Waltraud Klasnic, 72, half bereits der katholischen Kirche, jetzt stützt sie den ÖSV.
Was haben ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel und Kardinal Christoph Schönborn gemeinsam? Nicht viel, außer, dass sie auf Waltraud Klasnic vertrauen, wenn es eine wirklich schwierige Situation zu meistern gilt. Seit 2010 leitet die frühere steirische Landeshauptfrau (1996 – 2005) die unabhängige Opferschutzanwaltschaft. Diese widmet sich Opfern (sexueller) Gewalt in Einrichtungen der katholischen Kirche.
Jetzt, nachdem bereits in mehr als 1600 Fällen finanzielle und therapeutische Hilfe geleistet wurde, steht die 72-Jährige vor ihrer nächsten Herausforderung. Klasnic steht als vertrauliche Ansprechpartnerin für Sportler bereit, die von Betreuern oder Kollegen Gewalt erfahren mussten. Sieben Jahre nach Schönborn hat Schröcksnadel sie in einem Gespräch darum gebeten.
22 Millionen Euro Hilfeleistung
Unter Klasnics Leitung hat die unabhängige kirchliche Opferschutzkommission bereits Unterstützung in der Höhe von 22 Millionen Euro geleistet. Seit Jahren fordert sie mehr Engagement, auch von Bund, Ländern und Vereinen, was die Aufarbeitung von Fällen und die Prävention betrifft. Die „Geste der Verantwortung“ im Parlament, eine viel beachtete offizielle Veranstaltung der Staatsspitze für Missbrauchsopfer, geht auf ihre Initiative und die von Nationalratspräsidentin Doris Bures zurück.
Klasnic hat sich in ihrer aktiven politischen Zeit den Titel „Landesmutter“ redlich verdient. Auch in der nach ihr in medialer Verkürzung und Personalisierung benannten „Klasnic“-Kommission konnte sie nach anfänglicher Kritik ihre Unabhängigkeit von „der“ Kirche unter Beweis stellen. Kein einziges Mal habe Kardinal Schönborn auch nur versucht, zu intervenieren, sagt sie. Dass er damit ohnedies bei einer Frau wie Waltraud Klasnic keine Chance auf Erfolg gehabt hätte, muss auch einem machtbewussten Patriarchen wie Schröcksnadel klar sein.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.11.2017)