schulden demonstriert.
Einigung nötig für EU-Beitritt
Eine Einigung zu Icesave gilt als wichtige Voraussetzung, um die Beitrittsgespräche Islands mit der Europäischen Union voranzutreiben. Ende Oktober gab der Internationale Währungsfonds (IWF) dringend benötigte Kredite für Island frei. Der Streit über die Rückzahlung der Milliardenschulden hatte die Auszahlung verzögert. Zusammen mit Kredithilfen der nordeuropäischen Länder sowie aus Polen betrug die freigegebene Summe knapp 850 Millionen Dollar (591 Mio. Euro). Insgesamt hat der IWF Islands Regierung 2,1 Milliarden Dollar zugesagt.
(Ag./Red)